Tourismuswerbung von einst auf Plakaten und in Prospekten

Edith Fritschi | 
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Die Sonderausstellung läuft noch bis zum 31. Oktober. Bilder: zvg

Tourismuswerbung ist keine neue Erfindung. Auch für die Schönheit der Region Bodensee und Rhein wurde schon früh mit Plakaten und Prospekten geworben.

Lust auf mehr? Wer sich nach einem Spaziergang durch Stein am Rhein, einer Rheinschifffahrt oder einem Ausflug an einen der attraktiven Orte am Boden- oder Untersee vertieft mit der touristischen Geschichte der Gegend aus­einandersetzen möchte, den erwartet im «Lindwurm »eine spannende Ausstellung dazu, die nun ganz neu von einer umfassenden Broschüre im A5-Format begleitet wird.

Carl Böckli, «Bodensee und Rhein», 1935.

Zu finden sind darin zahlreiche Prospekte, die zwischen 1904 und 1939 als Werbemittel über Grenzen entstanden sind, Prospekte, denen als kulturhistorische Quellen bisher eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden war. Anhand der ansprechend gestalteten Broschüre (Möckli Grafik) kann man sich einen schönen Überblick über die Frühzeit der Werbung für das gesamte Gebiet von Bodensee und Rhein machen. Denn im Zentrum dieser Publikation stehen Plakate, Prospekte, kostenlose Reise- und Hotelführer oder Fremdenblätter. Und es lässt sich bestens verfolgen, mit welchen ästhetischen Mitteln um die Jahrhundertwende und bis in die 50er-Jahre hinein für die Bodenseeregion geworben wurde.

Erste Fahrplanplakate

Derweil der Rheinfall schon seit dem 18 Jahrhundert Reisende und Dichter wie Goethe oder Maler wie Turner anzog, war der Untersee damals touristisch quasi unberührt. Erst nach 1900 zogen Dichter und Maler auf die Höri; etwa Hermann Hesse und Otto Dix. Und 1907 wurde der Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs am Untersee und Rhein und Umgebung gegründet; und der erste Reiseführer Untersee und Rhein erschien 1914 – in einer Auflage von 20 000 Exemplaren. (Der neue Führer erschien dann 1953, da mit dem Zweiten Weltkrieg auch die Zusammenarbeit der grenzüberschreitenden Region verloren ging.) All diese Information findet man, übersichtlich angeordnet und meist mit Bildern versehen, in der Broschüre, ebenso wie Abbildungen der ersten Fahrplanplakate «Bodensee und Rhein» seit 1886, die frühesten Prospekte der Schweizerischen Dampfschifffahrtsgesellschaft auf Bodensee und Rhein seit 1909, oder eindrucksvolle Eisenbahnplakate wie jene der Toggenburgbahn von 1910. Dies verdeutlicht, neben optischen Anreizen, auch die wichtige Rolle, die die Verkehrsgesellschaften für die frühe Tourismuswerbung im Bodenseegebiet einnahmen.

«Die Grenzen zwischen Information und Werbung oder Reklame, wie man damals sagte, sind dabei manchmal fliessend. (…) Wir befinden uns in der Anfangszeit der Tourismuswerbung.»

Elisabeth Schraut, Einleitung zur Broschüre «Bodensee und Rhein».

Wie sehr die Plakate ästhetisch in ihrer Zeit verwurzelt sind, lässt sich besonders an zwei Exemplaren nachvollziehen, die für die «Einzige Stromdampferfahrt» in der Schweiz warben: Hier dominiert der Jugendstil mit einem dekorativen Blüten- und Blumenmuster, das sich um die Abbildung des Munots rankt. Überhaupt sind die gezeigten Beispiele auch in ästhetischer Hinsicht erhellend und machen klar, wie sich die Werbesprache im Laufe der Jahre verändert hat.

Emil Cardinaux, «Untersee und Rhein», 1919

Ganz en passant erfährt man in der Broschüre auch, dass am Bodensee 1887 fünf verschiedene Uhrzeiten galten, oder dass man bereits 1931 von einer «der schönsten Stromfahrten Europas» sprach – alles also schon mal dagewesen.

Intensiv recherchiert

Hinter dieser Broschüre steckt viel Recherchearbeit in Museen und Archiven. Man erfährt etwa, dass die seeumspannenden Vereinigungen wie der Verband der Gasthofbesitzer am Bodensee und Rhein (seit 1893) und der Bodenseeverkehrsverein (seit 1902) verschiedene Werbemittel herausgaben, oder dass 1904 der allererste Bodensee-Prospekt erschienen war. Übrigens war man früher schon recht international aufgestellt und versuchte, mit auf Deutsch, Englisch und Französisch erschienenen Prospekten internationale Gäste an Bodensee und Rhein zu locken. Kostenlose Reise- und Hotelführer wurden international verteilt, oder es wurden Gemeinschaftsannoncen geschaltet.

Unbekannter Künstler, «vom Bodensee zum Rheinfall» 1919.

Wiewohl der Bodenseeraum selbst keine Region mit Hochschule oder bekannten Druckzentren war, gestalteten bekannte Künstler und Grafiker wie Otto Baumberger oder Ludwig Hohlwein eindrucksvolle Plakate oder zahlreiche Prospekte in der Zwischenkriegszeit. So findet man in der Publikation bislang noch unveröffentlichte Bodensee- und Rhein-Prospekte mit Titelmotiven von Carl Böckli. Als ein Fazit macht diese Publikation auch deutlich, so Herausgeberin Elisabeth Schraut, dass es bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs ein gemeinsames, den See umspannendes ­Bodenseebewusstsein als Grundlage der Kooperation für die Tourismuswerbung gab. Doch die Machtergreifung der Nazis erschwerte oder verunmöglichte die Ar-beit der grenzüberschreitenden Tourismusorganisationen: Es wurden äussere und mentale Grenzen hochgezogen, deren Auswirkungen teils bis heute spürbar sind.

Unbekannter Künstler, «vom Bodensee zum Rheinfall» 1919.
 

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