Thayngen fiebert mit der Fussballnati mit
Das WM Public Viewing in Thayngen lockte rund 50 Fans an. Vor dem Anpfiff zeigten sie sich zuversichtlich und tippten auf einen Sieg. Nach dem Spiel und der 0:1-Niederlage bleibt die Hoffnung auf den Einzug in das Achtelfinal intakt.
Wir schenken Ihnen diesen Beitrag und wünschen Ihnen ein angenehmes Lese- und Sehvergnügen. Übrigens: Mit dem SN Digital Abo erhalten Sie rund um die Uhr News, Interviews, Hintergrundberichte und Videoreportagen auf shn.ch, der News- und Serviceplattform der «Schaffhauser Nachrichten». Testen Sie das SN Digital Abo hier einen Monat kostenlos.
von Fabienne Jacomet und Sophie Nussli
«Spiel mal den Ball!», ruft es im Kollektiv in der Eventhallte Ota Danek in Thayngen. Gebannt schauen rund 50 Gäste auf die vier grossen Bildschirme, die zwischen Lichterketten, Rentierfiguren und zwei grossen Tannenbäumen mit silbernen Kugeln hängen. Sie alle sind gekommen, um gemeinsam die Schweizer Fussball-Nati gegen Brasilien spielen zu sehen.
Vor dem Anpfiff sind noch alle Gäste zuversichtlich. «2:1 für die Schweiz», meint ein Gast auf die Frage, wie das Spiel ausgehen wird. Er ist sogar bereit für eine Wette: «Darauf 100 Franken.» Er werde dann die Summe bei SN-Chefredaktor Robin Blanck abholen kommen. Auch Marlis Guldi tippt auf einen Sieg für die Schweiz, 1:0. «Wenn ein Tor fällt, hängen hier alle an der Decke», versichert sie. Etwas vorsichtiger gibt sich Egon Bösch. Der OK-Präsident der 100-Jahr-Jubiläumsfeier des FC Thayngen ist mit seinem Enkel und dessen Freund beim Public Viewing und trägt sein Trikot, auf dem alle Nati-Spieler und Trainer Murat Yakin unterschrieben haben. «Ich hoffe natürlich auf einen Sieg für die Schweiz, aber bin schon zufrieden, wenn sie nicht höher als 2:0 verlieren.»
«Eieiei» bei Baguette und Wein
Auch der Gemeindepräsident Marcel Fringer (FDP) lässt sich das Spiel nicht entgehen. «Als ich ein Kind war, schlug mein Herz für Brasilien, aber da war die Schweiz auch noch nicht an der WM dabei.» Er sei sehr froh, dass Ota Danek, der Leiter der Eventhalle, das Public Viewing veranstalte. «Ich mache das, weil ich die Spiele sowieso schauen würde», meint dieser. «Es ist doch schön, diese Freude mit anderen Fussballfans zu teilen.» Auch das Spiel gegen Serbien am Freitag werde er zeigen. Die Plätze sind schon beinahe ausgebucht.
«Es ist doch schön, diese Freude mit anderen Fussballfans zu teilen.»
Ota Danek, Leiter der Eventhalle Ota Danek Thayngen
Und dann geht es los. Die Spieler betreten das Feld und singen die Nationalhymne. Auch in der Eventhalle stimmen vereinzelt Leute in den Gesang ein. Danach flacht die Stimmung ab, es gibt wenige gute Szenen von beiden Mannschaften. Die Gäste bestellen sich Baguettes mit Käse oder Hackfleisch. «Willst du nochmals etwas Wein?», fragt Danek einen Gast. «Bring mir gleich die Flasche.» Dann kurzes Entsetzen: Rodriguez mit dem riskanten Rückpass. Ein kollektives «Eieiei», und dann ist die erste Halbzeit auch schon vorbei. Das Fazit mehrerer Gäste: Goalie Yann Sommer sei der beste Mann.
Elio Ritacco, Besitzer des Café Central in Jestetten und FC-Schaffhausen-Sponsor, unterhält sich mit einer Gruppe anderer Gäste. Er kennt Murat Yakin von dessen Zeit beim FCS und ist mit ihm befreundet. «Wir haben vor dem Spiel über Whatsapp noch geschrieben.» In die Karten blicken habe er sich nicht lassen. «Er meinte: abwarten.»
Abwarten heisst es dann auch in der 66. Minute: Nachdem Vinicius für Brasilien zum vermeintlichen Führungstreffer einnetzt, meldet sich der VAR – Abseits. Jubel in der Halle. Die Brasilianer werden stärker, die Thaynger nervöser. Und dann plötzlich taucht auf dem Bildschirm ein weisser Kasten auf. «Ota, Ota», rufen die Gäste – und der Bildschirm geht in der 80. Minute aus. Zu lange lief die Anlage bereits. Einige Gäste wechseln sofort auf den Livestream auf ihrem Handy. Ota Danek eilt zur Fernbedienung und schaltet den Bildschirm wieder ein. Perfektes – oder schlechtes Timing: Die Gäste können gerade noch live zusehen, wie Casemiro für Brasilien trifft. Und dieses Mal zählt der Treffer. «Mist, da hätte ich besser ausgeschalten gelassen», meint Danek. «Obwohl, das wäre auch doof gewesen.» Enttäuschte Gesichter überall in der Halle. Es sind sich alle einig: «Booo!», klingt es, als die Wiederholung gezeigt wird.
Die Schweiz kommt noch zu vereinzelten Chancen, aber kleine Fehler und einfache Ballverluste häufen sich. «So sieht es momentan aus beim FCS», meint ein Fan. «Macht doch mal ein Tor, Mann!»
Und dann ist die Niederlage nach sechs Minuten Nachspielzeit Tatsache. Einige Gäste gehen gleich nach Hause. Andere haben noch kurz Zeit für ein Fazit: «Sie haben sich wacker geschlagen», meint Thomas Moser, Kommunikationschef bei der Cilag. Das Erreichen des Achtelfinals ist noch immer möglich. Von den 100 Franken, die er gewettet hätte, will der zuversichtliche Fan vom Anfang derweil nichts mehr wissen: «Zum Glück haben wir nicht gewettet.»