Syrien: Rebellen übernehmen Damaskus – Assad offenbar in Moskau

Rebellen haben in Syrien die Macht übernommen. Der gestürzte Baschar al-Assad soll sich in Moskau aufhalten. Die Rebellen haben angekündigt, die Macht friedlich übernehmen zu wollen.
Syrische Rebellen haben eigenen Angaben zufolge die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen. Machthaber Baschar al-Assad verliess die Hauptstadt am frühen Morgen, meldete unter anderem die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf syrische Offiziere in Damaskus.
Nach der Flucht Assads verkündeten die Rebellen im Staatsfernsehen den Sturz der Regierung. In den sozialen Medien teilten sie mit: «Der Tyrann Baschar al-Assad ist geflohen. Wir verkünden, dass die Hauptstadt Damaskus [von ihm] befreit wurde.» Und: «Ein freies Syrien erwartet euch», sagten die Rebellen an die Adresse von Millionen Menschen, die vom Krieg geflüchtet waren.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Rebellen kündigten an, die Macht friedlich übernehmen zu wollen und versprachen freie Wahlen. Den Rebellen sei es verboten, sich den öffentlichen Einrichtungen zu nähern oder diese anzugreifen. Sie sollen bis zur Machtübergabe unter Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten bleiben, so der Rebellenführer Abu Mohammed al-Dschulani.
Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali will eigenen Angaben zufolge im Land bleiben und kooperieren. «Wir sind bereit, [die Macht] an die gewählte Führung zu übergeben», sagte der Ministerpräsident in einem Video. Und weiter: «Wir sind bereit, sogar mit der Opposition zusammenzuarbeiten.»
Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf syrische Militärkreise berichtet, hat die syrische Armee ihre Soldaten ausser Dienst gestellt. Diese sollen vorerst zu Hause bleiben.
Assad offenbar in Moskau gelandet
Erst war der Aufenthaltsort von Assad unklar. Er soll mit dem Flugzeug geflohen sein. Dem Sender Al Jazeera zufolge hätte sich am Sonntagmorgen nur ein einziges Flugzeug im Syrischen Luftraum befunden: eine russische Maschine mit der Flugnummer SYR9218. Diese flog von Damaskus aus in Richtung Nordwesten und kreiste danach über der Stadt Homs. Da das Flugzeug dort vom Flugradar verschwand, wurde gemutmasst, ob die Maschine abgestürzt sei. Zwei syrische Quellen meldeten der Nachrichtenagentur Reuters, dass Assad wahrscheinlich bei einem Flugzeugabsturz umkam.
Das Russische Aussenministerium hat am Sonntagmittwoch bestätigt, dass Assad sein Amt niedergelegt und das Land verlassen haben soll. Am Sonntagabend dann meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax allerdings, dass Assad in Moskau gelandet sein soll. Russland habe ihm und seiner Familie «aus humanitären Gründen Asyl gewährt», wird eine nicht näher genannte Quelle aus dem Kreml zitiert.
So fallen die internationalen Reaktionen aus
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA gab auf X bekannt, dass es die Situation nach den jüngsten Entwicklungen aufmerksam verfolge und appelliert an die Beteiligten: «Die Schweiz fordert alle Parteien auf, die Zivilbevölkerung zu schützen, das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte zu achten sowie sich für Frieden und Versöhnung einzusetzen.»
#Syrien | Die 🇨🇭 verfolgt die Situation nach den jüngsten Entwicklungen aufmerksam.
— EDA - DFAE (@EDA_DFAE) December 8, 2024
Die #Schweiz fordert alle Parteien auf, die Zivilbevölkerung zu schützen, das humanitäre Völkerrecht und die #Menschenrechte zu achten sowie sich für #Frieden & #Versöhnung einzusetzen.
Das Weisse Haus liess verkünden: «Präsident Biden und sein Team verfolgen die aussergewöhnlichen Ereignisse in Syrien genau und stehen in ständigem Kontakt mit regionalen Partnern.»
Auch der gewählte US-Präsident Donald Trump gab eine Stellungnahme ab. Am Samstag schrieb er auf X: «Syrien ist ein Schlamassel, aber es ist nicht unser Freund, und die Vereinigten Staaten sollten nichts damit zu tun haben. Das ist nicht unser Kampf. Lasst es sich ausspielen. Mischt nicht mit!»
Opposition fighters in Syria, in an unprecedented move, have totally taken over numerous cities, in a highly coordinated offensive, and are now on the outskirts of Damascus, obviously preparing to make a very big move toward taking out Assad. Russia, because they are so tied up…
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 7, 2024
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Otto Pedersen, sagt, es sei wichtig, dass man einen politischen Weg aus dieser Situation finde. «Und dieser politische Weg muss ganz anders aussehen als bisher, es muss ein Prozess sein, der alle einschliesst und bei dem wir uns wirklich auf die Notwendigkeit von Einheit und Stabilität konzentrieren, damit Syrien seine Souveränität und sein Territorium wiederherstellen kann. Es gibt viele Wunden, die geheilt werden müssen», zitiert ihn Al Jazeera.
Auch aus den Nachbarländern Syriens gibt es Reaktionen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb auf X: «Das ist ein historischer Tag für den Nahen Osten. Der Zusammenbruch des Assad-Regimes, der Tyrannei in Damaskus, bietet große Chancen, ist aber auch mit erheblichen Gefahren verbunden.» Derweil haben die Israelischen Streitkräfte Soldaten in die besetzten Golanhöhen geschickt. Medienberichten zufolge sind israelische Panzer vor Ort. Die Armee betont in den Sozialen Medien, dass sie sich nicht in innere Angelegenheiten Syriens einmischen werde.
This is a historic day for the Middle East. The collapse of the Assad regime, the tyranny in Damascus, offers great opportunity but also is fraught with significant dangers.
— Benjamin Netanyahu - בנימין נתניהו (@netanyahu) December 8, 2024
We send a hand of peace to all those beyond our border in Syria: to the Druze, to the Kurds, to the… pic.twitter.com/yJZE3AZZJn
Der türkische Aussenminister Hakan Fidan hielt am Sonntag eine Pressekonferenz zur Situation ab. Die neue syrische Regierung soll offen für alle politischen Parteien sein, so sein Credo. Auf Nachfrage eines anwesenden Journalisten konkretisierte er, dass die Türkei mit PKK-nahen Kräften nicht zusammenarbeiten werde. Gemeint damit sind die kurdischen Milizen, die Gebiete im Nordosten des Landes kontrollieren.
Der Irak hat als Reaktion auf die Geschehnisse die Grenze zum Nachbarland geschlossen. Die libanesische Armee erklärte gemäss dem Sender Al Jazeera, dass sie ihre Präsenz an der Grenze «angesichts der rasanten Entwicklungen und der heiklen Lage» verstärkt habe.