Das illegale Geschäft mit den Bootsmotoren

Elena Stojkova | 
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Nicht immer ist es so idyllisch auf dem Rhein – nachts können Diebe unterwegs sein, die es auf Bootsmotoren abgesehen haben. Symbolbild: Selwyn Hoffmann

Wenn Boote oder Bootsmotoren gestohlen werden, kommt das Kompetenzzentrum Bootskriminalität in Konstanz zum Einsatz. Oft sind die Fahnder erfolgreich, ehe der Diebstahl bemerkt wird.

Unbemerkt werden ein paar Tage oder Wochen lang Boote im Flachwasser am Rhein ausgespäht. Als sich die Diebe sicher sind, dass die Eigentümer heute nicht mehr vorbeikommen, warten sie auf die Dunkelheit. Mit Werkzeugen ausgestattet machen sie sich daran, die Aussenbordmotoren der Boote abzuschrauben. Handschuhe und Taschenlampe sind Standard, mit dabei sind aber auch Bolzenschneider, Schraubenzieher, Schraubenschlüssel und Zangen. Wenn die Arbeit erledigt ist, schaffen sie die Bootsmotoren in den als Firmenfahrzeug getarnten Transporter und fahren so weit wie möglich weg.

So oder so ähnlich spielen sich die Diebstähle von Booten oder Bootsmotoren ab. In solchen Fällen kommen die vier Polizeibeamten des Kompetenzzentrums Bootskriminalität (KBK) der Wasserschutzpolizei Baden-Württemberg zum Einsatz. «Manchmal verlagern die Diebe ein Boot aus dem Sichtbereich, um ungestört arbeiten zu können», sagt Polizeisprecher ­Roland Fleischer. Bei der Auswahl der Tatorte achten die ­Täter auf abgelegene Plätze, die zumindest nachts nicht frequentiert und trotzdem gut mit einem Fahrzeug zu erreichen sind. Sie wählen nicht nur im Flachwasser liegende Boote aus, sondern auch solche, die auf Trockenliegeplätzen, in Hafenanlagen oder an Bojenplätzen liegen. «Wasserfahrzeuge werden am häufigsten gestohlen, wenn sich diese auf Trailern – das sind Anhänger für den Transport von Booten – befinden», so Fleischer.

Seit Jahren sind die Konstanzer Ermittler eine europaweit zentrale Anlaufstelle für Bootskriminalität. So auch im Kanton Schaffhausen, wo sie mit der Schaffhauser Polizei zusammenarbeiten – hier wurden im Jahr 2017 13 Aussenbordmotoren ­gestohlen. Die Zahlen des Jahres 2018 werden derzeit noch ausgewertet, klar ist aber, dass die Diebstähle in und um Schaff­hausen die Polizei auch vergangenes Jahr ­beschäftigten: Im Februar 2018 beispielsweise wurden in Feuerthalen acht Aussenborder von eingewasserten Booten gestohlen, im April verzeichnete man sieben entwendete Bootsmotoren in Wagenhausen.

Ein guter Blick für Fälschungen

Unter Beteiligung des KBK wurden bis zum Jahr 2017 Boote, Aussenbordmotoren oder Bootsanhänger im Gesamtwert von über 30 Millionen Euro sichergestellt. «Ein guter Fahnder im Sportbootbereich muss nicht nur allgemeinpolizeiliches Fachwissen, sondern auch sehr spezielles Wissen über die Identifizierungsmöglichkeiten bei Sportbooten und Bootsmotoren besitzen», so Fleischer. Ausserdem müsse er einen ­guten Blick für Fälschungen haben und Neugier und Ausdauer mitbringen.

Das Hauptziel sei, die Täter dingfest zu machen. «Die Freude des Ermittlers ist es allerdings, dem Besitzer das Diebesgut ­zurückgeben zu können.» Oft haben Eigentümer die Diebstähle zum Zeitpunkt der Polizeikontrolle noch gar nicht festgestellt. «Das ist eine häufige Erfahrung gerade im Sportbootbereich und führt zu aufwen­digen Ermittlungen unter Zeitdruck», so Fleischer. In solchen Situationen nämlich ­besteht zwar der Verdacht aufgrund un­geklärter Herkunft von Motoren, aber der Kontakt mit den bestohlenen Eigentümern, die die Straftat bestätigen könnten, besteht noch nicht.Die Täter stammen überwiegend aus dem osteuropäischen Raum und sind ­mobil und gut organisiert. «In Osteuropa existiert ein grosser Bedarf an Aussenbordmotoren, die über das Internet leicht an den Mann zu bringen sind», so Fleischer. Die Rückführung aus dem Ausland könne überraschend einfach, aber auch schwierig und langwierig sein. «Grundsätzlich ist sie aber möglich.»

Fahnder sichern Spuren von Bootsdiebstählen in ganz Europa

Das Kompetenzzentrum Bootskriminalität (KBK) in Konstanz entstand nach einem Vorfall im August 2001, als ein aus Österreich importiertes Sportboot am Bodensee zugelassen werden sollte. ­Unstimmigkeiten an der Rumpfnummer lösten Ermittlungen aus, die schliesslich zur Sicherstellung von 17 gestohlenen Sportbooten und 81 Aussenbordmotoren im Gesamtwert von knapp einer halben Million Euro führten. Die Fahnder entwickelten sich schnell zu einem zentralen Ansprechpartner im ­Bereich Bootskriminalität – auch international.

Derzeit sind es vier Polizeibeamte im KBK, die sich um die Diebstahlkriminalität im Bereich Boote, Bootsmotoren und Wassersportartikel, Umweltverstösse und die Bearbeitung schwerwiegender Bootsunfälle oder Unfälle im Schiffsbereich kümmern. Anfragen ans KBK kommen von der Wasserschutzpolizei und anderen Polizeidienststellen – überwiegend von Fahndungs- und Grenzdienststellen aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Das KBK hat für Informationen zu gestohlenen Booten und Bootsmotoren aber auch verschiedene Fahndungs- und ­Informationsdateien zum Datenabgleich zur Verfügung. «Es melden sich auch Kaufinteressenten, die über ein ­suspektes Angebot gestolpert sind oder Ungereimtheiten festgestellt haben», sagt der ­Baden-Württembergische Polizeisprecher ­Roland Fleischer. Wichtige Arbeitswerkzeuge sind deswegen Computer und Telefon, die Fahnder sind im Rahmen der Ermittlungstätigkeit aber auch vor Ort, um Spurensicherungen durchzuführen. Eine weitere wichtige Tätigkeit des KBK ist die Schulung von Fahndern zur Verdachtsgewinnung, kompetenten Kontrolle und Erkennung von Fälschungen. (est)

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