Wir sind Falken – ein Blick hinter die Kulissen der Kultbrauerei III

Dawit, wie sieht ein typischer Arbeitsmorgen bei dir aus?

Dawit: Wäre es schon Sommer, hätte ich wohl keine Zeit für dieses Interview. Momentan ist es aber noch ruhig und wir hatten genügend Zeit, in Ruhe alle Bestellungen bereitzustellen. Jeden Morgen besprechen wir im Team den Tagesablauf: welche Lieferungen eintreffen werden und welche Bestellungen zur Abholung bereitgestellt werden müssen, das «Rüsten» dauerte heute eine gute Stunde. Dann haben wir tägliche Anlieferungen von verschiedenen Produzenten und die Ware muss an den richtigen Lagerplatz gebracht werden. Bei über 2‘500 Produkten müssen wir sehr genau arbeiten und alles kontrollieren, damit nichts verloren geht und damit wir keine beschädigte Ware einlagern oder ausliefern.

Wie kannst du bei den vielen Produkten den Überblick darüber behalten, was sich wo befindet?

Dawit: Natürlich ist alles im Computer hinterlegt und auf den Bestellscheinen steht geschrieben, wo im Lager sich ein Produkt befindet. Doch die Abholung und die Einlagerung geschieht manuell, mithilfe von Stapelfahrern. Wir brauchen also ein gutes Gedächtnis. Im Sudan, wo ich herkomme, gibt es all diese Produkte, die wir bei der Brauerei Falken im Sortiment führen, gar nicht. Die Auswahl der Brauerei Falken ist aber auch riesig: wir haben zum Beispiel über 200 Weine, es gibt zahlreiche alkoholfreie Getränke in Flaschen, Dosen, PET; alles in unterschiedlichen Mengen. Anfangs fand ich das unvorstellbar, aber inzwischen kenne ich mich gut aus.

Seit wann bist du denn in der Schweiz und wie hast du zur Brauerei Falken gefunden?

Dawit: Ich bin 2014 als Asylsuchender aus dem Sudan in die Schweiz gekommen. Ich kannte weder das Land noch Kultur oder Sprache – das war eine grosse Herausforderung für mich. Damals fing ich eine Lehre als Zimmermann an, die ich jedoch abbrechen musste, denn ohne richtig Deutsch zu sprechen, war die Arbeit kaum möglich. Also habe ich mich erst intensiv mit der Sprache auseinandergesetzt. Dann habe ich im Bereich Logistik nach einer Lehrstelle gesucht. Da ich gleich gegenüber von der Brauerei Falken wohne, dachte ich: hier könnte ich mich eigentlich bewerben. Also habe ich angefragt, ob ich eine Schnupperlehre machen darf. Und es hat mir sehr gefallen!

Und konntest du dann gleich mit der Lehre als Logistiker EFZ angefangen?

Dawit: Nicht sofort. Mein jetziger Chef wollte, dass ich zuerst ein Praktikum mache, da er sich unsicher war, ob ich die Lehre schaffen kann, da mein Deutsch noch nicht so gut war. Nach einem zweimonatigen Praktikum und nachdem ich das Sprachzertifikat B2 erreicht hatte, willigte er aber ein, mich auszubilden – er war überzeugt, dass ich der Richtige für den Job war. Ich war der erste Asylsuchende, der eine Lehre bei Falken machen konnte und inzwischen betreue ich selbst drei Logistiklernende: zwei davon sind aus Eritrea, befinden sich also in einer ähnlichen Situation, wie ich damals, und ich kann sie gut unterstützen.

Was gefällt dir an deinem Beruf besonders?

Dawit:  Am liebsten sind mir die Sommermonate, weil dann richtig viel los ist. Im Frühling und Sommer finden in der Region viele Feste statt. Wir liefern den Veranstaltern nicht nur Getränke aus, sondern auch Sonnenschirme, Kühlschränke, Bartische und anderes Equipment. Zu dieser Zeit stehen die Lastwagen morgens in der Schlange, um ihre Ware abzuholen – die Vorbereitungen dauern zwar einiges länger, doch es ist immer abwechslungsreich und die Zeit vergeht wie im Flug. Nach Feierabend sitzt oft das gesamte Team zusammen, um gemeinsam noch ein Bier zu trinken und zu plaudern.