Sonntagsverkauf: Sinnvolles Angebot oder Zumutung für das Verkaufspersonal?

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Vor den Festtagen ist es auch in Schaffhausen möglich an Sonntagen einzukaufen. Ist es legitim, oder sind diese Sonntage ­unnötiger Stress für das Verkaufs­personal?

Pro

Von Zeno Geisseler, Redaktor

Wer schon mal in einer Weltstadt wie London oder Schanghai war, kennt es: Auch an ­einem Sonntag sind die Läden offen, und sie sind voll. Einkaufen am siebten Tag der Woche entspricht offensichtlich einem Bedürfnis der Menschen. In der Schweiz wird auf dieses Bedürfnis aber keine Rücksicht genommen: Hier bestimmt das Recht, dass die Detailhändler sonntags geschlossen bleiben ­müssen. Im Kanton Schaffhausen steht das so im Ruhetagsgesetz. Nur wenige Ausnahmen sind ­möglich, so namentlich ein paar ­wenige Sonntagsverkäufe.

Eine solche Einschränkung ist überflüssig. Der Staat muss den privaten Unternehmen nicht vorschreiben, wann sie zu schliessen haben. Klar, die Gewerkschaften und Kirchen ­sehen das anders. Für sie ist der Sonntag heilig. Er sei ein Tag der ­Familie, und Sonntagsarbeit sei schädlich, argumentiert die «Sonntagsallianz», eine Vereinigung gegen die Sonntagsarbeit. Sie führe zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Magen-Darm- Störungen und selbst zu Problemen bei der Schwangerschaft. Mit Verlaub: Das ist Unsinn. Wenn dem so wäre, dann müssten Millionen von Schweizern krank sein. All jene nämlich, die jetzt schon sonntags arbeiten, als Ärzte und in der Pflege, als Polizisten, Lokführer und Busfahrer, als ­Piloten, Journalisten oder Landwirte, als Köche und im Service, als Taxifahrer oder in der Industrie und selbstverständlich auch als Pfarrer. Von Freiberuflern und Selbständig­erwerbenden, Schülern und Studenten ganz zu schweigen. Selbst im ­Detailhandel arbeiten viele sonntags, so etwa an Bahnhöfen und Flug­häfen oder in Tankstellenshops. ­Leiden sie alle darunter? Nein. Denn nicht Sonntagsarbeit per se ist schädlich, sondern arbeiten ohne Unterbruch. Selbstverständlich ­müssen auch jene, die sonntags arbeiten, eine Pause einlegen dürfen. Einfach an einem anderen Tag.

Sonntagsarbeit bietet Chancen, nicht nur für die Kunden und die Unternehmen, sondern auch für die Mitarbeitenden. Sonntagsarbeit wird besser bezahlt, Teilzeitangestellte erhalten bei der Planung ­ihrer Einsätze mehr Flexibilität, Vollzeitler können sich mit einem Sonntagseinsatz freie Zeit unter der Woche verdienen.

Das heisst nicht, dass jeder Betrieb am Sonntag geöffnet sein muss. Jede Geschäftsleitung muss es sich sehr gut überlegen, ob sich das lohnt. Aber eben: die Geschäftsleitung. Und die Kunden ihres Geschäfts. Nicht der Staat.

Contra

Von Maria Gerhard, Mitarbeiterin

Noch schnell am Sonntag Geschenke kaufen oder die Kaffeemaschine umtauschen: In der ­Regel geht das nicht, die Ladentüren sind an diesem Wochentag geschlossen. All das muss man in den Samstag packen, für Berufstätige der Tag der niemals enden wollenden To-do-Liste. Warum lässt man den Bürgern nicht die Freiheit, an Sonntagen ein­kaufen gehen zu dürfen?, fragen viele. Diese zwangsverordnete Ruhe sei eine Bevormundung durch den Staat. Umso grösser dürfte der Jubel bei den Konsumenten sein, bieten viele Schweizer Städte doch, auch Schaffhausen, mittlerweile in der Weihnachtszeit einen Sonntags­verkauf an. Sogar am 23. Dezember. Es gibt aber gute Gründe dafür, dass die Läden an den Sonntagen geschlossen bleiben. So braucht es einen Ruhetag in der Woche, der der Familie, Freunden oder rein sich selbst gewidmet sein sollte. Der Sonntag ist ein Tag zur Erholung. Das Argument, dass viele den Sonntag benötigen, um einzukaufen, gilt nicht. Das sagt auch die Gewerkschaft Unia: «Mit den verkaufsoffenen Sonntagen wird vor allem ein Bedürfnis konstruiert.» Die Leute würden nicht mehr konsumieren, es würde schlichtweg auf mehrere Tage verteilt. Wer darunter leidet? Die Arbeitnehmer in den Geschäften. Diese würden den Sonntag ­vielleicht lieber zu Hause mit ihrer Familie ­verbringen, statt im Weihnachtstrubel umherzuflitzen, um Kundenwünschen nachzujagen. Aber auch für die Arbeitgeber ­ergibt sich nicht generell ein Mehr. ­Längere Öffnungszeiten bedeuten ­zunächst einmal mehr Kosten: für Strom, Heizung, aber auch für das Personal, das Nikolause und ­Panettone nachbestellt, in den ­Regalen einsortiert und an der Kasse abrechnet. Eine Studie von Wirtschaftswissenschaftlern der Credit Suisse hat vor einigen Jahren am Beispiel der Stadt ­Lausanne nachgewiesen: Längere Öffnungszeiten führen zwar dazu, dass Einzelhändler am Monatsende etwas mehr Geld im Portemonnaie haben, die dadurch entstandenen Kosten ­fressen den Umsatzgewinn jedoch fast komplett wieder auf. In Zeiten des Internets, das immer geöffnet ist, haben es Ladenbesitzer wahrlich nicht leicht. Auch sie wollen ihr Stück vom Kuchen abhaben. Aber im Hinblick auf die Arbeit­nehmer muss dies mit Bedacht geschehen. Es nützt schliesslich niemandem, wenn sich diese unter der Woche die Beine in den Bauch stehen, weil der Kunde gesättigt ist und auf der Arbeit weilt. Am Ende werden noch Arbeitsschichten gestrichen.

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