«Der Mehraufwand ist gerechtfertigt»

Isabel Heusser | 
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Die Stadt will künftig Profis statt Polizisten im Feuerwehrpikett. Bild: Julia Leppin

Über 120 Jahre lang rückte das Polizeilöschpikett bei kleinen Bränden aus. Jetzt will die Stadt Feuerwehreinsätze mit einem Berufspikett professionalisieren. Das hat Mehrkosten zur Folge.

Das Feuerwehrwesen in Schaffhausen hat ein Alleinstellungsmerkmal: Schaffhausen ist die einzige Stadt, die noch ein Polizeilöschpikett hat. Das Pikett, dem über 100 Polizistinnen und Polizisten der Schaffhauser Polizei rotierend angehören, rückt bei kleineren Bränden und Alarmierungen durch Brandmeldeanlagen aus. Das System gibt es seit 120 Jahren. Geht es nach der Stadt, soll ab dem Jahr 2021 Schluss damit sein. Sie will ein städtisches Berufspikett mit zwölf Vollzeitstellen einführen; dieses soll die bestehende Milizfeuerwehr unterstützen. Über die entsprechende Vorlage wird der Grosse Stadtrat entscheiden.

Die Stadt begründet den Wechsel damit, dass das aktuelle System den heutigen Anforderungen bei Feuerwehreinsätzen nicht mehr gerecht werde. Heute rücken bei ­einem Alarm drei Mitglieder des Polizei-löschpiketts plus ein Pikettoffizier der Feuerwehr aus. Die Polizisten, die von der Feuerwehr für ihre Einsätze geschult werden, würden ihre Aufgabe gut machen, betont Romeo Bettini, städtischer Bereichsleiter Sicherheit und öffentlicher Raum. Aber: «Es kommt immer wieder vor, dass diese Polizisten nicht über die nötige Spezialausbildung für einen Einsatz verfügen – weil sie nun mal keine Feuerwehrleute sind.» Dann müsse eine zweite Gruppe aufgeboten werden, was eine zeitliche Verzögerung bei einem Einsatz mit sich bringe.

Nur 15 Prozent Brandbekämpfung

Tatsächlich konnten gemäss Statistik der Schaffhauser Feuerwehr das Polizeilöschpikett im Jahr 2016 nur für 58 Prozent der Ersteinsätze aufgeboten werden, die restlichen wurden direkt von der Feuerwehr abgedeckt; insgesamt wurden 285 Einsätze verzeichnet. Kommt hinzu, dass die Brandbekämpfung heute nur noch 15 Prozent der Einsätze ausmacht, die restlichen betreffen beispielsweise Liftrettungen, Wasserrettungen oder Chemieunfälle. Ausserdem seien die Einsätze anspruchsvoller geworden, so Bettini: Wegen der verdichtenden Bauweise müssten oft Drehleitern und Hubretter eingesetzt werden. Ausserdem gebe es weniger offene Feuer, dafür starke Rauchentwicklung, was ein komplexes Vorgehen nötig mache. «All das spricht dafür, das Pikett zu professionalisieren.» Künftig sollen ständig vier ausgebildete Feuerwehrleute für Ersteinsätze bereitstehen, und zwar rund um die Uhr. Der Pikettdienst soll die Milizfeuerwehr unterstützen, damit diese bei kleinen Einsätzen möglichst nicht ausrücken muss.

Für das neue Berufspikett will die Stadt zwölf Vollzeitstellen schaffen, die der Dienstabteilung Feuerwehr unterstellt werden. Diese umfasst heute 570 Stellenprozent; 170 davon sollen in das Berufspikett integriert werden.

«Mehraufwand ist gerechtfertigt»

Aktuell zahlt die Stadt dem Kanton rund eine halbe Million Franken jährlich für das Polizeilöschpikett; die Kosten haben sich in den letzten Jahren fast verdoppelt, die Leistungen blieben laut Stadt aber gleich. Wird das Berufspikett eingeführt, kommen Mehrkosten von 95'000 Franken auf die Stadt zu. «Die Professionalisierung rechtfertigt den Mehraufwand», sagt Bettini. Damit die höheren Personalkosten aufgefangen werden können, will die Stadt den Bestand der Milizfeuerwehr von 150 auf 134 Angehörige senken und den Fahrzeugpark verkleinern. Um Mehreinnahmen zu generieren, ist vorgesehen, die sogenannte Einkommensfreigrenze für die Feuerwehrersatzabgabe – diese müssen Personen zahlen, die keinen Feuerwehrdienst leisten – von 25'000 auf 5000 Franken zu senken; so soll die Finanzierung des Berufspiketts sichergestellt werden. Damit das Pikett ab 2021 einsatzbereit ist, sind aus­serdem Initialkosten von 110'000 Franken für Umbauten, zusätzliche Arbeitsräume und Ausrüstung nötig.

«Es war eine Zusatzaufgabe, die unsere Polizei gern übernommen hat.»

Cornelia Stamm Hurter, Finanzdirektorin (SVP)

Finanzdirektorin Cornelia Stamm Hurter (SVP) sagt, der Kanton stehe den Plänen der Stadt neutral gegenüber. Das Pikett zu stellen, sei finanziell nicht sonderlich attraktiv: «Was wir bekommen, ist nicht ganz kostendeckend.» Der Wegfall des Löschpiketts habe deshalb keine grosse Bedeutung. «Es war eine Zusatzaufgabe, die unsere Polizei gern übernommen und gut gemacht hat», sagt sie. «Indessen sind in letzter Zeit neue Aufgaben auf die Polizei zugekommen, so dass die Neuausrichtung der Stadt eine gewisse Entlastung für unsere Mitarbeitenden bedeutet.» Der Umfang des Korps werde deshalb durch eine Abschaffung des Piketts nicht reduziert. «Wir haben ohnehin tendenziell zu wenig Leute.»

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