Der Lauf des (Fussball-)Lebens: Profisport ist nicht immer romantisch

Tobias Erlemann Tobias Erlemann | 
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Impressionen aus dem ersten Training mit dem neuen Trainer des FC Schaffhausen, Bild zeigt Captain Bujar Lika,  am Montag, 17. Juni 2024. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Bujar Lika hat beim FCS keinen neuen Vertrag bekommen. Dabei wäre er gerne geblieben. Manchmal ist der Profifussball aber knallhart. Bild: Melanie Duchene

Heiss diskutiert in Schaffhausen wird der leise Abschied von Routinier Bujar Lika, der keinen Vertrag mehr bekam beim FCS. Geht man ein wenig in die Tiefe, wird der Entscheid verständlich und nachvollziehbar.

Bujar Lika hat beim FC Schaffhausen so ziemlich alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Ein Fast-Aufstieg, ein bitterer Abstieg, viele umjubelte Siege, aber auch harte Niederlagen, Querelen und manch finanzielles Chaos. Doch er ist geblieben, fast 6,5 Jahre, nur unterbrochen von einem kurzen Abstecher zum Grasshopper Club Zürich in die Super League. So einen hat man gerne in seinem Team, der sich voll mit dem Verein identifiziert.

Aber: Manchmal müssen im Fussball harte Entscheide gefällt werden – wie nun eben geschehen bei Lika, der keinen Vertrag mehr bekommen hat beim FCS. Unter den Fans wird nun heiss diskutiert, ob man die Zusammenarbeit mit dem 32-Jährigen nicht hätte verlängern sollen. Im schnelllebigen Fussballbusiness gibt es nur noch wenige Konstanten wie Lika. Die Challenge League oder jetzt in der Promotion League sind doch reine «Sprungbrett-Ligen». Junge Spieler lassen sich dahin ausleihen, um Spielpraxis zu sammeln. Nach einer Saison sind sie wieder weg. Talentierte Schweizer Kicker wollen auf sich aufmerksam machen, um schnell nach oben zu kommen. Gute Ausländer geben ihre Visitenkarte ab, beim erstbesseren Angebot wechseln sie. Von daher ist Vereinstreue ein hehres Gut. Und ja, auch Bujar Lika wagte mal den Sprung in die Super League zu GC – und kam dann aber nach Schaffhausen zurück. Hier wusste er, was er hat. Hier konnte er sich so einbringen, wie er es wollte.

Hätte er also weiterbeschäftigt werden sollen? Auf den ersten Blick: Ja, so einen Spieler musst du halten, der alles mitgemacht hat, der gut ist für die Kabine und gerade den jungen Spielern vorlebt, was es bedeutet, Profi zu sein. Kaum ein Spieler verkörpert dies so sehr wie Lika. Der war nie das grösste Talent, aber mit Willen und Fleiss hat er mehr erreicht, als es ihm viele prognostiziert hätten.

«Lika war nie das grösste Talent, aber mit Willen und Fleiss hat er mehr erreicht, als es ihm viele prognostiziert hätten.»

Tobias Erlemann, Sportchef Schaffhauser Nachrichten

Gehen wir etwas tiefer in die Materie rein, ist der Entscheid des FCS absolut nachvollziehbar. Lika war sportlich nicht mehr unantastbar. Zum Ende hin unter Hakan Yakin spielte er zwar wieder. Aber auch beim 32-Jährigen ruckelte es leistungstechnisch. In Noel Wetz hat man einen jungen, starken Rechtsverteidiger. In Fabian Gloor verpflichtet man einen talentierten Back-up mit viel Tempo. Ausweichen könnte Lika auf links. Da hat man aber Eigengewächs Leon Rüeger, Neuzugang Stiljan Gegaj und Routinier Ermir Lenjani. Heisst: Alle Stellen sind besetzt. Mit Sinn und Verstand wurde der Kader bisher geplant, so leid einem das für Lika tut. Als Typ ist er spitze, aber Sportchef Bernt Haas hat eine ehrliche Entscheidung getroffen. Zumal auch Lika es nicht gewollt hätte, einen Vertrag zu bekommen nur als «Gnadenbrot», um sportlich gar keine Rolle zu spielen.

Profifussball ist eben nicht immer romantisch. Das wissen die Spieler, das wissen die Trainer, das wissen die Funktionäre. Es geht um Geld, um Macht, um Erfolge – aber auch um Emotionen. Denn wie sehr der Fussball bewegt, sieht man an den Fandiskussionen um das Ende von Bujar Lika im FCS-Trikot. Für den ist es aber gleichzeitig auch ein schönes Zeichen, dass sein Aus bedauert wird. Was nun noch fehlt: Ein echter Abschied, nach über 200 Ligaspielen in Gelb und Schwarz hat diesen der 32-Jährige verdient. Und sicher wird der FCS da etwas organisieren. Ein bisschen Romantik gibt es eben doch noch im knallharten Fussballgeschäft.

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