Mit kleinem Gepäck auf grosser Tour: Georg Freivogel auf dem Dach der Welt

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Georg Freivogel, Inhaber der Fass-Bibliothek, konnte viele Eindrücke von Tibet gewinnen. Symbolbild: Pixabay

Die Erde ist längst ausgemessen, und weisse Flecken auf dem ­Globus gibt es auch nicht mehr. Und doch, auch heute gibt es noch viel zu entdecken.

von Verena Graf

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Kultur im Winter» im Begegnungszentrum Rüdlingen entführte Georg Freivogel, Inhaber der Buchhandlung Fass in Schaffhausen, die Zuhörer nach Tibet, auf das Dach der Welt. Freivogel ist auf seinen Reisen immer auf der Suche nach den alltäglichen Dingen, die ein Land erst zu etwas Besonderem, Eigenem machen. Es liegt ihm in erster Linie daran, den Reisenden Land, Menschen, Alltag, Bräuche, Sitten, Geschichte, Politik, Religion und Kultur näherzubringen. Das erfordert Zeit und Langsamkeit. Seine Reisen sind in diesem Sinne Bildungs- und Entdeckungsreisen. Freivogel ist gerne zu Fuss, auf dem Pferderücken oder mit dem Velo unterwegs.

Seine nächste Reise wird ihn und die Reiseteilnehmer im Herbst 2019 von Bishkek (Kirgistan) nach Lhasa (Tibet) führen. Um dieses Unternehmen gut vorzubereiten, besuchte Freivogel im Oktober 2018 alle seine geplanten Destinationen in Tibet. Von dieser Erkundungstour erzählte er den Besuchern des Begegnungszentrums, die bei einem feinen Essen und einem interessanten Vortrag mit vielen eindrücklichen Bildern einen kurzweiligen Abend erlebten.

Bishkek ist eine moderne Stadt mit breiten Boulevards und massigen Wohnblocks. Auffällig sind die kleinen Häuschen, die regelmässig verteilt an den Strassen stehen und der Polizei zur Überwachung der Bevölkerung dienen.

Allgegenwärtige Überwachung

Über den Torugart-Pass erreichte Freivogel Kashgar. Die chinesische Regierung führt zurzeit eine umfangreiche Modernisierung der Stadt durch, in deren Verlauf allerdings die historische Altstadt fast vollständig zerstört wird. Kashgar gilt als die kulturhistorisch bedeutendste islamische Stadt Zentralasiens. Dreierpatrouillen, ausgerüstet mit Schutzschildern, Schlagstöcken und Pistolen, lassen auch hier die allgegenwärtige Überwachung erkennen. Die Türen der Restaurants und der Läden sind mit Gittern verschlossen. Erst wenn ein Kunde vor der Tür steht, wird diese geöffnet. Diese Massnahme soll verhindern, dass bei allfälligen Krawallen, die von der Polizei aufgelöst werden, die Menschen in die Häuser flüchten können.

In einem Jeep mit Chauffeur und Führer ging die Reise weiter auf der Südroute nach Namru, einem kleinen Ort mit 800 Einwohnern auf 4440 Metern über Meer. Die kleine Reisegruppe erreichte erst bei Dunkelheit ihren Übernachtungsort, eine Siedlung für Strassenarbeiter. Ein Bett mit Leintuch und die «Toilette» am Strassenrand warteten auf die Gäste.

Das nächste Ziel war der Berg Kailash, den Freivogel zu Fuss in drei Tagen umwandern wollte. Alles Gepäck wurde auf zwei Yaks geladen. Obwohl das ziemlich kostspielig war, zog Freivogel diese Art des Transports den menschlichen Trägern vor. Freivogel hatte jedoch Mühe mit der grossen Höhe von 5000 Metern über Meer, und er musste die Wanderung nach vier Stunden abbrechen.

Auf der Fahrt nach Lhasa wurden weitere Klöster besichtigt. In jedem tibetischen Kloster besuchen die Pilger die Räume im Uhrzeigersinn, umrunden das Kloster im Uhrzeigersinn und drehen die Gebetsmühlen im Uhrzeigersinn. Oft sind die Klöster während der Kulturrevolution zerstört und später im Originalzustand wiederaufgebaut worden. Der Unterhalt der manchmal grossen sakralen Bauten wird durch die Gaben der Pilger und staatliche Unterstützung finanziert.

Winterquartier des Dalai Lama

Lhasa, die letzte Station der Tibetreise, ist Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibet. Der rotweisse Potala-Palast auf dem roten Berg steht in einer Höhe von 3700 Metern über Meer und diente einst dem Dalai Lama als Winterquartier. Mit einem Besuch der grossen lebendigen Altstadt von Lhasa endete die Reise auf dem Dach der Welt. Ab Peking flog Freivogel zurück in die Schweiz.

Georg Freivogel wird noch oft mit kleinem Gepäck und viel Entdeckerfreude auf bekannten und weniger bekannten Pfaden der Erde unterwegs sein.

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