Attentäter stammt laut Geheimdienst aus Kirgistan

Schaffhauser Nachrichten | 
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Der Anschlag auf die U-Bahn in St. Petersburg ist nach Angaben der Behörden in Kirgistan von einem Selbstmordattentäter aus dem zentralasiatischen Land verübt worden.

Update 4.4.2017 / 9:10:

Der Anschlag auf die U-Bahn in St. Petersburg ist nach Angaben der Behörden in Kirgistan von einem Selbstmordattentäter aus dem zentralasiatischen Land verübt worden. Der mutmassliche Attentäter sei Russe kirgisischer Herkunft. Der Mann sei 1995 in der Stadt Osch geboren, sagte ein Sprecher des Geheimdienstes GKNB am Dienstag.


Update: 4.4.2017 / 04:00:

«Es gibt eine Version, nach der die Bombe von einem Selbstmordattentäter getragen wurde», sagte eine Quelle innerhalb der Sicherheitsbehörden der Agentur Interfax am Montagabend. Nach bisherigen Kenntnisstand soll der Mann radikal-islamistisch Verbindungen haben.

Die staatliche Agentur Tass zitierte eine Quelle, nach der ein Mann und eine junge Frau aus Zentralasien in die Tat involviert sein könnten. Die Behörden hatten zunächst nach zwei Verdächtigen gesucht, die auf Bildern der Überwachungskameras im Metrobereich entdeckt wurden.


VON STEFAN SCHOLL

Wladimir Putin wollte sich nicht festlegen. «Die Sicherheitsorgane und Geheimdienste tun alles, um die Gründe des Geschehenen zu klären», erklärte der russische Präsident, der gestern persönlich in der Millionenmetropole Sankt Petersburg weilte. Dort traf er sich mit dem weissrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Auch einen «gewöhnlichen» kriminellen Akt oder technisches Versagen nannte Putin als mögliche Ursache für die Explosion. Gesten Abend meldete jedoch die zuständige Justizbehörde, dass die russischen Behörden Ermittlungen wegen Verdachts auf einen Terroranschlag aufgenommen hätten.

Laut der Nachrichtenagentur Ria Nowosti ging um 14.45 Uhr bei den zwei Metrostationen «Sennaja Ploschad» und «Technologitscheski Institut» je eine Bombe hoch. Laut verschiedenen Meldungen gab es elf Tote und fünfzig Verletzte, darunter auch Kinder.

Mehrere Medien berichteten derweil unter Berufung auf die Petersburger Polizei, es habe nur eine Explosion in einem fahrenden U-Bahn-Waggon zwischen beiden Stationen gegeben. Am Tatort arbeiten Polizeiermittler, Geheimdienstler sowie die Besatzungen von 41 Krankenwagen. Die Petersburger Metro wurde komplett geschlossen. Die Behörden setzten Ersatzbusse für die ausgefallene U-Bahn ein, es kam zu einem Verkehrschaos.

Bilder zeigen Mann mit Mütze

Der Anschlag weckt Erinnerungen an den März 2010. Damals jagten sich in Moskau zwei Frauen aus Dagestan in der Metro in die Luft und rissen 38 Menschen mit in den Tod. Offenbar steckt dieses Mal kein Selbstmord­attentäter hinter der Attacke. Ein Einwohner von Sankt Petersburg erzählte der Wirtschaftsagentur RBK, sein Kollege, der im Unglückszug sass, habe ihm ein SMS geschickt: «Zwischen den Stationen gab es eine Explosion, ein Bursche liess eine Aktentasche stehen, öffnete die Tür und stieg in den nächsten Waggon. Nur in den nächsten Waggon.»

Der Täter befindet sich auf der Flucht. Er wurde gemäss den Petersburger Behörden von einer Überwachungskamera gefilmt. In den Medien kursierten am Abend Bilder des mutmasslichen Bombenlegers. Sie zeigen einen Mann mit schwarzer Mütze und Bart. Die Behörden fahnden auch nach einem möglichen Komplizen des gefilmten Mützenträgers.

Wie Putin hielt sich ein Grossteil der russischen Politiker gestern mit Kommentaren zurück. Klare Worte fand hingegen Franz Klinzewitsch, Vizepräsident des Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses im russischen Föderationsrat. Er erklärte, es handle sich ohne Zweifel um einen Terroranschlag, und Russland werde die «allerhärteste Antwort» auf das Verbrechen geben. «Bisher sind die Ermittlungen erst in den Anfängen, deshalb kann man über die Täter nur Vermutungen anstellen», sagte der Moskauer Politologe Aschdar Kurtow auf Anfrage. Die Handschrift des Anschlags passe aber zu radikalen Islamisten. Es sei jedoch schwierig zu sagen, zu welcher Gruppe sie gehörten. Es sei nicht auszuschliessen, dass es sich bei den Tätern um nordkaukasische Anhänger der Terrormiliz IS handle. Es sei auch möglich, dass es sich um Dschihad-Rückkehrer aus Syrien oder dem Irak handle, wo der IS immer stärker in Bedrängnis gerät. Russland unterstützt in Syrien Diktator Baschar al Assad mit militärischen Mitteln im Kampf gegen den IS und andere Rebellen. Es wäre nicht das erste Mal, dass der IS Russland ins Visier nimmt. Mitte März bekannte sich die Terrormiliz zu einem Anschlag auf die tschetschenische Nationalgarde. Dabei kamen sechs Gardisten und sechs Attentäter ums Leben.

Zielscheibe von Terroristen

Seit Mitte der 1990er-Jahre veranstalten nordkaukasische Extremisten Terroranschläge in Russland. Zu Be- ginn versuchten tschetschenische Separatisten, den Kreml mit spektakulären Geiselnahmen in Krankenhäusern, Theatern und Schulen unter Druck zu setzen. Die russischen Behörden machen sie auch für die verheerenden Explosionen von fünf Wohnhäusern 1999 in Moskau, Buinansk und Wolgodonsk verantwortlich. Später wandelte sich der Grossteil des nordkaukasischen Widerstandes zu einer islamistischen Untergrundbewegung.

Deren Kämpfer überfielen in ihren Heimatrepubliken immer wieder Polizeistationen. Sie schickten aber in mehreren russischen Städten auch Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürteln los.

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