«Das, was ich mache, das kann ich»

Schaffhauser Nachrichten | 
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Die Künstlerin Tatjana Brock macht Installationen und arbeitet viel mit Keramik. Eindrücklich sind die gebrannten Textilien sowie die plastischen Arbeiten und die Verwendung von Abfallstoffen.

Text Alfred Wüger Bilder Flavia Grossenbacher

Tatjana Brock hat für die diesjährige Durchführung der traditionellen Weihnachtsauktion der «Schaffhauser Nachrichten» ein Objekt eingereicht. Dies ganz im Gegensatz zu allen andern. Die mit Bildern oder Fotografien vertreten sind, mit Dingen also, die man an die Wand hängen kann.

Die Künstlerin Tatjana Brock in ihrem Atelier in Thayngen. «Hier lagern meine Werke, und hier stelle ich Neues her.» Auf der Wandtafel stehen Notizen zum Konzept einer grösseren Arbeit.

Natürlich könnte man auch Tatjana Brocks Objekt an die Wand nageln. Damit aber würde man wohl dem Sinn, den die Künstlerin dem Gegenstand gegeben hat, nicht gerecht werden. In ihrem Atelier in Thayngen, das gleichzeitig als Lager dient, erläutert sie ihre Arbeit: «Ursprünglich war das ein Abfallprodukt aus der Industrie: Röhren. Die habe ich der Länge nach halbieren lassen, und so bekam ich 24 Halbschalen. Und die wiederum habe ich dann ­bemalt.» So wurden aus Röhren und Teilen davon Kunstobjekte. Ausgestellt wurde die Arbeit 2006 an einer Gruppenausstellung in Hasselt in Belgien unter dem Titel TaBlance. Tatjana Brock baute einen acht Meter langen Tisch, und darauf lagen dann die Objekte, die Stücken von Dachrinnen ähneln, hintereinander und nebeneinander. «Was mich daran gereizt hat, ist die Bewegung. Wenn man am Tisch sitzt und sich Brot in den Objekten findet, dann schaukelt das. Die Arbeit hat mit der Gesellschaft, mit dem Zusammenkommen zu tun.» So gesehen ist es nur folgerichtig, dass die Künstlerin nun eine «TaBlance» für die Auktion, deren Erlös der Schaffhauser Gassenküche zugute kommen wird, zur Verfügung stellt.

In Ton getunkte Kleider gebrannt

Wenn man sich im Atelier umschaut, dann fällt der Blick unweigerlich noch auf eine andere Art von Gefäss. Auf dem Boden steht ein grosser schwarzer Plastikkübel, darin befindet sich eingetrockneter Ton, und in diesem steckt eine sogenannte Gartenkralle, mit der man die Erde lockern kann. Natürlich könnte Tatjana Brock den Ton auch mit einer Maschine kneten. «Aber», sagt sie, «dieses mechanische Selbstarbeiten finde ich schön. Darin steckt eine ganz andere Ruhe.» Ruhe herrscht im Atelier tatsächlich, nicht zuletzt wegen einer Katze, die hier regelmässig ihr Fressen bekommt und es sich nun auf einem Stuhl bequem gemacht hat.

Zurück zum Ton. Irgendwo im Haus würden die rund 5000 Tonkugeln lagern, die vor Jahren Teil der Installation «Frux» waren. Und auch die in Ton getunkten Textilien, die die Künstlerin nach dem Eintunken im Ofen zweimal behutsam gebrannt hat, sind hier. Die Frage drängt sich auf: «Wie steht es mit Verkäufen?» Lediglich drei Prozent der Kunstschaffenden würden «von der nackten Kunst leben» können, sagt Tatjana Brock. «Die andern gehen einer Nebentätigkeit nach.» Auch sie selbst habe das schon gemacht. Mit einem 50-Prozent-Pensum in einem Museum gearbeitet zum Beispiel. «Da habe ich dann allerdings gemerkt, dass mein künstlerischer Rhythmus kaputt ging, und da habe ich wieder gekündigt.» Sie sagt auch, dass die vielen von ihr geschaffenen Gegenstände, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, ­bisweilen beschwerend seien. Aber schon lacht sie wieder und ruft: «Irgendwann kommt ein Betonmixer, und dann kommen die ganzen Keramiken in den Betonmixer, und wenn sie zermahlen sind, dann kippe ich sie in den Rhein.» Noch ist es indes nicht so weit, denn: «Die künstlerische Arbeit ist sehr befriedigend. Das ist, was ich schon immer machen wollte. Ich war mir anfangs nur nicht bewusst, dass die Kunst ein gnadenlos hartes Brot ist. Wenn sie denn überhaupt ein Brot ist.»

Bei Tatjana Brock kommt noch erschwerend dazu, dass sie keine Malerin ist. Sie kommt aus dem dreidimensionalen Bereich, macht Installationen, stellt Keramikobjekte her und verwendet Abfallprodukte. Sie sagt: «Meine Arbeiten kommen gut an. Sie sind nichts einfach so Gebasteltes. Mal gucken, was spontan rauskommt, das mache ich nicht. Ich habe ein Konzept.» Deswegen auch die beiden grossen Wandtafeln im Atelier, vollgeschrieben mit Gedanken. Und die Künstlerin betont das Handwerkliche: «Als dreidimensional Arbeitende muss ich auch eine Handwerkerin sein. Ich muss schrauben und messen und bohren können, denn wenn die Sachen zusammenbrechen, dann bin ich keine anständige Künstlerin. Das, was ich mache, das kann ich. Das ist grundlegend. Da lass ich mir nichts nehmen.»

Erfüllt, wenn es funktioniert

Ob es denn tatsächlich so viel Kunst brauche, wie heutzutage hergestellt wird? «Nein, das braucht es nicht», lacht sie und wird sogleich nachdenklich. Sie sei jetzt halt schon so lange an der Kunst dran, habe sich ja erst spät zum Studium durchgerungen. Und: «Wenn ich in der Arbeit bin, dann bin ich ­total abgetaucht. Es erfüllt mich, wenn ich sehe, wie sich ein komplettes Werk entwickelt, wenn ich sagen kann, da ist ein Konzept dahinter, und es hat funktioniert.»

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