«Alle Kinder haben irgendwo ihre Stärken»

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Die schulische Heilpädagogin Monika Heer hat sich auf die Arbeit mit Kindern der Unterstufe spezialisiert. Bild: Katja Brütsch

In Diessenhofen gibt es seit bald 20 Jahren schulische Heilpädagogen. Monika Heer, schulische Heilpädagogin an der Primarschule vor Ort, gibt interessante Einblicke.

von Katja Brütsch

«Ich arbeite in drei Bereichen», sagt Monika Heer, schulische Heilpädagogin an der Primarschule Diessen­hofen. Einerseits unterstütze sie die Schüler beim Lernen, in Gruppen oder einzeln. Andererseits bestehe ein reger Austausch mit der Klassenlehrperson, mit der sie Fachwissen austausche und sich berate. Ausserdem beanspruchen die administrativen Arbeiten einen grossen Teil ihrer Zeit. Das umfasst zum Beispiel das Formulieren von Förderzielen sowie das Erstellen der Förderplanung und -berichte. Die konkrete Arbeit mit dem Kind sieht in jedem einzelnen Fall ganz verschieden aus. «Jedes Kind muss separat angeschaut werden. Man kann nicht einfach Gruppen bilden und die Kinder einteilen» so Heer.

Um die optimale Förderung anbieten zu können, werden in Diessenhofen einige ­Instanzen durchlaufen. Zuerst stehe die Diagnostik an: Was bringt das Kind mit? Was noch nicht? Wo braucht es Hilfe? Als Nächstes werde ein genauer Förderplan aufgestellt, der mit den Eltern, der Klassenlehrperson und der Schulleitung des Förderbereichs besprochen werde. Dann könne die gezielte Förderung beginnen. Wenn nötig, könnten auch weitere Fachleute miteinbezogen oder externe Fachstellen aufgesucht werden. «Jedes Jahr kommen Kinder mit neuen Schwierigkeiten, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, und ich muss ­herausfinden, wie ich diesem Kind am ­besten helfen kann. So bleibt meine Arbeit immer spannend und herausfordernd», ­erklärt Monika Heer. Wichtig zu beachten sei immer, dass das Kind zwar etwas nicht könne, in einem anderen Bereich aber durchaus Stärken und Qualitäten haben könne. Auf diese Stärken gelte es einzu­gehen, damit das Kind weiterhin fröhlich und gestärkt in die Schule gehe.

Die Schwierigkeiten der Begabten

Seit ein paar Jahren haben die schulischen Heilpädagogen in Diessenhofen auch den konkreten Auftrag der Begabungs­förderung. Auch hier muss das Kind den gleichen Prozess durchlaufen wie bei einer Fördererhebung bei Lernschwierigkeiten. «Oft verstecken höher begabte oder hochbegabte Kinder ihre Fähigkeiten, weil sie sich nicht von der grossen Masse unterscheiden wollen», so Heer. Auch komme es vor, dass Kinder in einem speziellen Bereich zwar sehr begabt seien, dies aber nicht auf die Anforderungen der Schule übertragen könnten und somit eher durch schlechte als durch herausragende Leistungen auffielen. Solche Kinder sollten, laut Heer, unbedingt zu einer schulischen Heilpädagogin, um ihre Begabungen zu fördern.

In diesem Bereich wird jedoch aufgeholt, und der Kanton Thurgau unterstützt mittlerweile kantonale Förderprogramme für intellektuelle Begabung. Von den Klassenlehrpersonen werde meist Binnendifferenzierung erwartet, also, dass die Lehrperson verschiedene Schwierigkeitstypen von Aufgaben sowie kleine Projektarbeiten und Knobelaufgaben für die schnellsten Schüler bereithabe. Für die Klassenlehrperson selbst ist das eine herausfordernde Aufgabe, da diese möglichst all ihren Schülern gerecht werden sollte.

Der Klasse voraus oder hinterher

Zur schulischen Heilpädagogin in Diessenhofen kommen ganz unterschiedliche Kinder. Ganz grob lassen sie sich in zwei Gruppen einteilen: die, die dem Mittelwert der Klasse hinterherhinken, und die, die voraus sind. In der ersten Gruppe sind zum Beispiel Kinder mit Lern- und Auftragsverständnisschwierigkeiten. Ausserdem Kinder, die «neben statt auf dem Stuhl sitzen», also Konzentrationsschwierigkeiten haben. Aber auch Kinder, die Mühe mit Lesen und Schreiben haben oder «einfach noch einen zweiten Input in einem Fachbereich brauchen».

Komplexität der Schule überfordert

Monika Heer arbeitet in der Unterstufe der Primarschule Diessenhofen und spezia­lisiert sich auf zwei zentrale Fähigkeiten: einerseits den Dreh zum Lesen und Schreiben herauszubekommen und andererseits die mathematischen Zeichen und deren Funktionen einordnen und benutzen zu können.

Von den Kindern, die zur schulischen Heilpädagogin kämen, hätten die aller­wenigsten intellektuelle Schwierigkeiten, erklärt Heer, sondern seien lediglich mit der Komplexität einer Schule überfordert. Deshalb ist Heers Ziel, das Kind so weit zu stützen, mit dem Lernstoff zu helfen und Eigenmotivation und Selbstvertrauen so aufzubauen, dass das Kind die Schule selbst bewältigen kann.

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