Maskenpflicht: Vater blitzt vor Gericht ab

Roland Müller | 
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Lange galt an Schweizer Primarschulen (wie hier in Stein am Rhein im Januar 2022) eine Maskentragpflicht. Symbolbild: Melanie Duchene

Ein Weinländer nahm seinen Sohn, der gesundheitliche ­Probleme aufweist, aus der Schule, als diese die Maskenpflicht einführte. Jetzt ist der Mann vom Bezirksgericht ­Andelfingen mit einer Busse von 500 Franken belegt worden.

Im Dezember 2021 hatte sich in einer Weinländer Gemeinde ein Vater willentlich und wissentlich ge­weigert, seinen Sohn aufgrund der ein­geführten Maskenpflicht in die Schule zu schicken. Der Mann begründete dies damit, dass sein Sohn, damals in der fünften Klasse, aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen könne.

Der Aufforderung der zuständigen Schulpflege, ein entsprechendes Arztzeugnis einzureichen, kam er aber nicht nach. Stattdessen liess der Mann seinen Sohn während der Schulabwesenheit privat unterrichten, wobei er nicht über die entsprechende Bewilligung der Kantonalen Bildungsdirektion verfügte. Dies bewog die Schulpflege zu einer Verzeigung beim Statthalteramt, welches den Strafbefehl ausstellte.

Voller Gerichtssaal

Laut Strafbefehl nahm der Vater dabei durch sein Verhalten zumindest in Kauf, die elterlichen Pflichten gemäss Volksschulgesetz zu verletzen. Für dieses Übertretungsvergehen sollte eine Busse von 1000 Franken fällig werden, sowie weitere Gebühren von 550 Franken. Da der 47-jährige Vater diesen Strafbefehl nicht akzeptierte, kam es am Dienstagvormittag vor dem Bezirksgericht Andelfingen in Anwesenheit einer beachtlichen Anzahl an Zuschauern zu einer gerichtlichen Beurteilung der Sachlage. Dabei wurde das Beweisverfahren nochmals neu aufgerollt.

Der angeklagte Vater machte deutlich, sein Sohn leide infolge gesundheitlicher Gründe unter einem Mangel an Sauerstoff, was mit der Maskenpflicht noch verschärft werde. Der Angeklagte hatte eigene Messungen durchgeführt, welche den Sauerstoffmangel bestätigten. Dies bestärkte den Vater, an der Heimschulung festzuhalten.

Ein Facharzt stellte aber im Vorfeld kein Arztzeugnis aus, das den Fünftklässler vor einer Maskentragpflicht befreit hätte. So setzte der Vater auf einen anderen Arzt, wobei ein erster Termin für eine Konsultation aus gesundheit­lichen Gründen in der ersten Januarhälfte platzte. Die von der Familie getrennt lebende Mutter verweigerte ihre notwendige Unterschrift für das entsprechende Gesuch, das eine Heimschulung ermöglicht hätte.

«Goldene Brücke» abgelehnt

Im Anschluss an die umfassende Befragung nahm der Einzelrichter nach einer Beratungspause eine Gesamt­analyse vor, um dem Vater aufgrund der ­Gesamtbeurteilung der objektiven wie auch subjektiven Sachlage einen möglichen Weg aufzuzeigen, damit sich allenfalls eine noch höhere Busse, verbunden mit beachtlichen Mehrkosten, verhindern lassen könnte.

Der Richter betonte dabei die Gewichtung und Bedeutung des Volksschulgesetzes mit dem Schulobligatorium und der Bildung, was auch einen gewissen Wohlstand ermögliche. «Ich rede hier nicht mit einem Schwerverbrecher, sondern mit einem Menschen, welcher das Volksschulgesetz übertreten hat», sagte der Einzelrichter. Doch der Angeklagte ging auf die Vorschläge nicht ein, verlangte ein entsprechendes Urteil. Dabei machte er deutlich, dass er an seinen Messwerten und der Entscheidung, sein Kind nicht in die Schule zu schicken, festhalte.

Weiterzug sehr wahrscheinlich

Der Einzelrichter folgte bei der Beurteilung des Übertretungstatbestandes voll und ganz dem Statthalteramt. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Beschuldigten reduzierte der Richter die Busse auf 500 Franken. Hinzu gesellen sich jedoch noch weitere Gebühren und Verfahrenskosten im Umfang von insgesamt 1650 Franken. «Der entsprechende Strafartikel im Volksschulgesetz ist erfüllt worden. Sie haben ihren Sohn willentlich und bewusst nicht in die Schule geschickt», hielt der Einzelrichter in der kurzen Begründung des Urteils fest.

Objektiv betrachtet war die Sache für den Einzelrichter mit der Übertretung gar noch etwas schwerwiegender als die Betrachtungsweise des Statthalteramts, da der Tatbestand erfüllt und somit kein Freispruch möglich ist. Hingegen sei die subjektive Übertretung teilweise nachvollziehbar, so der Richter, der für den Verurteilten ein gewisses Verständnis aufbrachte.

Nun steht dem gebüssten Familienvater eine Berufung und ein Weiterzug ans Obergericht offen, wobei der Mann sich vorgängig geäussert hatte, er werde – falls nötig – bis an das Bundesgericht gelangen. Da es sich aber um ein Übertretungsdelikt handelt, kann der Verurteilte keine neuen Sachverhalte mehr einbringen. Die nächste Instanz muss nur darüber befinden, ob die gesamte Sachlage am Bezirksgericht korrekt beurteilt worden ist.

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