Wie viel darf ich als Mutter arbeiten?

Mia Raasch | 
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Berufstätige Mütter: Wie viel darf man als Mutter eigentlich arbeiten? Bild: Unsplash

Bevor ich ein Kind hatte, interessierte sich kaum jemand dafür, wie hoch mein Arbeitspensum ist. Und falls mich doch jemand einmal danach fragte, erwartete er oder sie ganz selbstverständlich die Antwort: 80 bis 100 Prozent. Warum sollte ich auch weniger arbeiten?

Seit ich ein Kind habe und «nur» 60 Prozent arbeite, wurde ich schon einige Male damit konfrontiert und musste mich für mein Pensum rechtfertigen.

«Warum sollte ich auch weniger arbeiten als 80 bis 100 Prozent?»

Vor kurzem war ich an einem Business-Lunch in einem ländlichen Kanton. Die Gesprächsthemen drehten sich hauptsächlich um Landwirtschaft, Pferdehaltung und ob dieses Jahr ein gutes Erntejahr wird. Ich als Kleinstadtkind konnte zu dem Gespräch wenig beitragen. Auf einmal richteten sich alle Augen auf mich und mir wurde die Frage gestellt, die wohl jede erwerbstätige Mutter kennt: «Wie viel Prozent arbeitest du mit Kleinkind?» Der «es allen recht machen wollende» Teil von mir fürchtet sich immer vor dieser Frage. Der andere Teil – der, der gerne provoziert – sehnt sich die Frage regelrecht herbei. Denn eins ist klar: Beim Thema, wie viel man als Mutter arbeiten soll, scheiden sich die Geister.

Und so war es auch dieses Mal. Als ich erklärte, dass ich 60 Prozent arbeite, wusste ich die Reaktion darauf schon, bevor ich den Satz zu Ende sprechen konnte: «Das ist aber ziemlich viel für eine Mutter.» Ähm, exgüsi?! Wie hat sich dieser Glaubenssatz bitte in unserer Gesellschaft etabliert? Diesen Satz höre ich von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Generationen: bei den Baby Boomers oder bei gleichaltrigen Müttern und Vätern. Wenn man als Mutter gar nicht arbeitet, ist man «nur» Hausfrau. Ein Pensum unter 60 Prozent ist vom Arbeitgeber oft unerwünscht, da es «sich ja nicht lohnt, so wenig zu arbeiten». Mehr als 60 Prozent zu arbeiten aber bedeutet, dass man sich als Mutter gar nicht dem Kind widmen und für das Kind da sein kann. Wie gesagt: Recht machen kann man es nie allen!

Wenn man als Mutter gar nicht arbeitet, ist man «nur» Hausfrau. Ein Pensum unter 60 Prozent ist vom Arbeitgeber oft unerwünscht, da es «sich ja nicht lohnt, so wenig zu arbeiten».

Ich muss sagen, ein bisschen stolz bin ich auf meine provokative und prompte Antwort: «Mein Mann hat ein 100-Prozent-Pensum. Ziemlich viel für einen Vater mit Kleinkind, finden Sie nicht?» Wer bestimmt denn, dass wir Mütter nur Teilzeit arbeiten dürfen und die Väter weiterhin ihrer Karriere nachgehen dürfen (oder müssen)? Immerhin sind es wir Frauen, die schon während der Schwangerschaft oft die Karriere hinten anstellen müssen. Wir sind es, die immer noch mehr Care-Arbeit leisten. Uns wird regelrecht die Energie aus dem Körper gesogen, solange wir stillen (pardon liebe Leserinnen und Leser, die bei diesem Thema peinlich berührt sind – aber die Natur wollte es so). Und glaubt mir: Ich will mich nicht beklagen, dass wir Mütter das alles auf uns nehmen müssen. Im Gegenteil, wir dürfen stolz darauf sein, was wir alles erreichen. So wie alle Väter, Kinderlose, Kinderlos-Glückliche, werdende Eltern und Grosseltern auch stolz auf sich sein dürfen. Eines ist aber klar: Ein Vater muss sich selten rechtfertigen, wenn er sich entscheidet, den Kindern zuliebe «nur» Teilzeit zu arbeiten. Können wir also bitte alle aufhören, uns ins Leben anderer einzumischen und einfach die Entscheidungen anderer akzeptieren!?

Wie haben meine Gegenüber aus dem ländlichen Kanton nun auf meine provozierende Antwort reagiert? Sie haben sie gefeiert! Und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Vielleicht konnte ich ihnen mit der Antwort einen Denkanstoss geben und sie dazu bringen, die Formulierung der Frage zu überdenken.

Lass mal hören: Wie gehst du damit um, wenn jemand dein Anstellungspensum kritisiert? Hinterlasse einen Kommentar oder schreib uns an flaschenpost@shn.ch.

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33 | Mama von einem 2.5-jährigen Sohn | durch und durch Sommerkind | Weisse-Sneaker-Loverin | Fotografin

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