Vorläufig letzte «Newcomer»-Schau im Kammgarn

Mark Liebenberg | 
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Die Ausstellungsmacher Patrick Werner und Tanja Griadunova vor Anastasia Bürglers Rauminstallation. Bild: Selwyn Hoffmann

Ab März heisst es für die Zwischennutzer im Kammgarn Westflügel Koffer packen. Ob und wo es eine vierte Ausgabe der jurierten «Newcomer»- Ausstellung gibt, ist noch unklar.

Es ist ein sympathisches Kunstformat, an das man sich beinahe schon etwas gewöhnt hat: Die jährliche Kunstschau im Zwischennutzungsgeschoss der Kammgarn West, welche jeweils im Herbst jungen bis sehr jungen, in der Schaffhauser Kunstszene ansonsten bisher kaum bekannten Kunstschaffenden eine Plattform bietet. Die dritte Ausgabe, die heute Abend mit einer Vernissage gefeiert wird, ist jedoch mit Sicherheit die letzte an diesem Ort, wie der Kunstorganisator Patrick Werner bestätigt. «Ab April will die Stadt bekanntlich mit dem Umbau des Gebäudes beginnen, bis dann müssen alle Zwischenmieter ausgezogen sein.» Noch ist völlig unklar, ob das 2018 realisierte Zwischennutzungsprojekt an einem anderen Ort seine Fortsetzung findet (Werner: «Wir sind mit diversen Playern im Gespräch») – sicher ist, dass die «Newcomer»-Ausstellung im Herbst 2023 ebenfalls an einem anderen Ort stattfinden müsste.

Eine fünfköpfige Jury hat auch dieses Mal frische, freche, nachdenkliche und mit unterschiedlichen Medien arbeitende Nachwuchskunst mit Schaffhauser Bezug ausgewählt, sich aber auf drei Kunstschaffende beschränkt, die alle zwischen 21 und 23 Jahre jung sind und teils mitten in der Ausbildung stecken, zwei Herren und eine Dame.

In seiner installativen Arbeit setzt sich Giordano De Grandis mit dem öffent­lichen Raum in Schaffhausen aus­einander und stellt sich – aus der Perspektive eines passionierten Skaters – die Frage: Wie lässt sich dieser umgestal­ten. Vor ausgewählten Hintergründen («Füd­li­blick», Rheinbrücke) setzt er auf einer Plexiglasscheibe eine Skaterrampe in Szene. Man merkt, es geht weder um die Rampe noch um den konkreten Ort: Sichtbar wird vielmehr, wie einfach sich kreative Interventionen im Stadtraum imaginieren lassen. «Imagine» – mit diesem englischen Wort in kyrillischen Schriftzeichen auf einem Grabstein aus Pappmaschee schlägt Anastasia Bürgler aus Neuhausen eine ganz andere Brücke. Ihre Installation zeigt einen Holzsarg, in dem der serbische Grossvater der Künstlerin ein zweites Mal als Kunstprojekt zu Grabe getragen wird, samt dunkler Erde, Trauerblumen und eben dem Grabstein. Dass der Sarg schräg aus dem Boden ragt, habe damit zu tun, dass bei der realen Beerdigung der Aushub für das Grab zunächst zu klein gewesen sei für den mächtigen Sarg, und nachgeschaufelt werden musste. Die Künstlerin habe mit der Darstellung der tragikomischen Anekdote auf nachdenkliche Weise ihre Verwurzelung und gleichzeitig ihr Fremdsein mit dem ­anderen Kulturkreis ausgelotet, erklärt Tanja Griadunova, die mit Werner die Ausstellung mit den Jungkünstlern erarbeitet hat.

Nur beim ersten Hinsehen konventioneller als die beiden anderen Arbeiten sind die Gemälde von Maxime Corbach. Porträts allesamt, in diversen Malstilen, die mal etwas graffitihaftes haben oder aus dem Comicbereich entlehnt sein könnten. «Ein Künstler der klar seine Handschrift sucht», sagt Patrick Werner. Eine Bilderreihe, die sich gegen die zentrale Gruppe hin aber verdichtet: Eine Frau mit ausdrucksstarken Augen in quasi-realistischem Stil gemalt, starrt den Betrachter direkt an, flankiert von zwei Porträts in denen die Personen wegsehen und deren Augen mit einem Zensurbalken übermalt sind.

Die Vernissage zur 3. jurierten «Newcomer:innen»-­Ausstellung findet heute Freitag um 19 Uhr im 1. Stock der Kammgarn West statt.

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