«Sie hat mir auf Anhieb gefallen»

Julia Heiri | 
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Max und Herta Böni sind seit 65 Jahren verheiratet. Wie man das schafft? «Man muss einander einfach vertrauen», ist Herta Böni überzeugt. Bild: Julia Leppin

Mitte der 1950er-Jahre haben sie geheiratet. Heute feiern Herta und Max Böni ihre eiserne Hochzeit. Die beiden blicken zurück auf 65 Jahre Ehe und zahlreiche gemeinsame Erlebnisse.

Nicht ganz 70 Jahre ist es her, als sich Max (89) und Herta Böni (88) zum ersten Mal sahen. Im Jugendtreff der katholischen Kirche lernten sie sich kennen. «Sie hat mir auf Anhieb gefallen», erinnert sich Max Böni. Sie lacht und sagt: «Er hat mich nach Hause begleitet.» Beide lebten damals im Tösstal im Kanton Zürich.

Max Böni ist das mittlere von dreizehn Kindern und Sohn des Wagners im Dorf Turbenthal. Er arbeitete schon früh auf Bauernhöfen in der Umgebung. Mit 18 entschied er sich für eine Lehre als Kernmacher bei der Sulzer AG in Winterthur. Herta Böni (ledig: Schober) arbeitete im Nachbardorf Schalchen. Dort kümmerte sie sich um die fünf Kinder des Käsers. Aber auch im Haushalt, in der Käserei und im betriebseigenen Schweinestall musste sie anpacken. 1948 war sie mit 18 Jahren aus Österreich in die Schweiz gekommen, um zu arbeiten. «Nach dem Krieg gab es nirgendwo Arbeit, das war eine schwierige Zeit», erinnert sie sich.

Niemals einen Schweizer heiraten

«Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, niemals einen Schweizer zu heiraten», erzählt Herta Böni. Dies, weil ihr Chef zuweilen sehr unfreundlich zu ihr war. Es kam aber anders. Mit Max Böni ging sie viel spazieren und machte Veloausflüge an den Pfäffikersee, und schliesslich verliebten sich die beiden. Anfang 1954, vor 65 Jahren, heirateten sie, und das Ehepaar zog nach Seuzach. Gute Erinnerungen haben beide an eine Reise, die sie nach der Hochzeit unternahmen. «Mit der Lambretta sind wir zuerst nach Salzburg und Wien gefahren, danach sind wir weiter nach Venedig», erzählen die beiden lachend. Auf dem Rückweg über den Lukmanierpass habe die schwangere Herta manchmal absteigen müssen, da der Roller die Steigung nicht schaffte. «Das war eine schöne Zeit», sind sich beide einig und strahlen, als wäre es gestern gewesen.

Nach einem Stellenwechsel von Max Böni zu Georg Fischer zügelte die Familie 1964 mit ihren drei Söhnen nach Schaffhausen, wo das vierte Kind, eine Tochter, zur Welt kam. Max Böni arbeitete bei GF als Kernmacher und engagierte sich in der Betriebskommission und bei der Giesserei-Gewerkschaft für die Anliegen der Arbeiter. Als die Stahlgiesserei Anfang der 90er-Jahre geschlossen wurde, ging er in Pension. «Ich habe immer gern gearbeitet», sagt er. «Aber es war heiss und stickig, und das machte die Arbeiter durstig.» Viele hätten den Durst mit Alkohol gelöscht, er sei aber lieber beim Tee geblieben. Auch sei er nach der Arbeit immer mit dem Velo nach Hause auf den Geissberg gefahren, und am Wochenende habe er viel Sport getrieben. Wandern, Klettern, Skitouren. Zweimal war er auf dem Mont Blanc, einmal auf der Dufourspitze, dem höchsten Berg der Schweiz. «Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich noch so gut zwäg bin», meint Max Böni, der dieses Jahr seinen 90. Geburtstag feiert. Herta Böni liess es ruhiger angehen und arbeitete lieber im Schrebergarten, setzte sich mit Freiwilligenarbeit für andere ein und führte den Haushalt.

Wie man nach 65 Jahren noch immer eine glückliche Beziehung führt? «Man muss einander einfach vertrauen», ist Herta Böni überzeugt. «Bei Meinungsverschiedenheiten ist es wichtig, auch die andere Meinung gelten zu lassen und sich in den anderen einzufühlen.» Sie sind sich ­einig: «Man muss eine gewisse Streitkultur haben, miteinander reden und Sachen ausdiskutieren», fügt Max Böni an. «Das war uns auch bei den Kindern wichtig.»

Herta und Max Böni freuen sich darauf, den heutigen Tag mit der Familie zu feiern. Sogar der eine Sohn, der schon lange in Kanada lebt, ist gekommen. «Es ist schon verrückt, wie die Jahre vergehen», sagt Max Böni und lacht verschmitzt. Herta Böni nickt: «Man glaubt’s manchmal fast nicht.»

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