Warum die Immobilienpreise in Schaffhausen tief sind

Iris Fontana | 
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Schaffhausen hat im Schweizer Vergleich tiefe Wohneigentumspreise. Grafik: Wüest Partner

Der Bericht «Immo Monitoring» 2023 von Wüest Partner zeigt: In Schaffhausen sind die Preise für Wohneigentum im schweizweiten Vergleich tief. Wir gehen mit Studienautor Robert Weinert auf Ursachenforschung und wagen eine Prognose für die künftige Preisentwicklung.

In der Schweiz ist bekanntlich alles von Kanton zu Kanton verschieden. Diese Grundregel gilt auch für die Preise von Wohneigentum. Das renommierte Immobilien-Dienstleistungsunternehmen Wüest Partner hat für den Zeitraum von 1985 bis 2021 für das ganze Land die Preisentwicklungen untersucht und dabei überprüft, wie sich Markt- und Fundamentalbewertung unterscheiden. Wo also eine Immobilienblase lauert und wo nicht (siehe Box). Im Vergleich der Kantone zeigt sich ein spannendes Bild – und Schaffhausen spielt in der Betrachtung eine wichtige Rolle.

Tiefere Steigerungsraten

Die höchste Überbewertung von Einfamilienhäusern findet sich beispielsweise im Kanton Appenzell Innerrhoden, während die Marktwerte etwa in Basel-Stadt eher zu tief liegen. Bei den Eigentumswohnungen führt Genf die Spitze bei der Bewertung an, Schaffhausen bildet mit Appenzell Ausserrhoden das Schlusslicht und gilt als am stärksten unterbewertet. Warum ist das so?

Robert Weinert: Im Kanton Schaffhausen hat sich die Wirtschaft grundsätzlich sehr ähnlich wie im Schweizer Schnitt entwickelt. Die Bevölkerungszahlen haben allerdings unterdurchschnittlich zugenommen. Auch der Anstieg der Wohneigentumspreise lag seit 1985 unter dem Schweizer Schnitt: Die Preise für Eigentumswohnungen nahmen in Schaffhausen um 115 Prozent, im Schweizer Schnitt um 152 Prozent zu. Bei den Einfamilienhäusern präsentiert sich ein ganz ähnliches Bild: Schaffhausen verzeichnete eine Zunahme von 114 Prozent, schweizweit lag diese bei 150 Prozent.

Robert Weinert von Wüest Partner. Bild: ZVG
Robert Weinert von Wüest Partner. Bild: ZVG

 

Zinsanstieg mit weniger Einfluss

Aufgrund der aktuellen Veränderung der Zinslage stellt sich nun die Frage, in welchen Kantonen diese besonders stark spürbar werden. Der Bericht von Wüest Partner prognostiziert, dass sich bei Einfamilienhäusern die steigenden Zinsen besonders stark in Genf bemerkbar machen dürften. Auch bei den Eigentumswohnungen liegen die Spitzenreiter mit Genf, Neuenburg und Waadt in der Westschweiz. Und wie lautet die Einschätzung für den Kanton Schaffhausen?

Robert Weinert: Die Zinsanstiege dürften im Kanton Schaffhausen einen weniger starken Einfluss auf die Preisentwicklungen für Wohneigentum haben als im Schweizer Schnitt. So nimmt die Preisveränderung bei Schaffhauser Einfamilienhäusern um 0.6 Prozentpunkte ab, wenn die Hypothekarzinsen um ein Prozentpunkt steigen (Schweizer Schnitt: -0.72 Prozentpunkte). Bei den Eigentumswohnungen wirkt sich ein Zinsanstieg von einem Prozentpunkt mit -0.59 Prozentpunkten aus (Schweizer Schnitt: -0.67 Prozentpunkte).

Auf das passende Objekt kommt es an

Bleibt die Frage, was das nun alles für den Otto-Normalimmobilienbesitzer oder die, die es noch werden wollen, bedeutet.

Robert Weinert: Bei einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung ist bei Wohneigentum kein Preiszerfall zu erwarten. Allerdings liegen die Finanzierungskosten nun deutlich höher als noch vor einem Jahr. Je nach Haushaltsbudget und nach Lebensziel (beispielsweise längerfristiges Wohnen in den eigenen vier Wänden) kann der Kauf von Wohneigentum aber auch zum jetzigen Zeitpunkt Sinn machen, wenn man das passende Objekt gefunden hat.

Dr. oec. HSG Robert Weinert ist Leiter Immo-Monitoring bei Wüest Partner. Co-Autorin der Studie ist Dr. Corinne Dubois, Senior Researcher.

Der Blase auf der Spur

Seit 2003 sind die Preise für Einfamilienhäuser in der Schweiz jährlich angestiegen. Ähnlich sieht es bei den Eigentumswohnungen aus. Nur gerade 2016 und 2017 kam es hier zu einer leichten Preiskorrektur. Die Frage stellt sich, ob die Preisanstiege aufgrund wirtschaftlicher Entwicklungen gerechtfertigt sind oder ob eine Immobilienblase vorliegt. Und natürlich interessiert insbesondere: Wie entwickeln sich die Preise in der Zukunft? Diesen Fragen geht der Bericht «Immo Monitoring 2023» nach.

Um die Fragen zu beantworten, erarbeitete das renommierte Immobilien-Dienstleistungsunternehmen Wüest Partner eine Studie zu den fundamentalen Grössen des Preiswachstums bei Wohneigentum. Das Unternehmen analysierte dazu die Preisentwicklung von Wohneigentum auf Grundlage eines eigens entwickelten Modells. Dieses ermöglicht es, zu untersuchen, ob die letztjährigen gesamtschweizerischen Preisentwicklungen wirtschaftlich begründbar waren. Zudem lassen sich damit Preisabweichungen von Fundamentalwerten auf kantonaler Ebene erkennen und die künftige Preisentwicklung in verschiedenen Szenarien simulieren.

Entwicklung von 1985 bis 2021

Grundsätzlich muss zwischen dem Marktwert und dem Fundamentalwert unterschieden werden. Denn Marktwerte können unabhängig von den wirtschaftlichen Fundamentaldaten steigen. Ist dies der Fall, entsteht eine sogenannte Blase. Dass das Platzen solcher Immobilienblasen weltweit dramatische Effekte haben kann, führte uns die Finanzkrise im Jahr 2008 vor Augen.

Im Rahmen der Studie analysierten die Spezialisten die kantonalen Preisentwicklungen von 1985 bis 2021, um Über- oder Unterbewertungen von Marktwerten im Vergleich zu ihrem fundamentalen Wert abschätzen zu können. Zudem konnten sie damit die Rolle der Zinssätze beim Preiswachstum bestimmen, was wiederum die Preisentwicklungsprognosen in verschiedenen Szenarien ermöglichte.

Der Studie zugrunde liegen Preisveränderungen für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen sowie folgende sechs Variablen zur Bestimmung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten: Bevölkerung, reale Entwicklung des Bruttoinlandprodukts (BIP), Arbeitslosenquote, Inflation, Hypothekarzinsen, Wohnungsleerstand.

Warum es teurer oder günstiger wird

Die Studie kommt zu folgendem Schluss: Einen positiven beziehungsweise verteuernden Preiseffekt haben das Bevölkerungswachstum, die reale BIP-Entwicklung und die Inflation. Dagegen wirken sich Arbeitslosigkeit, Hypothekarzinsen und Leerstand negativ aus. Weiter zeigt sich, dass die Preise für Einfamilienhäuser besonders stark von der Wirtschaftsentwicklung abhängig sind. Eigentumswohnungen weisen dagegen eine höhere Sensitivität gegenüber der Bevölkerungsentwicklung auf. Der Effekt auf die Hypothekarzinsentwicklung ist in beiden Segmenten ähnlich. Dabei sind die Preise für Einfamilienhäuser stärker in den Fundamentaldaten verankert, während sich diejenigen für Eigentumswohnungen volatiler entwickeln und offensichtlich stärker auf subjektive Erwartungen reagieren. So ist es vorstellbar, dass sich in Zeiten steigender Preise mehr Personen für den Kauf einer Wohnung statt eines Hauses entscheiden, da Häuser schlicht unerschwinglich geworden sind.

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