«Das braucht einen langen Schnauf»

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Der Steiner Stadtpräsident Sönke Bandixen beantwortet in seinem Büro im Stadthaus die Fragen der Korrespondentin der «Schaffhauser Nachrichten» zu den Resultaten der ersten Hälfte der Legislaturperiode. Bild: Selwyn Hoffmann

Mit klaren Vorstellungen trat Sönke Bandixen sein Amt als Stadtpräsident von Stein am Rhein an. Die Schulden abbauen und massive Kritik an der Denkmalpflege waren zwei Eckpunkte seiner Vision.

von Ursula Junker

Die erste Hälfte der Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Zeit, mit dem Steiner Stadtpräsidenten Sönke Bandixen eine erste Bilanz ziehen. Was hat der Stadtrat in den vergangenen zwei Jahren geleistet, und welche Wahlversprechen wurden eingehalten?

Herr Bandixen, Sie sind angetreten, um die Schulden abzubauen. Was wurde davon bis jetzt erreicht?

Sönke Bandixen: Ich habe gesagt, dass ich die Finanzen in Ordnung bringen will. Zu den Schulden: Sie basieren auf Projekten der Vergangenheit und werden mit dem Ausbau des Altersheims noch leicht weiter ansteigen. Wir haben mit Kostendisziplin und auch dank Steuersondereffekten 2017 einen hohen Ertragsüberschuss realisiert. Auch 2018 erwarte ich ein positives Resultat. Insgesamt dürfte sich der Schuldenaufbau um gut zwei Millionen Franken verringert haben. Ich rechne aufgrund der Wohnbautätigkeit im Degerfeld weiter mit steigenden Steuereinnahmen, sodass wir mit dem Schuldenabbau auch künftig auf Kurs sind.

Ein weiteres grosses Anliegen war die ­Belebung der Altstadt, was Sie unter ­anderem mit lichtdurchfluteten Laden­geschossen und Läden im Boutiquestil zu erreichen suchen. Die Bilanz hier?

Das braucht einen langen Schnauf. Die Vorarbeiten dazu laufen. Wir halten an zeitgemässen Fensterflächen, die Licht bringen, fest. Es ist ungünstig, wenn die Besitzer in engen, schmürzeligen Läden sein müssen. Zudem, und das freut mich, sind die Geschäfte, die neu eröffnet wurden, im Boutiquestil gehalten.

Gleich zu Beginn sagten Sie der Denkmalpflege den Kampf an und versprachen eine Lockerung der Steiner Bauordnung. Die lässt auf sich warten.

Auch das geht leider nicht so schnell. Dazu braucht es einen lokalen Richtplan. Aufgrund dessen kann dann die Bau- und Nutzungsordnung (BNO) überarbeitet werden. Sie war bisher eher rückwärts gerichtet und massgeblich für die Restriktionen des Bauens in der Altstadt verantwortlich. Wir wollen sie in Richtung zeitgemässes Wohnen und Arbeiten in der Altstadt (Zawast) erweitern. Der Stadtrat wird noch in dieser Legislatur eine neue BNO ausarbeiten, die diesen ­Anliegen Rechnung trägt und die Vorschriften lockert. Nach der Bearbeitung durch die Baukommission wird die BNO einem Vernehmlassungsverfahren unterzogen, ehe sie vor den Einwohnerrat und das Volk kommt.

«Innerhalb der Altstadthäuser sollen sich die staatlichen Vorgaben auf das absolut ­Notwendige ­beschränken.»

Haben Sie keine Angst, durch Lockerungen gerade das Besondere des Städtchens zu zerstören?

Nein, im Gegenteil. Es darf nicht sein, dass der Staat vorschreibt, dass in mittelalterlichen Häusern auch mittelalterlich gelebt werden muss. Das Besondere von unserem Städtli ist, dass in den ­alten Häusern gelebt und gearbeitet wurde, über Jahrhunderte. Seit die Denkmalpflege das Bauen bestimmt, findet kaum mehr Innovation statt. Umbauen ist sehr teuer. Der Häuserleerstand nimmt zu. Innerhalb der Altstadthäuser sollen sich die staatlichen Vorgaben auf das absolut Notwendige beschränken. Das Eigentumsrecht der Hausbesitzer muss gestärkt werden.

Im Süden der Stadt tat sich hingegen ­e­twas, dort siedelte sich die Migros neu an. Eine weitere grosse private Investition liess im Einwohnerrat den Vorwurf ­aufkommen, dass im Süden ein Verkehrs- und Entwicklungskonzept fehlt.

Das Trottoir zur Migros ist im Budget und wird 2019 realisiert. Eine Bahnunterführung wegen des vermehrten Verkehrsaufkommens ist aktuell keine Option. Sie würde auch das Problem nicht ­lösen. Deshalb veranlassten wir in Zusammenarbeit mit den Kantonen Thurgau, Schaffhausen und Zürich eine Studie, die das Verkehrsaufkommen in der Region ganzheitlich betrachtet. Die Messungen dafür finden noch diesen Monat statt. Grundsätzlich besteht in Stein am Rhein kein akutes Verkehrsproblem. Die Stadt verfügt auch bereits über ein Verkehrskonzept. Hingegen muss das Quartier Degerfeld besser erschlossen werden, auch zum Bahnhof hin.

Sie wollten auch Steins Parkplatzproblem lösen. Was tat sich da? Sind drei Park­häuser geplant, wie Sie vorschlugen?

Derzeit richtet sich unser Fokus auf die Altstadt und den Altstadtring, denn hier ist die Problematik am grössten. Wir haben ein offensichtliches Problem, was das Parkieren im öffentlichen Raum betrifft. Wir stellen zu viel Raum für Gäste bereit, die dafür zu wenig zu bezahlen bereit sind. Der ruhende Verkehr muss weg von der Oberfläche. Deshalb müssen die Parkgebühren erhöht werden, damit wir – in die Tiefe gehende – Parkhäuser finanzieren können. Die heutige Infrastruktur mit den Parkuhren ist nicht zielführend. Elektronische Systeme, mit denen man mittels Handy bezahlen und die Verweildauer individueller bestimmen kann, sind für uns eine Chance.

Transparenz war ein weiteres Ihrer Versprechen. Jetzt werden Kommissionen mit Auswärtigen besetzt, und die Bevölkerung kann sich nicht mehr einbringen.

Noch nie hat ein Stadtrat so viel informiert wie wir. Stadtratsgeschäfte werden regelmässig und breit publiziert. Wir haben einen Newsletter, den jedermann abonnieren kann. Wir ermöglichen es, die Bevölkerung über Vernehmlassungen direkt einzubinden. Weitere Kommissionen als die bestehenden sind aktuell nicht geplant. Wir haben ein Parlament, über das sich jedermann in den politischen Prozess einbringen kann. Zudem sind auch in der angesprochenen Baukommission Einheimische vertreten.

Noch einige Fragen zu Sachgeschäften. Wie oft wurde bisher die Bauberatungsstelle in Anspruch genommen?

Noch nicht. Sie wird erst im ­Verlauf des Jahres 2019 eingesetzt.

Wie hat sich die Bewirtschaftung der ­Immobilien entwickelt, für die ja eigens eine Stelle geschaffen wurde. Man hört, dass von dort aus mittlerweile die Bootsliegeplätze bewirtschaftet werden.

Im vergangenen und in diesem Jahr wurden sämtliche Liegenschaften der Stadt kategorisiert und bewertet. Dabei handelt es sich um rund 400 Objekte, vom Brunnen über Rebhäuschen bis zu den Walder­höfen und der Burg Hohenklingen, darin eingeschlossen auch Schulhäuser und Verwaltungsgebäude. Das war notwendig, um mit der Einführung des Harmonisierten Rechnungsmodells 2 (HRM2) alle städtischen Liegenschaften ins Verwaltungs- und Finanzvermögen mit aktualisierten Werten aufzunehmen. Dabei wurde ersichtlich, dass der Wert der Liegenschaften im Finanzvermögen die Fremdverschuldung der Stadt übertrifft. Auf die Bestandesaufnahme folgt nun die politische Bewertung dessen, was mit den Liegenschaften machbar ist. Das verlangt umsichtiges Vorgehen. Es geht nicht um das Tafelsilber, wenn es so etwas überhaupt gibt. Es geht darum, wie man die Fremdverschuldung durch die Veräusserung von Finanzvermögen verringern kann.

Wie lange warten wir noch auf den ­hindernisfreien Zugang zu den Schiffen?

Wir haben die Pläne im Mai beim entsprechenden Bundesamt eingereicht. Das braucht für die Bewertung neun Monate Zeit. Diese Woche fand die gemeinsame Besichtigung statt. Wenn das Projekt positiv bewertet wird, werden die Arbeiten noch diesen Winter ausgeführt, sonst im kommenden Winter.

Ein Letztes noch: Wird der Stadtrat bei seiner Praxis bleiben, weder E-Mails noch Briefe der Bürger zu beantworten?

Eine solche Praxis existiert nicht. Wir beantworten alle Zuschriften dann, wenn wir die Zeit dafür haben.

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