«Der Einzug von Falak war ein Glücksfall für beide Seiten»

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Spielend lernen und zusammen die Zukunft von Falak aufbauen, das wollen Verena Uhlmann und Heiner Scheuner mit Falak Naderi. Bild XXX

Wie lebt es sich eigentlich mit einem Asylsuchenden? Gut, sagen Heiner Scheurer und Verena Uhlmann.

VON GREGORY VON BALLMOOS

Die Kinder waren schon lange ausgezogen und es kamen so viele Flüchtlinge in die Schweiz wie schon lange nicht mehr, darum hat sich das Paar Verena Uhlmann und Heiner Scheurer entschieden, zu helfen. «Wir waren letzten Herbst, als die grosse Flüchtlingswelle gekommen ist, in Salzburg am Bahnhof. Als Touristen, denen es gut geht, unter vielen, die nichts haben», beschreibt Verena Uhlmann ihre Motivation. Zusammen mit Fabienne Erne vom Sozialamt Schaffhausen klärte sie ab, was möglich sei. Die Vorschriften des Sozialamtes für die Unterbringung von Asylbewerbern bei Privatpersonen sind klar. Notwendig ist ein geschlossenes Zimmer. Eine eigene Nasszelle ist erwünscht, aber nicht zwingend. Im Haus von Uhlmann und Scheurer waren alle Vorgaben erfüllt. Und auch die Vermieterin des Paares zeigte sich einverstanden mit dem Versuch. Also klärte das Sozialamt ab, ob es einen geeigneten Kandidaten gibt. «Wir wollten jemand, der Anschluss an die Familie sucht», sagt Uhlmann. Also eine junge Person, die in die Familie integriert werden kann.

Und dann kam Falak

Eine Person wie Naderi Falak Nawaz, Afghane, 23-jährig. Er zog im März ein. Sie hatte von Beginn weg ein gutes Gefühl bei Falak, sagt Uhlmann, so gut, dass sie bereits nach einem Monat mit ihrem Partner in die Ferien reiste und Falak das Haus überliess. Das gute Gefühl hat sich über die acht Monate hinweg bestätigt. «Er ist wie ein weiteres Kind», erklärt Uhlmann, Das Zusammenleben funktioniere sehr gut, sagen beide Seiten. Falak hilft im Haushalt mit, und am Abend kochen die drei, ausser am Donnerstag. Da kocht Falak alleine für die Familie. Am Abend wird oft gespielt. Die drei schätzen den kulturellen Austausch, man müsse nur offen sein, sagt Uhlmann. Diese Offenheit wünscht sich Scheurer von der ganzen Schweiz, denn viele reden über die Asylbewerber, und nur wenige mit ihnen. Auch die Weihnachtszeit ist neu für den 23-jährigen Moslem. Für die Adventszeit hat er einen Adventskalender erhalten und dass er mit zur Weihnachtsfeier der Familie Uhlmann fährt, ist keine Frage.

Im Kanton Schaffhausen sind momentan 20 Asylsuchende bei elf Gastfamilien untergebracht, zehn Personen warten noch auf eine geeignete Unterkunft. «Wir wählen nur Personen aus, die eine hohe Chance haben zu bleiben», sagt Erne. Die Vorteile der Unterbringung bei Privatpersonen liegen auf der Hand: Die Sprache wird viel schneller gelernt, da auch nach der Schule weiter Deutsch gesprochen wird. Die Integration fällt ebenfalls leichter, da man in ein bestehendes Beziehungsnetz eintreten kann. «Wir versuchen Falak die Begebenheiten in der Schweiz näher zu bringen», sagt Uhlmann. Durch die Beziehungen seiner Gasteltern kann er beim FC Neunkirch Fussball spielen. Die Solidarität ist auch dort gross: Der Verein übernimmt den Jahresbeitrag. «Mir gefällt es sehr in der Schweiz, aber wenn in Afghanistan Frieden ist, möchte ich zurück zu meiner Familie», sagt Falak in erstaunlich gutem Deutsch.

«Für uns ist das normal»

Die Frage, ob sie denn Gutmenschen seien, verneint Scheurer, «mir gefällt der Satz von Ute Bock», sagt er. Bock, eine österreichische Flüchtlingshelferin, sagte in einem Interview: «Mit dem Begriff Gutmensch kann ich nichts anfangen. Wenn jemand Hilfe braucht, ist es nicht gut zu helfen, sondern normal.» Nach diesem Credo leben auch Uhlmann und Scheurer. Den Einzug von Falak sehen alle drei als Glücksfall.

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