Autorennen auf der A81: Trotz Tempolimit keine Besserung in Sicht

Ralph Denzel | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare
Das Raserproblem auf der A81 ist so akut wie eh und je. Bild: Maik Göring

Illegale Autorennen auf der grenznahen A81 in Deutschland sind vor allem bei Schweizer Rasern sehr beliebt. Die Landesregierung handelte, aber trotz anderer Beteuerung: Erfolgreich war das nicht.

Die A81 in Richtung Stuttgart, direkt hinter dem Zoll Thayngen, ist schon lange berühmt berüchtigt. In der Vergangenheit kam es dort immer wieder zu Autorennen. Die Situation war so gravierend, dass die Baden-Württembergische Landesregierung die Notbremse zog und auf einem 17 Kilometer langen Abschnitt ein Tempolimit von 130 km/h einführte. Verkehrsminister Winfried Hermann sagte dazu: «Wir akzeptieren keine rücksichtslosen Raser auf unseren Autobahnen. Wer sich und andere durch illegale Autorennen gefährdet, begeht eine Straftat.»

Das ist jedoch nicht die einzige Massnahme gegen Raser: Seit längerem werden illegale Autorennen in Deutschland härter verfolgt als noch früher. Bei solchen handelt es sich nun nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Straftat. Im Herbst 2017 wurde der entsprechende Gesetzestext angepasst und lautet nun: «Wer im Straßenverkehr ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt», daran teilnimmt oder «sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen» wird mit einer «Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.» Wenn dabei andere gefährdet werden, drohen «bis zu fünf Jahren» Gefängnis, kommt ein Mensch zu Tode oder wird durch das Verhalten verletzt «so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.»

Auch eine Kampagne wurde von dem Bundesland gestartet. Wer heute über die A81 fährt, sieht immer wieder die nachfolgenden Banner an Brücken hängen.

Mit diesen Bannern will das Land Baden-Württemberg Raser warnen. Bild: Verkehrsministerum Baden-Württemberg/Montage OPP

Die Frage ist nur: Wie wirksam ist das? Die Antwort ist ernüchternd.

Autorennen sind noch immer ein Problem

Das Innenministerium Baden-Württemberg gibt sich zufrieden. Das Tempolimit sei demnach ein «wirksames Mittel, um illegale Autorennen» zu verhindern. So heisst es in einer Antwort auf eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hermann Katzenstein. Dieser erklärte gegenüber dem Südkurier: «Das Tempolimit war notwendig und richtig. Zusammen mit der Informationskampagne des Verkehrsministeriums und der erhöhten Kontrolldichte der Polizei hat es dazu beigetragen, dass seit Einführung von Tempo 130 nur noch ein illegales Autorennen auf der A 81 bestätigt wurde.» Das wichtige Wort ist hierbei «bestätigt». 

Die neue 130 km/h-Zone im Video. Video: OPP
Die neue 130 km/h-Zone im Video. Video: OPP

Der Politiker bezieht sich dabei auf ein Rennen, welches Mitte September 2018 stattgefunden hatte. Dabei haben vier Schweizer aus dem Kanton Zürich und Schwyz zwischen dem Autobahnkreuz Hegau und Engen ein Autorennen veranstaltet. Die beiden hinteren Fahrzeuge verlangsamten dabei ihr Tempo erheblich und bremsten so den nachfolgenden Verkehr aus – dann begannen sie mit dem Rennen. Eine Streife der Autobahnpolizei konnte die Raser an der Rastanlage «Neckarburg-Ost» anhalten und überprüfen. Gegen die vier Autofahrer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Straftatbestandes der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen eingeleitet. Jeder der jungen Männer musste eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1500 Euro vor Ort bezahlen. Ein Einzelfall, wie es von der Grün-Schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg heisst? Mitnichten, wie uns die Polizeidirektion Konstanz auf Anfrage bestätigt: «Das Rennen war kein Einzelfall», so Bernd Schmidt vom Polizeipräsidium Konstanz.

Tendenziell eher mehr Autorennen

In dem Fall des Rennens im September hatten die Beamten einfach «Glück», die Teilnehmer noch zu erwischen. Oft ist das nämlich nicht mehr so einfach möglich. «Die Schwierigkeit liegt darin, diese Rennsituationen dann auch tatsächlich festzustellen, da sie nur kurze Zeit andauern», so Bernd Schmidt. Denn trotz Tempolimit: «Entsprechende Mitteilungen» über illegale Autorennen erreichen die Polizei «immer wieder.» Genau die Zeugen sind es auch, die wichtig sind für Verfolgung von solchen Straftaten. Zwar ist die Autobahnpolizei mit mehr Personal auf dem Streckenabschnitt unterwegs und konnte dadurch schon viele Verkehrssünder büssen. Für illegale Rennen hingegen braucht es oft «die konkreten Beobachtungen von Zeugen» die zum Beispiel «von den Fahrzeugen ausgebremst, genötigt beziehungsweise überholt werden», so Bernd Schmidt. «Deshalb haben wir häufig nur Verdachtsmitteilungen, die dann in der Folge jedoch nicht mehr belegt beziehungsweise konkretisiert werden können, da die beteiligten Fahrzeuge die Autobahn bereits wieder verlassen haben.»

Baden-Württembergs Verkehrsminster Winfried Hermann bei der Vorstellung der Kampagne gegen Raser. Bild: Maik Göring

Das Rennen ist dementsprechend kein Einzelfall – und wird es wohl auch nicht bleiben. Das Innenministerium Baden-Württemberg äusserte sich gegenüber dem Südkurier trotzdem zufrieden mit dem bisherigen Erfolg der Kampagne: so würden potenzielle Teilnehmer von Wettrennen von der Wahrscheinlichkeit entdeckt zu werden, abgeschreckt. Den gegenüber stehen allerdings die Zahlen, die wir vom Polizeipräsidium Konstanz erhalten haben: «Im laufenden Jahr wurden auf dem Streckenabschnitt der A81 vom Grenzübergang bei Bietingen bis nach Geisingen (Ende der Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Konstanz) insgesamt 15 Rennsituationen gemeldet.» Zum Vergleich: 2014 wurden 7 Rennen gemeldet, 2015 24, wovon 23 bestätigt waren, 2016 gab es 12 gemeldete Rennen und 2017 sechs. Es gibt also tendenziell wieder mehr Rennen als weniger.

Raserstrecke A81: Polizei kontrolliert massiv

Auch trotz Geschwindigkeitsbegrenzung ist der Rennabschnitt auf der Autobahn sehr beliebt bei Rasern. Das weiss auch die Polizei, die seitdem ihre Geschwindigkeitskontrollen massiv ausgeweitet hat. So sagt Bernd Schmidt von der Polizei Konstanz: «Bis Mitte August wurden bei rund 80 Kontrollen etwa 10‘000 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt. Rund 300 Verkehrsteilnehmer waren dabei erheblich zu schnell, weshalb ihnen ein vorübergehendes Fahrverbot droht.» Ein Teilnehmer wurde mit sogar mit über 200 km/h auf dem Tacho gemessen. Ein Grossteil der Raser hat dabei ein Schweizer-Kennzeichen: «Die aus der Schweiz festgestellten Fahrzeuge stammen in der Mehrzahl aus dem Kanton Zürich, es wurden aber auch Fahrzeuge aus dem Raum Schaffhausen, Sankt Gallen, Zug und Schwyz beobachtet.»

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren