Adventskalender - Tür 8

Vom «Inneren Schweinehund», der im Advent gerne mal Überhand nimmt

Je kälter es wird, desto zahlreicher werden die Ausreden, «am Schärme» zu bleiben. Unser Autor Tobias Bolli versteht das. Dennoch will er uns in seinem Essay all das Schöne schmackhaft machen, das es gerade jetzt draussen zu bestaunen gibt.

Wie ein kalter Mantel legt sich der Winter um unsere erstarrenden Glieder, wenn wir uns in diesen Tagen einmal vor die Wohnung wagen. Klar, dass wir da lieber zu Hause bleiben und im moderat geheizten Zimmer Nüssli, Biberli und Schoggi-Bärli verzehren – all die kurzlebigen Leckereien, die uns der Samichlaus in die frierenden Hände gedrückt hat. Auch die WM-Spiele geben einen guten Vorwand dafür ab, im trauten Heim zu bleiben, dort eingekuschelt auf dem Sofa die sportlichen Heldentaten anderer zu verfolgen (vorausgesetzt, wir haben die Niederlage unserer Nati verwunden und trotz der ethischen Bedenken rund um die Fussball-WM die Fernsehbedienung gefunden).

Noch mehr «Gründe», zu Hause zu bleiben

Und selbst wenn wir nach einem Grund Ausschau halten, der uns ins Freie ziehen könnte: Es ist derart schnell derart stockdunkel dort draussen, dass wir dafür schon stark auf unsere Phantasie abstellen müssten. So sparen wir in diesen Tagen nicht nur Energie, die uns hoffentlich auch weiterhin von anderen zufliesst, sondern verwalten knausrig auch die körpereigene. Wir halten es mit unserem Bewegungsapparat ökonomisch, derweil nach den Samichlaus-Nüssli der Weihnachtsbraten schon vor der Tür steht.

Liebe Leserin und lieber Leser, ich will Sie keineswegs für dieses Verhalten rügen, aber um meiner selbst willen darüber nachdenken, was mich trotz alledem in dieser Zeit in Bewegung versetzen könnte. Da ist zum einen die Weihnachtsbeleuchtung, welche gerade in der deprimierenden Düsternis so gut zur Geltung kommt. Legionen an schwebenden Lichtpunkten, die den Körper zwar nicht erwärmen, wohl aber das Gefühl wohlig-warm berücken. Vielleicht rechtfertigen Sie des Abends einen Gang (Parkplätze werden rarer) zum Beispiel in die Schaffhauser Altstadt. Neben dem atmosphärischen Gewinn verbreiten die Lichter Zuversicht: Ja wir können sie uns noch leisten – den Atomkraftwerken in Frankreich und der ganzen Weltlage zum Trotz! Ganz so schlimm wird es uns nicht treffen, wenn sie da oben weiter munter Strom verbrauchen dürfen.

Nach draussen gehen lohnt sich!

Und drängt sich der Winter allzu spürbar auf, wartet um die Ecke ein Glühweinstand, der ein wenig Abhilfe schafft. Neben den künstlichen Sternen rechtfertigen auch die realen einen kleinen Spaziergang. Je tiefer die Temperaturen, desto schöner und klarer leuchten sie, viele tausend Jahre war ihr Licht unterwegs zu uns und keine Energiemangellage dieser Welt kann sie zum Verlöschen bringen. Auch das darf uns Gelassenheit geben: Die kosmische Ordnung bleibt sich gleich, ganz einerlei was ein paar sich wichtig nehmende Kreaturen auf diesem Erdenrund treiben. Ein weiterer Grund, den Aufenthalt draussen etwas auszudehnen, ist der Schnee, der unsere Region bald beehren soll. Das Knirschen unter den Schuhen, die verschneiten Giebel, Auen und Wälder, die Erinnerung an Schneeballschlachten und Schlittenfahrten der Kindheit, sie entschädigen für jede Minute, die sich mit Schal und einer langen Unterhose – seien wir ehrlich – gar nicht so übel aushalten lässt.

Nicht zuletzt sind es die Weihnachtsgeschenke, die mich bei der (erwartbaren) Ideenlosigkeit in die lokalen Geschäfte treiben und auf der Suche nach dem idealen Buch oder Brettspiel erstaunlich viele Meter zurücklegen lassen. Aber sei’s drum: Setzen wir uns bei alledem nicht zu stark unter Druck. Zu Hause ausspannen geht in Ordnung, vor allem sollen wir diese Adventszeit geniessen – auch wenn wir dafür mit ein paar Weihnachtspfunden bezahlen.

Alle bisher geöffneten Adventskalendertörli finden Sie hier.