Die grösste Modelleisenbahnlok der Schweiz

Ernst Hunkeler | 
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Was für ein Schiff der Stapellauf wäre, war für das «Krokodil» der Rhätischen Bahn der Roll-out bei der Firma Balson vor rund 200 Zuschauern. Bild: Ernst Hunkeler

Die Manufaktur Balson hat am Samstag ihr neustes Werk, ein RhB-Krokodil, beim feierlichen Roll-out einer grossen Gästeschar vorgestellt.

Nein, dieses legendäre Krokodil beisst nicht und kommt auch ganz ohne Wasser aus. Es lebt von elektrischer Energie sowie sorgfältiger Behandlung und bewegt sich nicht in Grün, sondern in sympathischem Hellbraun durch die Welt. Die Rede ist von der RhB-Lok Ge 6/6 C-C, genannt Krokodil, die am Samstag unter Beifall aus der Manufaktur Balson im Steiner Degerfeld rollte und um die 200 Modelleisenbahn-Freaks begeisterte.

Doch damit nicht genug: Die Lok mit einem zu Recht stolzen Erbauer Charly Ball am Steuerpult schleppte den in einen Postwagen integrierten Steuerstand, einen Personenwagen sowie die Caboose (den traditionellen, holzverschalten Begleitwagen am Ende von US-Zügen) ebenfalls im Massstab 1 : 2,7 hinter sich her und auf provisorisch verlegten Schienen hin-über auf die Waage der Recyclingfirma Imhof. Diese zeigte je nach Anzahl Beschauer, die grad mitgewogen wurden, immer um die acht Tonnen an.

In seiner Gesamtheit umfasst der Zug drei weitere Personenwagen, die jeweils acht Passagieren Platz bieten, misst vom Schneeräumer des «Krokodils» bis zur Hecklampe der Caboose satte 40 Meter und bringt zehn Tonnen auf die Waage.

So teuer wie ein Einfamilienhaus

Doch wer braucht ein solches Spielzeug, das für ein durchschnittliches Wohnzimmer doch wohl ein paar Nummern zu gross ist? Der Auftraggeber ist der Schweizer Unternehmer und Milliardär Hansjörg Wyss (82), der im kalifornischen Paso Robles eine Ranch mit Weingut besitzt. Darauf wurden vier Kilometer Bahnstrecke mit der Spurweite 381 Millimeter verlegt, auf der Weinfreunde schon bald über das Territorium rollen und den kalifornischen Rebensaft des Schweizer Winzers kosten können. Dazu hat die Steiner Schreinerei Beuggert & Leibacher in jedem der achtplätzigen Passagierwagen spezielle Tischchen eingebaut und die nostalgische Caboose mit viel (Edel-)Holz in eine Luxus-Degustationsklause für vier Personen verwandelt.

In absehbarer Zeit wird die knapp fünf Meter lange und viereinhalb Tonnen schwere Lok samt den sechs Wagen in Container verpackt, nach Antwerpen spediert und von dort per Schiff durch den Panamakanal nach San Diego verfrachtet.

Auftraggeber und RhB-Fan Hansjörg Wyss startete sein Vorhaben mit dem Vorsatz, den besten Eisenbahnmodellbauer in der Schweiz zu finden, und er fand ihn in Charly Ball, dessen Firma Balson schon Lokomotiven und Züge in die halbe Welt exportiert hat. Nach einem Besuch des Tycoons bei Ball kam es schnell zum Vertragsabschluss, denn Wyss hatte gefunden, was er gesucht hatte. Während der folgenden anderthalb Jahre bauten die Balson-Leute dann den Zug, der nun seinen Roll-out feierte. Übrigens: Die Kosten für dieses neue «Krokodil», dessen kleinerer Bruder auf den Gleisen der Steiner Liliput-Bahn im Stadtgarten rollt, sind etwa so hoch wie die für ein komfortables Einfamilienhaus …

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