Wo Schaffhausen überall aufblitzt

Isabel Heusser | 
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Museum-zu-Allerheiligen-Kuratorin Jennifer Burkard vor einem Panorama, das Yves Netzhammer in den Neunzigerjahren schuf und Schaffhauser Elemente enthält. Bild: Julia Leppin

Tennisplätze, Aromat, der Narr im Kesslerloch: Yves Netzhammer hat in der Ausstellung «Biografische Versprecher» viele persönliche Bezüge zu Schaffhausen verwoben.

Da hängt der freche Narr als Projektion von der Decke des Kesslerloch-­Dioramas im Museum zu Allerheiligen und pinselt an die Steinwand. Unter ihm beschäftigen sich die Rentierjäger aus prähistorischer Zeit mit ihren Waffen. Die Projektion ist eine der Interventionen, die Künstler Yves Netzhammer für seine Ausstellung «Biografische Versprecher» schuf. Gestern stellte Kuratorin Jennifer Burkard im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Museumshäppchen» einige dieser Interventionen vor. «Als wir Yves fragten, ob er auch Räume der Dauerausstellung bespielen wolle, fingen seine Augen an zu strahlen», sagt Burkard. Von Anfang an sei klar gewesen, dass er etwas im Diorama, das bei Schulkindern ­besonders beliebt sei, gestalten wolle. «Es ist auch für ihn eine Kindheitserinnerung.» Der Narr, der bewusst an den «Knorrli» erinnert, ist die Hauptfigur der Ausstellung und zugleich ein Alter Ego Netzhammers, der in Schaffhausen aufgewachsen ist und mittlerweile in Zürich lebt. «Es ist eine Figur mit Charakter», erklärte Burkard. Oftmals mit Humor und Verspieltheit: «Hier kann Yves seine lustigen und leichten Seiten zeigen.» Seinen computeranimierten Figuren werde in anderen Werken nachgesagt, sie seien surreal oder ­gewalttätig.

In ungemütlichen Zustand versetzen

Diese Seite tritt insbesondere in der Sonderausstellungshalle in Erscheinung: Da sieht man den Narren in einer Computeranimation, wie er eine Plastikfigur in ein Krematorium schiebt oder vor einem Konzentrationslager einen Hamburger isst und mit dem Handy ein Selfie macht.

«Hier kann Yves seine lustigen und leichten Seiten zeigen.»

Jennifer Burkard, Kuratorin

In manchen Interventionen hat Netzhammer biografische Elemente verarbeitet. Im Raum, wo die Nellenburger Grabplatten zu sehen sind, hängt ein Panorama an der Wand: eines seiner frühesten Werke. Es handelt sich um eine Zeichnung, die in den Neunzigerjahren am Computer entstanden ist und aus vielen kleinen Szenen und Elementen besteht. Da ist etwa die Schrägseilbrücke abgebildet, das Münster, die Kirche St. Johann – und immer wieder Tennisplätze: Netzhammers Vater war Tennislehrer.

Auch das Aromat, die Lieblingswürze der Schweizer aus Thayngen, hat der Künstler in die Ausstellung aufgenommen: Auf ein Relief der Stadt aus dem 19. Jahrhundert hat er eine Zeichnung aus Aromat «gestreut» – «wie die Bomben, als die Stadt 1944 versehentlich von den Amerikanern bombardiert wurde», so Burk­ard. Da ist sie wieder, die dunkle Seite Netzhammers. «Er will uns wachrütteln und in einen ungemütlichen Zustand versetzen.» Der Narr sei eben nicht immer lustig: «Er übt auch Kritik an der Gesellschaft.»

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