Ratschläge eines «Schwoben»: So verhalten Sie sich in Deutschland richtig

Ralph Denzel | 
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Die Deutschen sind eigentlich ein liebevolles Volk - haben aber auch ihre Macken. Bild: Pixabay

Nicht nur für Deutsche gibt es Reibungspunkte in der Schweiz: Auch Eidgenossen können in der Bundesrepublik ins eine oder andere Fettnäpfchen treten. Wir sagen, was Sie beachten müssen.

Ja, Schweizer und die Nachbarn sind sich nicht immer ganz grün. Wir von den Schaffhauser Nachrichten haben ja bereits versucht, zumindest ein paar Missstände zwischen den beiden Kulturen auszubügeln. Allerdings ist auch richtig: Nicht nur Deutsche besuchen die Schweiz, es soll durchaus auch den einen oder anderen Eidgenossen geben, der sich auch mal ennet der Grenze nach Deutschland verirrt.

Liebe Schweizer: Für genau Sie ist der nachfolgende Text. Glauben Sie uns (und speziell mir als Deutschem): Es gibt einige Fallstricke, die Sie beachten müssen, wollen Sie sich nicht gänzlich unbeliebt machen bei Ihren Nachbarn aus der Bundesrepublik.

Einkaufstourismus

Jeder Deutsche, der hinter einem Schweizer ansteht, der einen Ausfuhrschein will.

Wir Deutschen leben nach dem Prinzip «Zeit ist Geld, Geld haben wir nicht»: Allerdings müssen auch wir Deutschen einkaufen und haben in der Regel ungefähr zu den gleichen Uhrzeiten die Möglichkeit, dies zu erledigen wie unsere Schweizer Nachbarn. Der örtliche Supermarkt bietet dabei einen perfekten Ort für mögliche Konflikte: Unser Ratschlag daher: Gehen Sie möglichst vorbereitet dort hin und, sobald Sie an der Kasse sind, stellen Sie sich vor, Sie müssten einen neuen Weltrekord im Einpacken und bezahlen aufstellen. Der Grund: Seien Sie ehrlich, Sie wollen noch einen Ausfuhrschein, oder?

Um es klarzustellen: Wir Deutschen würden es genauso machen und wären wohl noch rabiater mit der Forderung danach als Sie, liebe Eidgenossen. Allerdings müssen Sie wissen: In solch einem Moment, in dem Sie einen grünen Zettel wollen, erleben wir Deutsche Einsteins Relativitätstheorie am eigenen Leib. Selbst wenn das Ausfüllen des Scheins nur wenige Sekunden dauert, fühlt es sich für einen Deutschen an, als würde gerade ein ganzes Leben an ihm vorbeiziehen. Wie sagte Einstein eben: Zeit ist relativ.

Wenn Sie daher zuvor so zügig eingeräumt haben, dass das Förderband durch die Reibungshitze glüht, ist die deutsche Seele wenigstens etwas befriedigt. Bonuspunkte gibt es auch, wenn Sie Ihr Kleingeld zuhause lassen und am besten mit Karte bezahlen. Das ist schnell, effektiv und irgendwie auch «deutsch».
 

Parkplätze bedeuten Krieg

Glauben Sie uns Bitte: Wir Deutschen sind nicht blutrünstig. Aber wenn es um unsere Parkplätze geht, dann werden wir zu Tieren – vor allem, wenn jemand nicht vollkommen ordnungsgemäss parkt. Angenommen Sie stellen sich auf einen Parkplatz – links und rechts neben Ihnen ist frei. Berührt ihr Reifen aber nun, wenn auch nur minimal, die extra für die Markierung gezogene Linie, dann ist das ein Sakrileg, welches nach dem Willen vieler meiner Landsleute mit dem Tod durch Vierteilen bestraft werden sollte. Selbst wenn ihr Nebenmann noch immer ohne Probleme aus und einsteigen könnte: Sie haben die Linie berührt. Ähnlich verhält es sich, wenn Sie schräg stehen oder nicht den vorgeschriebenen Rangierabstand halten. Apropos Autos:
 

Wir fahr‘n, fahr’n auf der Autobahn

Sollten Sie sich auf die deutsche Autobahn verirren, dann sind Sie auf einem ganz heissen Pflaster gelandet. Wir müssen Sie warnen: Sie können es fast nicht richtig machen, denn auch dieser Ort ist für Deutsche fast heilig. Während in der Schweiz ein Tempolimit von 120 km/h gilt, ist in Deutschland die Richtgeschwindigkeit 130 km/h. Richtgeschwindigkeit bedeutet: Es wäre gut, wenn man sich an dieses Tempo hält – muss man aber nicht. Für viele Deutsche sieht die Definition aber etwas anders aus: Mit 131 km/h ist man ein Raser, bei 129 km/h schleicht man nur! Glück haben da die Menschen, die einen Tempomaten haben, diesen auf 130 km/h einstellen können und entspannt über die Autobahn brausen können. Wenn Sie das machen, fallen Sie mit Ihrem CH-Kennzeichen kaum auf – so lange Sie nicht «rasen» oder «schleichen».
 

Trinkgelder sind obligatorisch

Wenn Sie in Deutschland in ein Restaurant gehen, bitte denken Sie daran, dass Sie auch ein Trinkgeld hinterlassen. So seltsam es scheinen mag, aber es ist in unserer deutschen DNA, dass wir in Kneipen und Restaurants immer ein Trinkgeld geben. Wir haben vielleicht keinen Humor, sind ungeduldig und auch etwas introvertiert, aber mindestens 10 Prozent Trinkgeld sind absolut deutsch. Folgen Sie diesem Beispiel, denn sonst heisst es nur wieder: «Die Schweizer – bei uns Essen, aber nicht einmal Trinkgeld geben.»
 

Das deutsche Gewohnheitstier

Der Blick eines Deutschen, wenn jemand seinen Lieblingsplatz okkupiert. 

Die Schwimmbadsaison steht an. Sollten Sie sich dabei mal entscheiden, in ein deutsches Bad zu gehen, gibt es ebenfalls sehr viele Punkte zu beachten. Ehrlicherweise muss man sagen: Man könnte einen ganzen Knigge füllen, wie man sich als Ausländer in einem deutschen Bad verhalten sollte, aber wir beschränken uns hier auf den wichtigsten: Wenn ein Deutscher einmal einen Platz gefunden hat, an dem er sich wohlfühlt, verhält er sich wie eine Galapagosschildkröte: Er kehrt immer wieder an diesen Ort zurück. Hat sich nun aber ein Fremder an diesem Ort niedergelassen, weckt das bei einem Deutschen all seine urzeitlichen Instinkte. Er will sein Revier verteidigen. Das macht er aber nicht verbal, oder in dem er mit Stöcken und Steinen wirft, sondern in dem er wütende Blicke in Richtung des Platzbesetzers wirft, bis dieser sich vor schlechtem Gewissen zurückzieht. Dieses Verhalten kann man übrigens auch an anderen Orten beobachten. Zum Beispiel in einer Kneipe. Also, liebe Schweizer: Haben Sie ein Herz für die Deutschen und versuchen Sie, das Revier eines Fremden zu akzeptieren.
 

Wir wollen, also lassen Sie uns auch arbeiten

Wie viele Deutsche braucht es, um eine Glühbirne zu wechseln? Einen, wir sind effektiv. Jetzt zurück an die Arbeit – dieser Witz beschreibt die deutsche Arbeitsmoral sehr treffend. Wenn wir arbeiten, dann arbeiten wir – und dann ist keine Zeit für Nebensächlichkeiten wie Gespräche, Witze oder Kontakt mit anderen Menschen. Selbst, wenn ein Deutscher im Verkauf tätig ist, so muss er doch seine anderen Arbeiten möglichst zeitnahe und effektiv erledigen. Das bedeutet auch: Wenn es irgendwie möglich ist, versuchen Sie sich selbst zu helfen und fragen Sie nur dann einen Angestellten nach Hilfe, wenn Sie wirklich nicht mehr weiterwissen. Der Kunde mag König sein, aber die Arbeit ist immer noch der Kaiser.
 

Halten Sie an, wenn jemand über die Strasse will

 

Steht jemand in der Grenzregion an der Strasse, kann man sicher sein: Ein Deutscher würdigt diese Person keines Blickes. Zeit ist ja schliesslich Geld. Ein Herz für Fussgänger haben meistens nur die Eidgenossen. Behalten Sie sich das bitte bei, denn selbst nach der bösartigsten Tirade gegen die Schweizer fällt immer irgendwann zähneknirschend der Satz: «Immerhin lassen Sie einen rüber, wenn man über die Strasse will.»

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Kommentare (1)

Erwin Breuss Do 16.05.2019 - 08:58

Das mit dem Parken ist eher umgekehrt, es sind eher die Deutschen die sich einen Dreck kümmern wie und wo Sie Ihre Karre hinstellen, hauptsache so nah wie möglich am Eingang.
Da spielt es auch keine Rolle ob man 2 Parkplätze belegt, ob Behinderten-, Frauen-, oder Kind-Mutterparkplatz, fälschlicherweis belegt werden, hauptsache er ist Frei und ist nahe beim Eingang.
Zahlen an der Kasse ist doch für die Deutschen gerade ein Volkssport, wenn es darum geht die Cents auf den Cent genau herauszuzählen, oder noch besser von der Verkäuferin es machen zu lassen.
Ein Schweizer würde Aufwand und Zeit dafür reuen, denn grundsätzlich bezahlt der Schweizer mit Noten oder Karte. So ist das.
Wohne seit 10 Jahren in der BRD und glauben Sie mir grundsätzlich ist fast alles Falsch in diesem Artikel, aber belassen wir es bei diesen 2 Themen.
In diesem Sinne freundlichst
Urs Erwin Breuss

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