«Stadtrat will bei Videoüberwachung keine Salamitaktik fahren»

Dario Muffler | 
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In der Schaffhauser Altstadt, hier in der Baumgartenstrasse, laufen die Videokameras auch künftig nur von 18 bis 7 Uhr. Bild: Selwyn Hoffmann

Der Stadtrat ist nach einer Überprüfung zu dem Schluss gekommen, dass die Ausweitung der Betriebszeiten der Videoüberwachung die persönliche Freiheit zu stark tangieren würde.

Wer in der Nacht durch die Schaffhauser Altstadt geht, kann von einer Videoüberwachungskamera erfasst werden. An insgesamt acht Stellen in Schaffhausen wird der öffentliche Raum seit 2010 mit Kameras überwacht. Seit dem Beginn der Massnahme laufen diese nur von 18 Uhr abends bis 7 Uhr morgens.

Vergangenen Dezember war an der Sitzung des Grossen Stadtrats aber die Idee aufgekommen, den Betrieb auf 24 Stunden auszuweiten (SN vom 13. Dezember 2017). Ernst Sulzberger (GLP) sagte damals im Namen der zuständigen Fachkommission: «Es wurde eingehend darüber diskutiert, ob die Kameras nicht auch tagsüber laufen sollten, da sich im Altstadtbereich Delikte immer wieder auch tagsüber ereigneten.» Die Aufzeichnungen seien zweifellos eine Hilfe in der Ermittlung der Täter, so Sulzberger. Zuspruch gab es damals von der ÖBS/CVP/EVP/GLP-Fraktion sowie von der SVP. «Unsere Fraktion versteht nicht, weshalb die Videoüberwachung zeitlich limitiert ist», sagte etwa Markus Leu (SVP). Kritisch äusserten sich in der Ratsdebatte derweil die FDP sowie die AL.

Der Stadtrat nahm das Anliegen aus der Fachkommission auf und prüfte eine Ausweitung der Videoüberwachung. Nun hat er beschlossen, auf eine 24-Stunden-Überwachung zu verzichten. «Der Eingriff in die Privatsphäre wäre nicht verhältnismässig», fasst Sicherheitsreferent Simon Stocker (AL) zusammen. Der Stadtrat stützt sich bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Beurteilung, die er gestern veröffentlichte.

Das private Interesse überwiegt

«Bereits an der Debatte des Grossen Stadtrats habe ich darauf hingewiesen, dass sich bei einer Ausweitung der Betriebszeiten die Frage der Verhältnismässigkeit stellt», so Stocker. Die Videokameras in der Schaffhauser Altstadt wurden primär zur Prävention und zur Ermittlung von Tätern sowie zur Beweisführung installiert. So sollen Vandalismus, Belästigung, Unfug und andere Störungen eingedämmt werden. Um diesen Ansprüchen zu genügen, brauche es aber keine Überwachung zwischen 7 und 18 Uhr. Einerseits seien die überwachten Orte tagsüber stärker frequentiert, was präventiv wirke. Andererseits sei die Zahl der Straftaten mehrheitlich rückläufig oder stagnierend, heisst es im Bericht.

Die Stadt hält weiter fest, dass das öffent­liche Interesse in diesem Fall das private nicht überwiegt. Es gebe auch keine besonderen aktuellen Vorkommnisse, die eine andauernde Überwachung rechtfertigen würden.

Und absolute Ausnahmefälle? Im Grossen Stadtrat war das Beispiel des Kettensägenangriffs im Juli des vergangenen Jahres etwa als Argument für die Überwachung während des Tages vorgebracht worden. Diesbezüglich hält der Bericht fest: «Ein einmaliges Ereignis wie der sogenannte Kettensägenangriff in der Vorstadt vermag einen solchen Eingriff in die Privatsphäre sämtlicher sich in der Schaffhauser Altstadt aufhaltender Passanten nicht zu rechtfertigen.»

Auch der Kanton ist dagegen

Der kantonale Datenschutzbeauftragte kommt in seiner Stellungnahme ebenfalls zum Schluss, dass die Ausweitung der Überwachung unverhältnismässig sei. Die aktuelle Sicherheitslage in der Stadt rechtfertige den zusätzlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der überwachten Passantinnen und Passanten nicht, schreibt er.

Mit dem Entscheid, betont Stocker, sei gezeigt worden, dass der Stadtrat nicht in ei- ner Salamitaktik die Überwachung laufend ausdehnen wolle. «Die Verhältnismässigkeit steht immer an oberster Stelle», so der Stadtrat. Da das Videoreglement, das den Einsatz der Kameras legitimiert, in der Zuständigkeit des Schaffhauser Stadtrats liegt, muss das Parlament diesen Entscheid so zur Kenntnis nehmen.

 

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