«Ich habe mir eine dicke Haut zugelegt»

Singer-Songwriter-Weltstar James Blunt (43), über sein fünftes Studioalbum «The Afterlove», seine Sessions mit Ryan Tedder und Ed Sheeran und lebenserschütternde Momente.
von Reinhold Hönle
Er wird am «Stars in Town» 2018 das allerletzte Konzert auf dem Schaffhauser Herrenacker spielen: der britische Singer-Songwriter James Blunt, der am Samstag, den 11. August auftritt. Seit dem Erfolg seines Albums «Back to Bedlam» ist Blunt ein Weltstar. In Schaffhausen wird er Lieder seines neusten Albums «The Afterlove» und all seine grossen Hits zum Besten geben. Der Samstagabend ist ausverkauft.
James Blunt, was hat Sie zu Ihrem fünften Studioalbum inspiriert?
James Blunt: Es sind fast vier Jahre seit meiner letzten Platte vergangen. Ich habe in der Zwischenzeit viel erlebt. Ich war auf einer Welttournee, arbeitete als Jurymitlied von «The X Factor» längere Zeit in Australien, habe geheiratet und bin Vater geworden. Da kamen viele neue Eindrücke zusammen. Ich denke, man hört es «The Afterlove» auch an, dass es sich nicht einfach um einen Neuaufguss der vorherigen Alben handelt.
Ihre Alben eroberten meistens die Spitze der Charts. Sind Sie vor der Veröffentlichung einer neuen CD trotzdem noch nervös?
Was die Qualität angeht, bin ich selbstbewusst. Ich halte «The Afterlove» für mein bestes Album. Meine Freunde behaupten, sie müssten endlich nicht mehr lügen, wenn sie sagen, dass sie es wirklich mögen! ( Lacht ) Unsicher bin ich, was den Erfolg angeht. Da die Songs so anders klingen, lässt sich nur schwer abschätzen, wie die Leute auf sie reagieren werden.
Was hat sich verändert?
Normalerweise schreibe ich für ein Album 25 Songs und wähle dann die besten 10 aus, diesmal waren es 100! Ich war in Los Angeles, um mit grossartigen Künstlern wie The Weeknd, Stefan Moccio und MoZella, von der «Wrecking Ball» stammt, zusammenzuarbeiten, und flog von Venedig schnell nach Rotterdam, um Ryan Tedder zu treffen. In den drei Stunden, bevor er beim MTV Europaen Music Award auf die Bühne ging, haben wir «Lose My Number» geschrieben und aufgenommen.
Weshalb funktioniert Ihre Zusammenarbeit mit ihm so gut?
Er hat eine gute Energie. Als wir meinen letzten Nummer-eins-Hit «Bonfire Heart» schrieben, habe ich ihn wie ein Groupie begleitet, war auch im One-Republic-Tourbus. Er versteht, wenn ich ihm sage, dass ich nicht interessiert bin, ein zweites «Bonfire Heart» oder «You’re Beautiful» zu schreiben, obwohl die Plattenfirma das gerne hätte. Es reicht, wenn du im Leben eines dieser Lieder geschrieben hast.
Hits zu landen, scheint Ihnen aber immer noch wichtig zu sein, setzen Sie bei der Single «Love Me Better» doch auf den momentan angesagten elektronischen Sound.
Das war kein bewusster Entscheid. Wenn man den Song herunterbricht, besteht er immer noch aus meinem Gesang, einer Gitarre und einem Rhythmus. Es stimmt jedoch: Wir haben die Keyboards etwas mehr aufgedreht. Es gab sie jedoch schon früher, nur mehr im Hintergrund.
Sie singen in diesem Liebeslied auch darüber, dass Sie in den Social Media beschimpft werden.
Ich finde es interessant, dass wir uns immer auf das Negative fokussieren. Wenn ich ein Konzert im Hallenstadion gebe, werde ich im nächsten Interview nicht auf die 10 000 begeisterten Reaktionen angesprochen, sondern auf den einen negativen Tweet. Aber das liegt wohl in der Natur des Menschen. Ich habe mir jedoch eine dicke Haut zugelegt – und lache über mich selbst, weil ich mich trotzdem mit diesen Auswüchsen beschäftige ...
Hitverdächtig klingt auch die Pianoballade «Don’t Give Me Those Eyes». Ist der mehrstimmige Refrain eine Hommage an Ihre Idole?
Ja, das ist der Musikstil, mit dem unsere Generation aufgewachsen ist. Das ist definitiv einer meiner Lieblingssongs. Er musste opulent sein, weil er ein starkes Gefühl auszudrücken versucht: den Schmerz darüber, wenn du merkst, dass du eine Beziehung beenden musst, weil sie nicht richtig ist. Sich dies einzugestehen, ist ein sehr unangenehmer und lebenserschütternder Moment.
Haben Sie das schon selbst erlebt?
Der Song basiert sowohl auf geborgten wie auf eigenen früheren Erfahrungen.
Was hat Sie dazu bewogen, ein politisches Lied zu schreiben?
Es wäre erstaunlich, wenn ich nicht an der Politik interessiert wäre – heute, wo sie Unterhaltung geworden ist! ( Lacht ) Es brauchte auch gar keine Fantasie. «Someone Sing Along» erzählt einfach, was vor unseren Augen gerade stattfindet. Und er prangert an, dass wir vor allem nach den Unterschieden in Rasse, Religion oder Hautfarbe suchen, um uns von unseren Mitmenschen abzugrenzen, statt nach Gemeinsamkeiten, die uns verbinden. Zum Glück gibt es die Musik. Ich liebe, dass sie es schafft, die Leute zusammenzubringen.
Stimmt es, dass der Schnee von Verbier Sie und Ed Sheeran zusammengebracht hat?
Ja, er wollte Skifahren lernen. So bin ich am Nachmittag mit ihm auf die Piste, und abends hat er mit mir Songs geschrieben. Das war ein fairer Deal.
Was haben Sie voneinander gelernt?
Sie müssen Ed fragen, wie ich als Skilehrer bin, aber wir hatten viel Spass, denn er ist ein mutiger und enthusiastischer Schüler. Ed, der für seine Offenherzigkeit bekannt ist, hat beim Texten an Stellen mehr aus mir herausgekitzelt, wo ich früher auf halber Strecke Angst vor der eigenen Courage bekam, weil ich nicht zu viel von mir preisgeben wollte.
Ihr Hauptwohnsitz ist Ibiza. Wie oft sind Sie im Wallis?
So viel ich kann! Verbier ist einer der schönsten Orte der Welt. Mir gefällt es, dass das Dorf so klein ist, dass jeder jeden kennt. Ich bin vor allem im Winter dort, aber es ist auch im Sommer wunderschön, wenn es grün und viel leerer ist.«Verbier ist einer der schönsten Orte der Welt. Mir gefällt es, dass das Dorf so klein ist.»