Expertin für interkulturelle Kommunikation: «Vorurteile kann man ins Positive wenden»
Wenn in einer Firma Arbeitnehmer aus allen Herren Ländern zusammenkommen, kann es schon mal knirschen. Verschiedene Arbeits- und Kommunikationskulturen prallen aufeinander. Die interkulturelle Trainerin Sahar Gasgari-Luu weiss, wie man geschickt die Wogen glättet. Am Montag hat sie an der Senioren-Uni Schaffhausen dazu gesprochen.
Frau Gasgari-Luu, was macht man eigentlich als interkulturelle Trainerin?
Sahar Gasgari-Luu: Ich beschäftige mich mit unterschiedlichen Kulturen und schaue, dass Menschen, die unterschiedliche Hintergründe haben, sich auch kulturell verstehen, um bestmöglich miteinander arbeiten zu können. Kommunikation macht dabei einen elementaren Bestandteil aus. Wir kommunizieren täglich, und jede Kultur, jeder Mensch hat seine Präferenzen, wie er kommuniziert.
Warum kommt es so häufig zu Missverständnissen?
Man geht oft davon aus, dass die Kommunikation, die man selbst bevorzugt, auch für die andere Person so sein sollte. Viele sind sich gar nicht bewusst, wie sie selbst kommunizieren und agieren, welche Werte sie haben. Dadurch kommt es häufig mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu Missverständnissen, denn sie haben natürlich auch Herangehensweisen, Vorlieben und Annahmen, wie sie mit ihrem Gegenüber reden, und das kann dann schnell schwierig werden.
Versteht man sich denn unter Europäern besser als im internationalen Kontext?
(lacht) Wir sind alle nur Menschen! Selbst wenn wir zwei Schweizer zusammentun, kann es Missverständnisse geben, obwohl sie aus der gleichen Kultur stammen und ähnliche Werte und Prägungen haben. Es ist aber leichter, weil man zumindest schon mal eine Basis hat. Aber nehmen wir eine deutsche und eine italienische Kultur, da gibt es bereits deutliche Unterschiede im europäischen Gebiet. Und in Asien, da ist man noch mal ganz anders unterwegs.
«Viele sind sich gar nicht bewusst, wie sie selbst kommunizieren und agieren.»
Inwiefern?
Sie gehen anders mit Fehlern um, da geht es auch viel darum, sein Gesicht zu wahren. Man muss wissen, wie man heikle Themen kommuniziert, man muss sensibel kommunizieren. Auch die Frage, wer darf bei Gesprächen mit im Raum sein, ist wichtig, also sind Autoritätspersonen dabei oder nicht.
Ich stelle es mir schwierig vor, Konflikte zu lösen, die aufgrund verschiedener Kulturen entstehen. Denn Denkmuster und kulturelle Prägung sind in jedem von uns tief drin.
Ja, das ist so, und deshalb ist es wichtig, dass ich nicht erst gerufen werde, wenn der Konflikt schon da ist, vielleicht sogar schon seit Monaten oder Jahren. Dann sinken die Motivation und die Bereitschaft, daran etwas zu ändern. Im schlimmsten Fall will man dann auch gar nicht mehr miteinander reden. Idealerweise komme ich dazu, wenn sich internationale Teams zusammenfinden, und sie erhalten dann parallel zu ihrer Arbeit interkulturelle Trainings.
Wie läuft so ein interkulturelles Training denn ab?
Meine Aufgabe ist es, zunächst Offenheit zu schaffen, dass alle Beteiligten dafür bereit sind und Lust haben an der gemeinsamen Zusammenarbeit. Wir überlegen dann gemeinsam, wie man es schafft, dass man als Team gut zusammenarbeiten kann.
Voneinander die schönen Seiten entdecken, um Vorurteile abzubauen.
Es geht auch viel darum, Verständnis für die anderen Arbeitskollegen zu schaffen und zu wissen, wie man Schwierigkeiten richtig anspricht.
Wie sehr haben Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?
Vorurteile haben wir alle, und das ist ganz natürlich. Vorurteile kann man aber abbauen und sie ins Positive wenden.
Und wie geht das?
Indem man lernt, voneinander die schönen Seiten zu entdecken. In Trainings mag ich es besonders gerne, wenn wir zu dem Punkt kommen, wo man über bestimmte Verhaltensweisen des anderen lächeln oder schmunzeln kann und dann sagt: «Ich finde das klasse, dass du das kannst, weil mir fällt das schwer.» Dann hat man den Punkt erreicht, dass man andere so akzeptiert, wie sie sind. Und dann kann man gut als Team zusammenwachsen.