«Ausgestorbene Berufe in der Region»: Der Gasriecher

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Ein Beruf, bei dem man eine gute Nase brauchte: Der Gasriecher. Bild: Pixabay

In unserer Serie «Ausgestorbene Berufe» blicken wir auf Berufe, die es heute aus verschiedensten Gründen nicht mehr gibt. Heute: Der Gasriecher.

Irgendwann Anfang des 20. Jahrhunderts in der Vordergasse. Ein Mann mit abgewetztem Hut steht mit geschlossenen Augen an einer kleinen Röhre, die vor ihm in die Erde geht. In Sichtweite ist eine Strassenlaterne zu sehen. Unter ihm verläuft eine Gasleitung, die diese versorgt.

Er beugt sich runter - zu einem Riechrohr. Wie der Name sagt, wird diese Vorrichtung bei speziellen Bohrungen genutzt um Gaslecks zu erschnuppern. Es ist lang und unten abgedichtet, sodass das Gas nur durch das Riechrohr entweichen kann. Die kleine Vorrichtung am oberen Ende ist gross genug, dass der Mann seine ganze Nase hineinstecken kann.

Viel Verantwortung für gute Nasen

Die Arbeit eines Gasriechers klingt im ersten Moment banal. Wer sich für diese Profession entschlossen hatte, brauchte allem voran eine gute Nase. Eine Erkältung oder Rauchen, was die feinen Geruchsorgane schädigen könnte, war absolut katastrophal für diese Berufsgruppe.

Im Fall eines Falles mussten Gasriecher nämlich «erschnüffeln», ob sich in einer Leitung ein Gasleck befand. Wenn dem so war, lag es an ihnen, alle weiteren Schritte anzuweisen. Das konnte bis zur Räumung von Häusern und Strassen führen, bis das Leck beseitigt war. Der Ausdruck «Schnupperlehre» bekam bei diesem Job eine ganz neue Bedeutung.

Mit dem Einzug der Gaswerke in Schaffhausen wurde dieser Beruf in der Region immer wichtiger. So gab es 1895 bereits ein «Rohrnetz» mit einer «Gesamtlänge von 24,358 Meter», wie in den «Schaffhauser Nachrichten» von damals zu lesen ist. Da moderne Messgeräte wie heute damals noch reine Zukunftsmusik waren, blieb den Leuten nur, sich auf das Riechorgan des Gasriechers zu verlassen.

Aber was, wenn er sich nicht sicher war? Die Entscheidung eine Strasse aufzureissen um sich dann zu irren, war eine schwerwiegende Entscheidung, kostete das doch enorme Ressourcen und auch Geld. Aber auf der anderen Seite: Wenn es in einer Leitung wirklich ein Loch gab aus dem Gas ungehindert ausströmen konnte, reichte ein einziger Funke für eine Katastrophe. Das war der Preis des technischen Fortschrittes: Auf der einen Seite brachte diese Technik Wärme und Licht, auf der anderen Seite grosse Gefahren.

Spätestens nach dem 1. Oktober 1860, als das das Gaswerk im Lindli und das Leitungsnetz betriebsbereit waren, musste diese Frage immer wieder gestellt werden. Zu grösseren Katastrophen kam es zum Glück nie – wohl auch dank einiger Supernasen.

Hunde ersetzen den Menschen

Mit den Jahren wurde klar, dass selbst die feinste Menschennase es niemals mit der eines Hundes aufnehmen kann. So kamen später immer mehr Vierbeiner mit ihren feinen Geruchsorganen zum Einsatz - und damit war auch das Ende für den Beruf des Gasriechers besiegelt.

Der technische Fortschritt führte zudem dazu, dass immer moderne Methoden für die Gaserkennung entwickelt wurden. Heute kann die Technik selbst kleinste Mengen von Gas in der Luft feststellen – viel genauer, als es ein Hund oder ein Gasriecher jemals gekonnt hätten.

Und letztlich auch sicherer.

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