Maschrabiyyas im «Lindwurm» entdeckt

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Die Künstlerin Susan Hefuna (links) reflektiert Strukturen von Okzident und Orient, wie Kuratorin Elisabeth Schraut erklärte. Bild: Wolfgang Schreiber

Susan Hefuna ist die neue Chretzeturm-Stipendiatin. Beim ersten Besuch in Stein am Rhein entdeckte sie ­Maschrabiyyas, dekorative Holzgitter, die sie zu vielen Arbeiten angeregt haben.

von Wolfgang Schreiber

Susan Hefuna ist eine weltweit tätige, ägyptisch-deutsche Künstlerin. Ihr Vater ist Ägypter und stammt aus dem Nildelta, aus Alexan­dria, ihre Mutter ist Deutsche. Kunst hat sie, die 1962 geboren wurde, an deutschen Kunstakademien studiert. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf, Kairo und New York City. Jetzt allerdings, von Mai bis Juli 2018, ist der Steiner Chretze­turm ihr Domizil.

Von New York nach Stein am Rhein – von der Stadt aller Städte in die Provinz? Susan Hefuna sieht das gar nicht so. Sie kennt das Bodenseegebiet. Elisabeth Schraut, Kuratorin der Künstlerresidenz Chretzeturm, hat bei der Vorstellung der Künstlerin am Donnerstagabend im Rahmen des öffentlichen Kulturapéros darauf hingewiesen. Susan Hefuna berichtete vor gut einem Dutzend Apérogästen im Kulturcafé des Bürgerasyls ­ihrerseits, dass sie, fasziniert von der alemannischen Fasnacht, von einem Maskenschnitzer in Überlingen Holzmasken habe anfertigen lassen, die in verschiedenen Variationen ihre Gesichtszüge trügen. Ihre Maskenserie ist 2010 in Berlin ausgestellt worden.

Holz ist ein Werkstoff, mit dem die Künstlerin gern arbeitet. Doch Holz ist nur ein Material unter vielen, die von ihr benutzt werden. Sie arbeitet in den Medien Zeichnung, Fotografie, Installation, Performance und Film. Susan ­Hefuna erhielt mehrere Stipendien und war Artist in Residence in Stuttgart und London. Sie stellt international aus, so in Grossbritannien, Polen, Frankreich, USA, Türkei, Sharjah und Neuseeland. Ihre Werke sind in renommierten Museen vertreten, darunter das British ­Museum London, das Guggenheim ­Museum New York und Abu Dhabi und die Staatsgalerie Stuttgart, auch in der Schweiz sind ihre Werke ausgestellt.

Holz scheint sie jedoch speziell zu faszinieren. Es habe im Louvre begonnen, so berichtete sie beim Kulturapéro, als sie dort eine kunstvoll gearbeitete Holzwand entdeckt habe. Sie hatte mit anderen Künstlerinnen und Künstlern den Auftrag, sich von einem im Louvre ausgestellten Werk zu einer eigenen Kunstarbeit inspirieren zu lassen. Das dekorative Holzgitter war ihr, durch ihre Ägypten-Aufenthalte, natürlich sehr vertraut: eine Maschrabiyya. So nennt man die meist aus geschnitzten oder ­gedrechselten Holzstücken zusammengesetzten und zu geometrischen Mustern angeordneten Gitterwände. Sie ­dienen dem Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung ebenso wie der Belichtung, daneben auch der Raumbelüftung. ­Hefuna hat die Holzwand im Louvre zu einem eigenen Kunstwerk transformiert. Und danach noch viele Werke ­geschaffen, die von Maschrabiyyas in­spiriert sind. Man konnte sie alle in den im Kulturcafé ausgelegten Katalogen betrachten.

Architektonische Parallelen

Und in Stein am Rhein, als sie von Elisabeth Schraut durch das Museum Lindwurm geführt wurde, entdeckte sie auch dort eine Art Maschrabiyya. Eine Besucherin des Kulturapéros wies darauf hin, dass man in katholischen Kirchen und Kathedralen, in den Beichtstühlen, ähnliche Holzgitter finde. Susan Hefuna sagte daraufhin, dass ihr bei ersten Spaziergängen durch die Steiner Altstadt die Fachwerke in den Obergeschossen vieler Häuser aufgefallen seien. «Ich sehe da Parallelen von Fachwerkhäusern zu den Maschrabiyyas», führte ­Susan Hefuna aus und kündigte an, sich in Stein am Rhein damit intensiver auseinanderzusetzen.

Ob die Künstlerin, die sehr häufig, aber nicht ausschliesslich in ihrer Kunst den Orient und den Okzident ineinanderfliessen lässt, sich während ihres dreimonatigen Aufenthalts von Fachwerkhäusern zu Arbeiten inspirieren lässt, liess sie offen. Man darf gespannt sein, was im Chretzeturm entstehen wird.

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