Hablützel schiesst jeden Monat privates Geld ein

Iris Fontana | 
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Das Ticiland: Eine Herzensangelegenheit für Gründer Peter Hablützel. Archivbild: Melanie Duchene

Peter Hablützel setzt in Stein am Rhein seinen Traum von einem Freizeitpark um und betreibt seit drei Jahren das Ticiland. Corona hat das Unternehmen massiv zurückgeworfen – für eine grosse Expansion muss zuerst weiteres Kapital generiert werden. Trotzdem ist Hablützel zuversichtlich und glaubt an den Erfolg. Im Interview mit dem Zahltag spricht er offen über Schwierigkeiten, veränderte Besuchergewohnheiten und Zukunftspläne. Das grösste Problem: Das Ticiland ist zu wenig bekannt.

Vom Ticiland haben wir lange nichts gehört: Wie läuft es?

Peter Hablützel: Mit dem Geschäftsverlauf sind wir, den Umständen entsprechend, sehr zufrieden. Da wir kurz vor Corona unsere Eröffnung hatten, waren unsere ganzen Werbeausgaben in den Sand gesetzt. So sind wir bis heute noch unterfinanziert in Bezug auf Werbung und Bekanntheit. Diese katastrophale Situation führte dazu, dass wir unsere budgetierten Zahlen im ersten Jahr nicht erreichen konnten. Wir starteten mit 30'000 Besuchern und konnten bislang jährlich um rund 15 Prozent wachsen – umsatzmässig gar überproportional, um rund 20 Prozent. Wir können viele Geburtstagsevents abhalten, was für die Gastronomie sehr interessant ist.

Wie bewährt sich der Standort Stein am Rhein?

Hablützel: Wir spüren stark, dass wir in einer Randregion zuhause sind. So haben wir kaum Besucher aus Süddeutschland, weil wir einfach zu teuer sind. Das ist eine grosse Einbusse. Unsere Besucher kommen zu rund 70 Prozent aus Zürich, dem Aargau und der Ostschweiz – also mit Minimum einer Stunde Anfahrtsweg.

Wie läuft Ihr Wintergeschäft? Es ist ja ziemlich speziell, dass ein Freizeitpark im Winter offen hat...

Hablützel: Wir spüren eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Tennis: Wenn es kälter wird, wollen alle rein, wenn die ersten Sonnenstrahlen kommen, wieder raus. Da die Kinder aber immer auch draussen sein möchten, ist es uns im Winter nicht möglich, den Outdoor-Bereich zu schliessen. Dies wiederum hat zur Folge, dass wir die Schlechtwettertage stark spüren, da die Eltern trotz des Innenbereichs immer auch auf das Wetter schauen. Trotzdem geben die beiden unterschiedlichen Bereiche Planungssicherheit. So können unsere Besucher beispielsweise bei grosser Sommerhitze in den klimatisierten Innenbereich wechseln.

Wie zeigt sich das zahlenmässig?

Hablützel: Das Sommergeschäft liegt immer noch 15 bis 20 Prozent über dem Wintergeschäft. Aber allgemein gilt: Das Konsumverhalten in einem Freizeitpark hat sich nach Corona verändert. Wir können keine klaren Spitzentage mehr voraussagen. So hatten wir letztes Jahr an Auffahrt mehr Besucher, dafür dieses Jahr einen höheren Pro/Kopf-Umsatz. Es gibt kein klar erkennbares Verhaltensmuster der Besucher mehr.

Sind neue Attraktionen geplant?

Hablützel: Im Moment verdauen wir immer noch den Verlust unserer ersten beiden Coronajahre. Aber man darf nicht stehenbleiben, darum haben wir im ersten Jahr den Indoorbereich trotz des grossen Minus durch eine Aussenanlage erweitert. Auch dieses Jahr gab es eine Neuheit, unsere Outdoor-Wellenrutsche. Für die Zukunft steht ein Bauplatz bereit, wo wir weiter expandieren können, wenn es die Finanzen erlauben.

Wann wird es soweit sein?

Hablützel: Um expandieren zu können, muss Kapital vorhanden sein. Bisher muss ich jeden Monat privates Kapital einschiessen, da der Betrieb noch nicht vollumfänglich selbsttragend ist. Aber natürlich kann das nicht ewig so weitergehen. Deshalb ist die Bekanntheit eminent wichtig und da haben wir, wie erwähnt, noch grossen Bedarf. Wir bleiben zuversichtlich.

Ein hartes Business also…

Hablützel: Ja, insbesondere ist die Konkurrenz zu Freizeitpärken in der deutschen Nachbarschaft sehr hart. Ausserdem muss das Besucherwachstum und die Anzahl Attraktionen gleichzeitig wachsen, sonst stimmt die Balance nicht mehr. Die Bereitschaft, einmal ein paar Minuten anzustehen, ist insbesondere in der Schweiz sehr tief.

Peter Hablützel und die Geschichte hinter dem Ticiland

Peter Hablützel, Ticiland

Wie Peter Hablützel berichtet, lebte er bis zur dritten Klasse in Neuhausen, bevor die Familie an den Zürichsee zog. Während seines Internataufenthalts absolvierte er die Handelsschule und stieg dann zuerst in den elterlichen Karussell-Betrieb ein, bevor er sich mit 25 Jahren selbständig machte. Bald hörte er jedoch auf mit der konventionellen Schaustellerei und spezialisierte sich auf Langzeitveranstaltungen, unter anderem betrieb er das grösste transportable Riesenrad der Welt, welches er in Beringen zwischenlagerte und unterhielt. Daneben baute er als Generalunternehmen Karusselle. 1998 gründete Hablützel mit namhaften Unternehmern eine Gesellschaft, mit der er im Luzernischen einen Freizeitpark eröffnen wollte. Allerdings stiessen sie gemäss seiner Aussage auf zu viel Opposition auf Seiten der Bevölkerung und begruben das Projekt wieder. So blieb Hablützel bis vor zehn Jahren in der Schaustellerei tätig und lebte dann, nach dem Verkauf seiner Firma, mit seiner Familie ein paar Jahre auf Mallorca. Nur das Leben zu geniessen, befand er dann allerdings als zu langweilig und wünschte sich nochmals eine Herausforderung. Es trieb ihn, ein Erbe zu erschaffen, das er zurücklassen kann. So griff er vor fünf Jahren, im Alter von 65, das Freizeitpark-Projekt wieder auf, holte aber aufgrund seines Alters einen jungen Partner mit ins Boot. Vergleichbar mit der Landwirtschaft hat ein Schausteller wie auch ein Firmengründer keine Ferien. So ist Hablützel auch heute noch 6,5 Tage die Woche für das Ticiland im Einsatz – definitiv ein Herzens- und kein Kopfprojekt also. Er lebt in Beringen und geplant ist, dass er seinen Teil des Unternehmens seiner Tochter übergibt, wenn die Startphase überwunden ist.

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