Die Geduld mit dem Schlamm ist zu Ende

Seit dem Sommer liegt im Diessenhofer Bootshafen Schlamm. Der Stadtrat wollte schnell handeln, wurde dabei bisher aber aufgehalten.
Von einem Hafen ist bei der Geisslibach-Einmündung in den Rhein nicht viel zu sehen. Das Becken, in dem die Diessenhofer normalerweise ihre Bötchen anbinden, ist leer. Nur Schlamm, Gras und einige gestrandete Bojen sind darin zu finden. Wegen des tiefen Wasserstandes mussten die Bootsbesitzer bereits im Sommer ihre Boote herausnehmen. Zurück blieb der Schlamm. Viel verändert hat sich bis heute nicht. «Wir hatten schon im Oktober vor, den Schlamm zu entfernen», sagt Stadtpräsident Markus Birk. Dazu kam es jedoch nicht.
«Die Projekte kann man nicht vergleichen. Im Sommer ging es um die Äschenerhaltung, jetzt sollen die Bootsbesitzer ihre Boote besser stationieren können.»
Marco Baumann, Projektunterstützung , Wasserbau
Zuerst bat Diessenhofen die Kantonale Jagd- und Fischereiverwaltung um eine finanzielle Unterstützung. Diese konnte jedoch nicht gewährt werden. Dass es sinnvoll ist, den Hafen vor der Laichzeit der Äschen auszubaggern, davon war aber auch die Jagd- und Fischereiverwaltung überzeugt. Deshalb informierte sie das Kantonale Amt für Umwelt über das Vorhaben der Stadt. Amt und Stadt nahmen Kontakt auf. «Wir wurden informiert, welche Unterlagen wir einreichen müssen. Also schickten wir ein Gewässerunterhaltsgesuch inklusive Sedimentbeprobung und Vorschlag zur Entsorgung los», erzählt Markus Birk. Die Stadt freute sich auf ein schnelles Ausbaggern des Hafens, weil der Wasserstand jederzeit wieder hätte steigen können und die Laichzeit der Äschen immer näher rückte. Aber auch, weil sich immer mehr Bootsbesitzer über den Schlamm beschwerten. So schnell ging es dann aber doch nicht.
Das Problem mit dem Gesuch
Als die Unterlagen der Stadt beim Amt eintrafen, stellte dieses fest, dass es für das Ausbaggern des Hafens kein Gewässerunterhaltsgesuch, sondern ein ordentliches Baugesuch braucht. «Der Geisslibach durchströmt den Hafen zwar, doch deshalb zählen Arbeiten im Hafen noch nicht zu einem Gewässerunterhalt, sondern zu einem normalen Hafenunterhalt. Dafür muss die Stadt ein ordentliches Gesuch einreichen», erklärt Marco Baumann, der beim Amt für Umwelt für die Projektunterstützung Wasserbau tätig ist. Noch im Oktober habe man Diessenhofen darüber informiert. Markus Birk jedoch sagt, er habe erst am 18. Dezember und nach mehrmaligem Nachfragen davon Kenntnis gehabt. Ausserdem überrascht es ihn, dass beim Ausbaggern des Hafens im Hitzesommer – damals wurde ein Kaltwasserbecken für die Fische errichtet – ein Gewässerunterhaltsgesuch noch ausgereicht hatte. «Für die Öffentlichkeit ist es schwer nachvollziehbar, weshalb man diesmal nicht ebenso schnell vorgehen konnte», so der Stadtpräsident.
Für die Fische oder die Böötler?
«Die Projekte kann man nicht vergleichen», erklärt Baumann. «Im Sommer ging es um die Äschenerhaltung, da mussten Sofortmassnahmen umgesetzt werden. In solchen Fällen werden unbürokratischere Entscheide gefällt.» Jetzt hingegen gehe es darum, die Auflandungen im Hafen zu entfernen, damit die Bootsbesitzer ihre Boote besser stationieren könnten. «Nicht nur», betont Birk, der auch Mitglied der Fischerzunft Diessenhofen ist. Durch die Entfernung des Schlammes sei auch den Äschen gedient, da sie so bei einem nächsten tiefen Wasserstand ein grösseres Kaltwasserbecken zur Verfügung hätten, sagt er. Das Amt für Umwelt sieht es anders.
Stadtrat will baggern – Amt warnt
Deshalb musste der Diessenhofer Stadtrat das ordentliche Baugesuch nachreichen. Dieses sei im Haus, von ihm aber noch nicht begutachtet worden, sagt Baumann. «Wir möchten den Beschluss des Amtes eigentlich nicht abwarten», so der Stadtrat. «Wir konzentrieren uns auf den Wasserstand.» Will heissen: Bevor dieser steigt und die Äschen im Februar zu laichen beginnen, will die Stadt bereits loslegen mit dem Ausbaggern. Noch im Januar soll ein Bagger den Schlamm aus dem Hafen hieven. 60 bis 80 Zentimeter sollen abgetragen werden, rund 500 Kubik Material. Baumann warnt vor einem vorschnellen Handeln: «Bevor wir nicht unsere Zustimmung geben, dass das Gesuch vollständig und nachvollziehbar ist, darf nicht gebaggert werden», sagt er.
In Diessenhofen ist man überzeugt, dass das Gesuch einwandfrei ist. Auch wo der Schlamm hingebracht werden soll, musste die Stadt aufzeigen. Sie schlägt eine Feldaustragung oder Lagerung in einer Deponie, wie zum Beispiel der Parinag AG in Schlatt, vor, die sich auf die Entsorgung biologisch nicht abbaubaren Bauschutts spezialisiert hat, denn der Schlamm im Bootshafen von Diessenhofen ist belastet und kann nicht unbedenklich entsorgt werden. Die Stadt hofft nun auf ein möglichst schnelles Okay des Amtes und eine schnelle Abwicklung des Projektes. «Nicht dass der Bootshafen noch zum Sujet des diesjährigen Narrenbaums wird», so der Stadtrat.