Wenn ein Lebenstraum wahr wird

Schaffhauser Nachrichten | 
Noch keine Kommentare

Anthony Horst Zwahlen hat wohl das grösste Abenteuer seines Lebens erlebt. Zusammen mit dem Mexikaner Juan Carlos Peralta ist er die 3600 Kilometer lange Carrera Panamericana mit einem Alfa Romeo GTAm gefahren. Am Ende wurden die Rookies Zweite in ihrer Klasse.

von Daniel F. Koch

Das was der Schaffhauser Anthony Zwahlen vor wenigen Tagen erlebt hat, könnte wohl ein Buch füllen. Würde man einen Spannungsbogen erstellen, wären die einzelnen Kapitel durchgängig mit vielen bemerkenswerten Geschichten zu füllen. Doch zum Anfang der Geschichte. Da ist ein Mensch, der aus einer Motorsportbegeisterten Familie stammt. Sein Vater Horst D. Zwahlen war ein bekannter Geschäftsmann in der Automobilszene der Region. Die Firma Auto-Zwahlen war Porsche-Händler mit Sitz in Löhningen. Später gründete die Familie die Firma «Boxen-Stopp» in Trasadingen direkt vor der Zollstation. Überall drehte sich alles um Autos. «Ich habe schon als kleiner Junge die Porsche-Sportwagen schätzen und lieben gelernt», lacht Anthony Zwahlen. Diese Begeisterung für schöne Autos hat Zwahlen auch beruflich beeinflusst. Nach einer Ausbildung zum Automechaniker wurde er Experte für Automobile und landete später beim Kanton Thurgau, wo er bis im Juni dieses Jahres im Strassenverkehrsamt gearbeitet hat. Danach realisierte Anthony Zwahlen einen lange gehegten Traum und machte sich selbständig. Heute ist er weltweit als Fachmann von seltenen und teuren Autos tätig.

Das Projekt wird geboren

Ab hier würde das nächste Kapitel im Zwahlen-Abenteuer beginnen. Denn über seine Arbeit als Unternehmer lernte er einen Kunden kennen aus Mexiko. Der suchte einen Sportwagen, genauer einen Alfa Romeo. Und Anthony Zwahlen konnte ihm diesen besorgen. Dabei handelte es sich um einen sehr seltenen Alfa Romeo GTAm 2000 ccm. Aufgrund seiner Beziehungen zum Schweizer Alfa-Spezialisten Kurt Vogel konnte Zwahlen nicht nur einen Nachbau (auf Rallye Betrieb angepasst) des Wagen finden, von dem nur 40 Stück produziert wurden, sondern es wurde auch die Idee geboren, mit dem Oldtimer an der Carrera Panamericana teilzunehmen. Der Geschäftspartner aus Mexiko engagierte sich für das Projekt. Die nötigen Mittel dazu hatte er ja. Und so konnte der Schaffhauser Toni Zwahlen ein wohl einmaliges Abenteuer initiieren und erleben.

Es folgte die Teilnahme an der legendären Carrera Panamericana. Das ist nicht nur das berühmteste Autorennen quer durch Mexiko, sondern zählt auch zu den härtesten Veranstaltungen im Motorsport. Für Insider ist die Panamericana eines der letzten grossen Abenteuer im Motorsport. Allerdings ist die Strecke wesentlich kürzer. «Der Aufwand sowohl im logistischen Bereich, wie die Anforderungen an unsere Physis und Psyche, waren wirklich sehr gross», sagt Zwahlen. Gefahren wurden sieben Etappen, die im Süden in Oaxaca starteten und im Norden in Saltillo endeten. Dabei legten die Rallye-Teilnehmer über 3600 Kilometer zurück. Die Strecke führte durch das ganze Land über Berge durch Täler und bemerkenswert schöne Vegetation.

Anthony Horst Zwahlen, Automobilsportler
«Wir wurden gefeiert wie Popstars.»

Anthony Horst Zwahlen, Automobilsportler

Jeweils morgens um 6 Uhr erfolgte der Startschuss zu den einzelnen Etappen. Aufgrund der Popularität des Rennens waren an der Strecke jede Menge Zuschauer. «In den grossen Städten wie Mexiko City hatte unser Erscheinen den Stellenwert eines Volksfestes», erzählt Anthony Zwahlen, der schon im Vorfeld das Design des Rennwagens entwarf und auch die Rennanzüge der Piloten des neu gegründeten Teams «Peralta Racing Team» entwarf. «Wir wurden gefeiert wie Popstars», ein Erlebnis für den einzigen Schweizer Teilnehmer an diesem berühmten Rennen, das sehr beeindruckend war. Autogramme geben und für Selfies posieren, war Alltag für die sportlichen Autofahrer. «Ich habe mir für jeden jungen Fan Zeit genommen, um ihm ein Autogramm zu geben und etwas persönliches auf unseren Aufkleber zu schreiben», erzählt der Schaffhauser.

Der Etappen- und Wegeplan der Carrera Panamericana. Karte: zVg

Ein Glücksgriff war für Zwahlen auch das Zusammenspiel mit seinem Piloten Juan Carlos Peralta. Der entstammt einer einflussreichen Familie in Mexiko, und führt als Unternehmer mehrere grosse Firmen. An der Rallye nahm er zum ersten Mal teil. «Man lernt sich bei solchen Anlässen sehr sehr gut kennen. Bei den kleinsten Ungereimtheiten wirkt sich das sofort auf das Resultat aus. Das Rennen hat uns zu Freunden zusammen geschweisst», sagt Toni Zwahlen. Auch sonst fiel dem Europäer auf, dass den Konkurrenten auf der Rennstrecke viel wert war ein sehr gutes Miteinander zu haben. Einmal flogen zwei Piloten von der Strecke. Als sie am Abend dann unverletzt im Etappenziel ankamen, wurden sie von allen anderen Fahrern im Ziel sehr herzlich gefeiert. «Ich finde es beeindruckend wie viel Freude aufkam, dass es den Verunfallten gut ging», staunte Zwahlen.

Blindes Verständnis

Je länger das Duo Peralta/Zwahlen unterwegs war, desto blinder verstanden sich Pilot und Co-Pilot Zwahlen. Dessen Aufgabe war es sich akribisch auf jede Etappe vorzubereiten. «Stundenlang habe ich die Streckenpläne studiert und mir versucht alles zu merken, was relevant für eine gute Fahrt war», berichtet er. Zum Glück hatte er mit dem Rallye-Weltmeister und Race of Champions Gewinner Benito Guerra einen Routinier zur Hand, der ihn vor jeder Etappe gebrieft und ihm wertvolle Tipps gegeben hat. Und so kam es, dass die Rookies Peralta/Zwahlen von Beginn weg vorne mitgefahren sind.

Audio
Radio Munot im Gespräch mit Anthony Horst Zwahlen.

«Wir standen jeden Tag auf dem Podest», erzählt Zwahlen. Drei dritte Plätze, einen Zweiten und zwei erste Plätze lautete die Bilanz. Doch einmal gab es keine Klassierung, weil ihr Alfa einen Getriebeschaden hatte. Das sorgte dafür, dass am Ende für die Alfa-Piloten nicht der Kategoriensieg heraussprang. «Das war zwar schade, aber auch unser zweiter Platz in der Klasse Historica A+ war für uns Newcomer eine grosse Freude», sagt Zwahlen über das Schlussresultat an der Carrera Panamericana. «Das war deshalb zum staunen, weil unser Ziel vor dem Start lautete: „Einfach ankommen». Das hatte das Team geschafft und war sehr dankbar dass alles so gut gelaufen ist. Darum ist es verständlich, dass sich Peralta/Zwahlen entschlossen, auch im Jahr 2022 an der nächsten Carrera Panamericana zu starten. Die Chemie im Team mit allen Helfern und Mechanikern stimmt, und das Ziel liegt auf der Hand. «Bei der nächsten Teilnahme haben wir gute Chancen ganz vorne mitzufahren», so Zwahlen.

Geschichte der Rallye

Die Carrera Panamericana hat eine lange Geschichte. Ursprünglich gegründet nachdem die Strecke Feuerland nach Alaska fertiggestellt wurde, war das Rennen Anfang der 50ziger Jahre eine der grössten Rallye. Erst von den Amerikanern dominiert, prägten dann die Europäer mit ihren Ferraris, Porsches und Mercedes das Rennen. Der Name «Porsche Carrera» kommt übrigens von einem Klassensieg des bekannten deutschen Rennfahrers Hans Herrmann im Porsche 550 Spyder. Danach wurden alle erfolgreiche Modelle «Carrera» genannt. Mitte der 50-ziger Jahre wurde der Panamericana wegen zu vieler schwerer Unfälle beendet. 34 Jahre später wurde das berühmteste Autorennen von Mexiko wieder­belebt und ist heute das bedeutendsten Rennen in Mexiko mit Volksfestcharakter.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren