«Wir liegen heute absolut richtig»

Gibt es zu wenig Plätze im Alterszentrum Stein am Rhein? Diesen Vorwurf richtet der Steiner Walter Oderbolz an den Stadtrat. Zwei Verantwortliche stellen sich dieser Behauptung.
In der letzten Zeit mussten etliche Steiner in auswärtigen Heimen untergebracht werden. Das irritiert – auch weil gerade ein Baugesuch für den Ausbau des Heims läuft. Der Steiner Walter Oderbolz beklagt dies in einem Leserbrief. Was sagen der Stadtrat und die Altersheimkommission dazu?
Fehlten vor wenigen Jahren noch 7 Plätze im Alterszentrum Stein am Rhein, ist deren Zahl aufgrund der demografischen Entwicklung auf 21 angewachsen, so lautet der Vorwurf. Ist er berechtigt?
Corinne Ullmann: Man muss die Zahlen differenziert betrachten, und es handelt sich dabei ausdrücklich um Planungsrichtwerte aus dem Jahr 1997. Die genannten Werte basieren auf einer kantonalen Verordnung. Den im ersten Absatz des Artikels erwähnten Forderungen folgt indes ein zweiter Absatz. Er relativiert die Mindestzahlen insofern, als er besagt, dass sich der errechnete Bestand an Altersheimplätzen um 25 Prozent senken lässt, wenn weitere Betreuungsangebote bestehen.
Christoph Stamm: Eine Rückfrage bei der kantonalen Stelle ergab, dass unser Alterszentrum innerhalb der Versorgungsregion genügend Plätze anbietet. Berücksichtigt man die zeitgemässeren Richtwerte des Dachverbands Schweizer Heime Curaviva, liegen wir heute absolut richtig.
Gibt es Vorgaben zur Zahl der Plätze in Altersheimen? Wer legt sie fest, und wie werden sie berücksichtigt?
Ullmann: Gesetzlich festgelegte Werte gibt es nicht, nur die kantonale Verordnung aus dem Jahr 1997. Seither änderten sich die Bedürfnisse der älteren Bewohner.
Engpässe kann es immer geben. Bestehen Vereinbarungen mit andern Heimen oder einfacher ausgedrückt, hilft man sich in solchen Situationen gegenseitig aus?
Ullmann: Wir gehören der erwähnten Versorgungsregion Stein am Rhein, Ramsen, Thayngen an. Die Zusammenarbeit zwischen den Heimen ist vertraglich geregelt, und auch das Steiner Reglement enthält einen entsprechenden Passus. Die Heimleiter stehen untereinander in Kontakt, die Zusammenarbeit funktioniert gut. Das ist allein schon aus Kostengründen wichtig, Altersheime müssen ausgelastet sein. Selbstverständlich gewährleisten wir in diesem Rahmen auch die Niederlassungsfreiheit. Ausserdem werden im Pflegezentrum Stein am Rhein für alle Bewohner die gleichen Taxen erhoben.
Hätte man die demografische Entwicklung nicht voraussehen und die Weichen entsprechend früher stellen können – auch mit Bezug auf die bevorstehende Erweiterung des Heims?
Ullmann: Abklärungen ergaben, dass wir nicht mehr Plätze haben müssen. Mit der Überarbeitung der Pläne zum Umbau des Alterszentrums schaffen wir zwei zusätzliche Zimmer. Zimmer auf Vorrat bereitzustellen, würde die Kosten massiv in die Höhe treiben.
Es gibt noch andere Möglichkeiten der Altersbetreuung als ein Eintritt ins Heim. Wir erinnern an die Motion Hugo Meier, die 2001 den Bau von Alterswohnungen anregte.
Ullmann: In der Vergangenheit wurden im Asyl mehrere hindernisfreie Wohnungen eingebaut, die den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechen. Zudem läuft aktuell der Architekturwettbewerb für das genossenschaftlich organisierte «Begleitete Wohnen». Es basiert auf einer privaten Initiative, die wir sehr begrüssen und auch in unser Konzept einbeziehen. Weiter sind im Chlosterhof private Alterswohnungen geplant. Wir gedenken, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich der Thematik annimmt. Nach einer Analyse des Istzustandes soll sie sich speziell mit den Gebieten «Wohngruppen für Ältere» und «Betreutes Wohnen» befassen, immer mit Bezug zu den bereits bestehenden Angeboten, denn wir wollen Überkapazitäten vermeiden. Verschärfend wirkt, dass nur Ergänzungsleistungen erhält, wer im Heim untergebracht wird. Wer betreut wohnen will, ist davon ausgeschlossen.
Werden Personen höherer Pflegestufen im Pflegezentrum Stein am Rhein bevorzugt aufgenommen?
Ullmann: Nein, auf unserer Warteliste wird grundsätzlich nicht nach Pflegestufen unterschieden. Die Aufnahmen erfolgen nach Dringlichkeit. Grundidee und Ziel ist jedoch, dass man mit Besastufe 0 nicht ins Altersheim gehen muss.
Stamm: In Bezug auf die Pflegestufen ist die Altersheimkommission momentan daran, ein neues Reglement zu erarbeiten. Es berücksichtigt, dass ältere Menschen immer später ins Heim eintreten, und begünstigt neue Betreuungsmöglichkeiten. Wer keiner Pflege bedarf, soll diese neu zu schaffenden Möglichkeiten nützen können und nicht ins Heim eintreten. Der Eintritt ins eigentliche Altersheim soll erst ab leichter Pflegebedürftigkeit erfolgen. Das ist eine sinnvolle Priorisierung.
Ullmann: So können wir auch unser gut ausgebildetes Pflegepersonal sinnvoll einsetzen. Ihm wird in Zukunft ohnehin unsere grösste Sorge gelten. Die Suche nach qualifiziertem Personal auch ausserhalb des Pflegezentrums wird uns und die Politik künftig sicher stark beschäftigen.