Eine zahme Vernissage der Grimmen Löwen

Darina Schweizer  | 
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Der Historiker Markus Brühlmeier, die Kuratorin Helga Sandl und Zunftmeister Willi Itel (von links) stossen bei geselligem Beisammensein – wie es sich für die Grimmen Löwen gehört – auf ihre Ausstellung im Museum Kunst und Wissen an. Bild: Darina Schweizer

So üppig wie um 1600 feierten die Grimmen Löwen am Freitagabend nicht, als sie im Diessenhofer Museum Kunst und Wissen ihre Ausstellung «600 Jahre Zunftgeschichte» eröffneten.

Nur sehr mühsam liess sich die Tür zum Museum Kunst und Wissen letzten Freitagabend öffnen. Das Foyer quoll über vor lauter neugierigen Diessenhofern und Gästen von nah und fern. Kein Wunder: An diesem Abend gab es erstmals die lange gehüteten Schätze aus 600 Jahren Zunft zum Grimmen Löwen im Original zu sehen. Sie alle erzählen Geschichten. Geschichten, die eng mit der Vergangenheit von Diessenhofen verknüpft sind.

Nichts ging über Geselligkeit

«Die Grimmen Löwen sind die älteste Thurgauer Zunft, und Diessenhofen ist eine der ersten Schweizer Städtegründungen im Mittelalter», sagte der Diessenhofer Stadtpräsident Markus Birk bei seiner Ansprache. Gleichzeitig gab er einen Einblick in das damalige Zunftleben. Er betonte, wie wichtig dem streitsüchtigen Gründer Molli die Geselligkeit war und wie er diese stets förderte. So wurde die Zunft zum Grimmen Löwen zu einem Ort, wo man mit Freunden über Politik und Wirtschaft sprach, Geschäfte tätigte und «das soziale Verhalten im Praktischen trainierte», so Birk lachend.

«Die Grimmen Löwen sind die älteste Thurgauer Zunft.»

Markus Birk, Stadtpräsident , Diessenhofen

Später, als man sich in den Medien über das Weltgeschehen informieren konnte, kamen dann Jassen und Billard hinzu. Die Geselligkeit blieb aber immer im Fokus des Zunftlebens – und stand auch bei der Vernissage im Zentrum. Es wurde angeregt diskutiert, in Erinnerungen geschwelgt, gelacht, gegessen und getrunken, sodass die Ausstellung bei manchen schon fast vergessen ging. Fast.

Aus grimmen wurden zahme Löwen

«Huch», erschreckte sich ein Gast am Apérobuffet und schnappte sich das letzte Lachsbrötchen. «Jetzt muss ich mich aber mal oben umschauen gehen.» Und so stieg er die zwei Treppen hoch ins Obergeschoss. Dort stehen sie, die Schätze der Löwen – bei Leihgebern aufgetrieben, ins Museum transportiert, sorgfältig beschrieben und auf Hochglanz gebracht von Zunftmeister Willi Itel, Zunftschreiber Hermann Sieber, Kuratorin Helga Sandl und Historiker Markus Brühlmeier. Eines der Highlights ist gewiss das Sparbüchlein aus den 30er-Jahren mit der Aufschrift «Zunft zum zahmen Löwen» – anscheinend schien der damalige Bankverwalter Sinn für Humor gehabt zu haben, vermutete Kuratorin Helga Sandl. «Das war Herr Gubler. Wer ihn gekannt hat, kannte auch seine Witze», meinte Zunftmeister Willi Itel bei seiner Ansprache lachend. Aber auch die erste Zunfturkunde sorgte für Unterhaltung und staunende Gesichter. Statt dem Gründungsjahr der Löwen, 1418, steht auf dem Original 1632. Weshalb gibt es keine aus der Gründungszeit? «Die erste Urkunde wurde zerstört, als Adam Fischli und Anna Zimmermann das Zunfthaus – wo heute die Freihandbibliothek steht – infolge ihrer Hochzeit abbrannten», erzählte Willi Itel.

Von «Partylöwen» und Gelagen

Ja, ausgiebig gefeiert haben die Löwen oft und gerne – auch beim Bärchtele- Essen, bei dem man zwei bis drei Tage lang gegessen hat. Als Symbol dafür steht ein edler, glänzender Ritterbecher auf einem Tisch in der Ausstellung. «Es wurde nicht selten zu einem richtigen Gelage», so Willi Itel. «Ab und an haben sich sogar Pfarrer und Lehrer geprügelt.» Am Freitag ging es selbstverständlich ganz friedlich zu und her. Zumindest im Museum. Was sich beim anschliessenden Festschmaus im Restaurant Da Pulcinella noch abspielte, wissen nur diejenigen, die dorthin weiterzogen.

Der nächste «Streich» der Grimmen Löwen folgt am 1. Dezember. Dann findet die Vernissage des Buches «Diessenhofen und seine Zunft» statt.

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