Auswanderer sind sesshaft geworden

Mark Gasser | 
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Christian (links) und Simone Volk mit Sohn Gion fühlen sich wohl in Kanada – auch wenn sie die Schweizer Zuverlässigkeit manchmal vermissen. Bild: zvg

Die Benkener Auswanderer, die in Kanada ein Forstunternehmen aufgebaut haben, möchten nicht mehr zurückkehren. Ihr Leben «ein Jahr danach» ist nun nach zweieinhalb Jahren im Fernsehen zu sehen.

Die dreiköpfige Familie Volk hat Mitte 2015 den grossen Schritt aus Benken nach Übersee gewagt und wurde dabei medial begleitet: Von Aufbruchstimmung getragen, liessen sie sich durch Rückschläge wie einen negativen Visumentscheid, eine zu spät eintreffende Forstmaschine (die wegen einigen Gramm Schweizer Erde dekon- taminiert werden musste) oder eine Überschwemmung im Haus nicht kleinkriegen. Das Schweizer Fernsehen SRF zeigte neben anderen Auswanderern hautnah die Umsetzung des «kanadischen Traums» der Familie Volk in ihrer sechsteiligen Dokusoap «Auf und davon» Anfang des Jahres 2017. Auf Wunsch des Familienvaters Christian (41) baute die Familie Volk dort ein eigenes Forstunternehmen auf.

Im 2500-Seelen-Dorf Clearwater fühlt sich die Familie wohl und hat sich eingelebt. Nun zeigt das Fernsehen in einer 90-minütigen Spezialsendung «Auf und davon – Ein Jahr danach», wie es der Familie heute geht. Die Sendung wird am Montag, 1. Januar 2018, um 20.05 Uhr ausgestrahlt. Ab dem 5. Januar wird dann die 9. Staffel von «Auf und davon» mit neuen Auswanderern ausgestrahlt, die ihr Glück in Schweden, Marokko und Australien suchen.

Snowmobilclub und neue Freunde

Eines vorweg: Die Familie hat sich eingelebt und engagiert sich an diversen Orten im Dorf. Sohn Gion gehe gern zur Schule, berichtet seine Mutter Simone Volk (39), eine gebürtige Jestetterin. Er habe bereits viele Freunde. «Wir lieben Clearwater, und es war die beste Entscheidung, in dieses Dorf zu ziehen. Auch denke ich, dass wir der Holzerei treu bleiben werden.»

«Wir haben sogar einen Schweizer gefunden, der leckeren Stinkekäse importiert, sodass wir auch den nicht mehr vermissen müssen.»

Simone Volk, Auswanderin aus Benken, geboren in Jestetten

Ein eigentliches Vereinsleben wie in der Schweiz gebe es zwar nicht. «Wir engagieren uns aber an diversen Orten wie dem Snowmobilclub oder dem Skiclub – wir haben einen Skilift im Dorf.» Und sie selbst helfe viel in der Schule mit, indem sie bei Veranstaltungen tatkräftig mit anpacke, im Elternrat sitze und dreimal pro Woche mit Kindern lese, die Leseschwierigkeiten hätten. «So haben wir in den zwei Jahren viele Bekanntschaften und auch Freundschaften schliessen können.»

Dennoch sind immer Reibungspunkte vorprogrammiert bei so einem Wechsel nach Übersee oder in ein anderes Land: Als grösste Herausforderung habe sich die Mentalität der Kanadier herausgestellt, berichtet Simone Volk. «Auf der einen Seite ist es toll, dass alle so offen sind und alles nicht so eng sehen, aber vor allem im geschäftlichen Bereich ist es oft sehr schwierig, mit den Kanadiern zusammenzuarbeiten oder gute Mitarbeiter zu finden.» Dennoch bereuten sie nicht, in diesem Dorf und in diesem Gewerbe Fuss gefasst zu haben: Mittlerweile laufe das Geschäft nach der ersten, etwas schwierigen Adap­tationsphase sehr gut. Vieles sei doch sehr anders ist als in der Schweiz. «Wir mussten uns da erst dran gewöhnen und bei vielen Dingen die ‹Schweizer Mentalität› mal vergessen und es einfach kanadisch angehen.»

Heimweh überwunden

Das anfängliche Heimweh habe sich mittlerweile gelegt. Die grösste Sorge sei nun das Erlangen des permanenten Aufenthaltsrechts. Die Ankündigung der kanadischen Regierung im Herbst, in den kommenden drei Jahren die Zahl der Immigranten – inklusive Flüchtlinge – um 40 000 auf 340 000 jährlich zu steigern, hat keinen direkten Einfluss auf den Status der Familie Volk. «Eventuell wird die Einwanderung in der Zukunft erleichtert. Momentan ist davon jedoch noch nichts zu spüren, sämtliche Wege werden erschwert», findet Simone Volk.

Nachdem das Ehepaar Volk mit dem mitgereisten Mitarbeiter Mirko Jansen zu dritt gestartet war, wuchs das kleine Forstunternehmen stetig und beschäftigt mittlerweile sieben Mitarbeiter. Auch dank der Verlängerung des Vertrags mit dem Grosssägewerk um weitere fünf Jahre und einer gleichzeitigen Verdoppelung der Abnahmemenge von 50 000 auf 100 000 Kubikmeter pro Jahr. «Gerne hätte das Sägewerk, dass wir noch mehr machen, da wir immer noch die Spezialisten für die Steilhänge dort sind», sagt Simone Volk. Diese Nachfrage zeige: «Eigentlich haben wir alles richtig gemacht.»

Immer wieder zieht es die Volks in die Schweiz zu ihren Verwandten – so etwa vergangenen Sommer und jetzt an Weihnachten. Doch das Heimweh sei erträglicher geworden. «Eigentlich vermisse ich an der Schweiz nur noch meine Familie», resümiert Simone Volk. «Unsere Heimat ist mittlerweile Kanada.» Und was ist mit dem Käse, den sie anfangs in der neuen Heimat so vermissten? «Wir haben einen Schweizer gefunden, der leckeren Stinkekäse importiert, sodass wir auch den nicht mehr vermissen müssen.»

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