Debatten einmal ohne Traktandenliste

Schaffhauser Nachrichten | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare

Der Grosse Stadtrat von Schaffhausen traf sich gestern zu einer Wanderung durch Herblingen und zum traditionellen «Henkermöhli». Dabei waren die bevorstehenden Wahlen nur eines der vielen Gesprächsthemen.

Isabel Heusser und Daniel Jung

Grossstadtrat Markus Leu (SVP) konnte sich gestern zu Beginn des traditionellen «Henkermöhli» des Stadtparlaments ein Lächeln nicht verkneifen: Ausgangspunkt des Ausflugs war die Bushaltestelle Forsthaus in der Nähe der Solenbergstrasse in Herblingen – dort also, wo der Stadtrat vor zwei Jahren ein Abstellverbot für Lastwagen auf dem Schotter erlassen hatte. Leu hatte sich in einem Vorstoss nach dem Grund erkundigt. Der Stadtrat, so die Antwort, möchte die Schotterfläche ökologisch aufwerten. Warum dies wichtig ist, erklärte gestern Felix Guhl, Bereichsleiter Grün Schaffhausen. Er leitete den Ausflug zusammen mit André Moritz, Abteilungsleiter Wald, und Konrad Bruderhofer, Abteilungsleiter Stadtgrün.

Entlang des Solenberghangs hätten sich wertvolle Biotope entwickelt, so Guhl. «Sie sollten nicht für sich alleine stehen, darum ist es wichtig, diese Biotope zu vernetzen.» Dass sich nur wenige Schritte vom Industriequartier entfernt wichtige Lebensräume für Insekten und Amphibien befinden, davon konnten sich die Teilnehmer gestern selbst überzeugen: Zu ihrem Entzücken entdeckten sie eine Schlange in einem Feuchtgebiet entlang des Wanderwegs. Oder war es doch nur ein Frosch?

Wald als «natürliche Klimaanlage»

Das «Henkermöhli» findet jeweils gegen Ende der Legislaturperiode statt. Neben dem Stadtrat und dem Grossen Stadtrat sind auch die Bereichsleiter der Stadtverwaltung eingeladen. Die gestrige Wanderung führte vom Solenberghang via Wegenbachhütte zur Freizeitanlage Dreispitz. Für einige Grossstadträte war es ein besonderer Ausflug – sie haben sich entschieden, zu den Wahlen am 29. November nicht mehr anzutreten. So etwa René Schmidt (GLP), der die Geschäftsprüfungskommission präsidiert. Der Entscheid sei ihm nicht leichtgefallen, so Schmidt. Doch er wolle sich nun ausschliesslich auf den Kantonsrat konzentrieren, wo er ebenfalls aktiv ist. Er könne mit gutem Gewissen gehen, erklärte er. Seine Partei sei gut aufgestellt. «Jetzt ist es an der Zeit, dass jünger Leute das Ruder übernehmen.» Ebenfalls nicht mehr antreten werden Christoph Schlatter (SP), Stephan Leu (SVP) und Simon Sepan (AL). Sie waren gestern jedoch nicht dabei.

Während der Wanderung war es sonnig und fast sommerlich warm, sodass zwischendurch der Ruf «Wann gibt’s Apéro?» ertönte. Felix Guhl nützte die Gelegenheit, um auf den Wald als «natürliche Klimaanlage» aufmerksam zu machen: «Bäume verdunsten Wasser und kühlen so die Umgebung ab.» Erhört wurde der Apérowunsch schliesslich bei der Wegenbachhütte, wo Wasser, Weisswein und Falkenbier serviert wurde.

Stadtpräsident Peter Neukomm (SP) nutzte das «Henkermöhli», um sich bei Stadtgärtner Felix Guhl zu bedanken, der bald in den Ruhestand tritt. Sein Nachfolger, Florian Brack, lernte gestern bereits die Mitglieder des Stadtparlaments kenne.

Neukomm bedankte sich bei denjenigen Parlamentariern, die sich Ende Jahr freiwillig aus dem Rat verabschieden. Daneben werde es wohl aber auch einige geben, die am 29. November abgewählt werden. «Diese Liste kennen wir noch nicht», sagte Neukomm. Er scherzte, dass der Stadtrat hier ja keinen Einfluss habe, obwohl er diesen manchmal gerne hätte. «Ich hoffe, dass die Stimmbürger weise entscheiden werden», sagte der Stadtpräsident diplomatisch.

Ein spezielles Präsidialjahr

Etwas nachdenklich wurde Nicole Herren (FDP), die Präsidentin des Grossen Stadtrats. Das «Henkermöhli» ersetzt den Ratsausflug, den Herren als oberste Stadtschaffhauserin organisiert hätte. Ohnehin sei es ein spezielles Präsidialjahr, sind doch wegen der Corona-Pandemie zahlreiche Anlässe ausgefallen, die sie als Vertreterin des Rats hätte besuchen können.

Die Wanderung endete schliesslich beim Klubhaus des Pétanque-Klubs Herblingen in der Freizeitanlage Dreispitz. Dank des milden Wetters wurde Corona-konform im Freien gegessen, nach dem Essen wurden auch noch verschiedene Partien mit den schweren Metallkugeln gespielt.

Präsident Harry Waldvogel begrüsste die Gäste – und war mit dem «Partyvogel»-Catering auch gleich für das leibliche Wohl besorgt. Zum Abendessen konnten die Gäste ihre eigenen Grillspiesse zusammenstellen und selber grillieren. Dafür standen Gemüse sowie Fleisch zur Auswahl. Ergänzt wurden die Grilladen durch ein Salatbuffet sowie neue Kartoffeln. Zum Dessert wurden Fruchtsalat, Schokomousse, Flan sowie Pflaumen- und Beeren-Tiramisu serviert.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren