Gastgewerbe hat Nachwuchssorgen

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Im Gastgewerbe ist die Fluktuation hin zu anderen Berufen hoch. Bild: Key

Nicht wenige Gastro-Lehrlinge möchten nach dem Abschluss die Branche wechseln.

von Rainer Rickenbach

Nicht einmal jeder dritte Gastronomie-Lernende ist sich sicher, ob er nach dem Lehrabschluss seinem Beruf treu bleibt. Nur 30 Prozent der Lehrlinge haben die Absicht, ihren Beruf weiter auszuüben. Weitere 24 Prozent geben an, «eher» im Gastgewerbe zu bleiben. Für fast jeden Fünften kommt das eher nicht oder überhaupt nicht in Frage. Der Rest hat sich darüber noch keine Gedanken gemacht.

Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Marktforschungsunternehmen GfK im Auftrag des Gastgewerbe-Berufsverbandes Hotel- und Gastrounion bei knapp 5700 Berufsnachwuchsleuten in der Schweiz durchgeführt hat. Befragt wurden angehende Köche, Bäcker, Confiseure, Hauswirtschaftler und Restaurationsfachleute.

Ausbildner findet es frustrierend

Max Züst, Direktor der Ausbildungsstätte «Hotel und Gastro formation» in Weggis, bezeichnet das Umfrage-Ergebnis als «frustrierend». Zumal die Zahl der Lernenden ohnehin seit Jahren rückläufig ist: Besuchten vor sieben Jahren insgesamt 14 343 Lehrlinge die Berufsschulen für Gastro- und Bäckereifachleute, waren es im vergangenen Jahr noch 12 006. Wenn ein schöner Teil der Ausgebildeten später in andere Berufe abwandere, komme das einer Investition ohne Nutzen gleich, sagt Züst. «Die Branche bildet Lernende aus, diese verlassen aber die Branche.»

Arbeitszeiten und tiefer Lohn werden oft als Begründung für den Ausstieg angegeben. Die Branche muss sich darüber Gedanken machen, wie sie mehr attraktive Arbeitsplätze anbieten kann», sagt Züst. Es geht dabei nicht so sehr um die Lehrlingslöhne. Die be­wegen sich mit monatlich 1020 bis 1550 Franken auf respektablem Niveau. Auch der Mindestlohn von monatlich 4210 Franken für Fachleute braucht den Vergleich mit andern Branchen nicht zu scheuen.

Die zu erwartende Salärentwick­lung nach den ersten paar Berufsjahren aber gilt in kaufmännischen oder technischen Berufen als besser. Bei Arbeitszeiten, die sich nach den Gepflogenheiten der Mehrheit richten. «Daran lässt sich nichts ändern. Die Essenzeiten fallen nun einmal auf Tagesabschnitte, in der die meisten freihaben», sagt Roger Lütolf, Sprecher von Hotel- und Gastro Union.

Die Befindlichkeit ist von Beruf zu Beruf durchaus unterschiedlich. So ist bei den Bäcker-Lehrlingen die Loya­lität zum gewählten Beruf deutlich ­höher als etwa bei den jungen Köchen. Auch die angehenden Restaurationsfachleute können sich ein Erwerbs­leben im angestammten Beruf besser vorstellen.

Neue Blickwinkel hervorheben

Über alle Berufe hinweg betrachtet fühlt sich auch die grosse Mehrheit der Lehrlinge am Arbeitsplatz wohl. Sie ­bewerten zwischenmenschliches Klima, fachliche Qualifikation der Ausbildungsverantwortlichen und die Zeit, die Betriebe für ihre Ausbildung nehmen mit recht guten Noten. Handkehrum machen Entwicklungen in der Branche deutlich, dass vor allem die Arbeits­zeiten zum personellen Aderlass führen. Köche wechseln etwa von Restaurants in Spitäler und Pflegeheime, wo nicht bis abends um 10 Uhr die Kochkelle geschwungen wird. Lütolf: «Sobald die eigene Familienplanung aktuell wird, beginnen sie sich Gedanken zu machen.»

Um für Schulabgänger attraktiver zu werden, müsse die Branche ihnen neue Blickwinkel abseits von unüb­lichen Arbeitszeiten und Lohnaussichten vermitteln. «Gastro-Fachleute können zum Beispiel problemlos auf der ganzen Welt arbeiten und sich auch leichter selbstständig machen», so ­Lütolf.

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