Die Waldtiere plagt jetzt mächtiger Durst

Luc Müller | 
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Hier in Opfertshofen an der Grenze zu Lohn ist das Biotop ausgetrocknet. Bild: Luc Müller

Die anhaltende Hitze macht den Wildtieren zu schaffen: In Opfertshofen hilft Jäger Eduard Waldvogel den Tieren, indem er Wassertröge aufstellt. Wildschwein, Fuchs und Reh freuen sich darüber.

Hier sieht es aus wie in einer afrikanischen Steppenlandschaft: Die Erde ist ausgetrocknet und rissig. «Vor zwei Wochen hatte es hier noch Wasser. Nun gibt es hier keinen Tropfen mehr», erklärt Eduard Waldvogel, während er in Opfertshofen im Gebiet Reiathöfe in direkter Grenze zu Büttenhardt in einem Biotop steht. Hier sind die Spuren von Wildschweinen zu sehen, die auf der Suche nach den letzten Wassertropfen die Erde umgepflügt haben. Der 69-Jährige ist Jagdpächter und Obmann des Jagdreviers Opfertshofen. Derzeit macht er sich Sorgen um die Tiere, die kein Wasser mehr finden. «So schlimm war es seit über 40 Jahren nicht mehr.»

«So schlimm war es seit über 40 Jahren nicht mehr.»

Eduard Waldvogel, Jäger

Wildsauen an der Tränke

In seinem 211 Hektaren grossen Jagd­gebiet hat er wie schon die anderen Jahre Wassertröge gebaut, die er regelmässig mit Wasser auffüllt. Die Wildkamera, die in der Nacht Infrarotaufnahmen schiesst, hat in den vergangenen Tagen regelmässig Wildschweine bei der Tränke fotografiert. Drei Mutterschweine mit ihren zwölf ­Frischlingen haben sich geradezu gierig über das Wasser hergemacht. «Die Tiere haben den 30-Liter-Trog komplett ausgeschöpft», berichtet Waldvogel, der schon seit über 45 Jahren als Jäger im Wald unterwegs ist. Auch Dachse, Füchse und Rehe sind derzeit auf der Suche nach Wasser – doch das fehlt zurzeit in der Natur. «Die Waldstrassen sind staubig und ausgetrocknet. Normalerweise hat es hier Pfützen, aus denen die Tiere schöpfen können. Doch in diesem Sommer fehlen diese Wasserquellen.» Normalerweise genügt den Rehen und Feldhasen der Morgentau, um den Durst zu löschen. Doch aktuell ist auch dieser wegen der anhaltenden Hitze nicht vorhanden.

Feldhasen verdurstet

Und so spielen sich derzeit erste Dramen ab. Aus dem Überlaufrohr der privaten Wasserpumpstation, die auf dem Land von Eduard Waldvogel steht, fliesst normalerweise Wasser, das verschiedene Wildtiere schöpfen – doch der Überlauf ist versiegt. In den vergangenen Tagen hat der 69-Jährige, der hier bei den Reiathöfen aufgewachsen ist, gleich zwei tote Feldhasen gefunden. «Ein Hase hat sich bis in die Auslaufröhre gewagt, auf der Suche nach Wasser. Aber er ist verdurstet, weil kein Wasser lief. Ein zweiter Hase ist noch vor der Wasserröhre verendet, er hat es nicht mal mehr hierher geschafft.»

Jäger Eduard Waldvogel hat erste verdurstete Feldhasen gefunden. Bild: zvg

Hasen seien eigentlich genügsam, was die Wasseraufnahme betreffe. «Sie fressen Löwenzahn oder Gräser, die für sie genügend Wasser liefern. Doch nun fehlt auch den Pflanzen die Feuchtigkeit, und die Tiere suchen jetzt sogar Wasserquellen auf. Das zeigt, wie gross aktuell die Not ist», sagt Eduard Waldvogel. Auch die Rehe, die sonst tagsüber versteckt leben, treibt der Durst nun schon am Mittag aus den Verstecken. Unterhalb seines Hauses hat Waldvogel drei private Biotope erstellt. Auch hier sind die Pegel zwar gesunken, aber es hat noch genügend Wasser. «Ein Reh kommt nun regelmässig hierher zum Wasserschöpfen. Ich habe extra die Umzäunung aufgeschnitten, sodass die Tiere Zugang zum Wasser haben.» Auch Bienen und Vögel sind auf der Suche nach Wasser und fliegen deshalb die Biotope von Waldvogel an.

Im Auftrag des Planungs- und Naturschutzamtes sowie von Pro Natura hat Eduard Waldvogel im Gebiet Altdorf, Büttenhardt und Lohn zwölf Biotope angelegt. Unter anderem sollen diese helfen, die ­gefährdete Gelbbauchunke wieder anzusiedeln. «Die meisten Biotope sind wegen der Hitze ausgetrocknet», so der Jäger. In Altdorf haben sie noch Wasser, weil hier ein Bach fliesst, anders als im Reiat. Hier im Reiat kommt erschwerend hinzu, dass es hier vor allem Kalk­böden gibt, die kein Wasser speichern.

Wasserstellen einrichten

Nun hat Waldvogel mit dem Kantonstierarzt des Kantons Schaffhausen telefoniert und ihn über den Wassermangel und die Gefahren für die Tiere informiert. «Es soll nun einen Aufruf an die Jagdgesellschaften geben, Wasserstellen für die Tiere einzurichten», sagt Waldvogel. Bis jetzt werde das aber nicht gemacht, «viele Jäger kommen aus der Stadt und sind vor allem daran interessiert, die Tiere zu erlegen». Für seine Verdienste um die Natur hat er 1996 einen Preis von der Arbeitsgruppe Natur- und Heimatschutz des Kantons Schaffhausen erhalten. Er sei hier aufgewachsen – ihm seien die Wildtiere ans Herz gewachsen, und er kenne ihre Bedürfnisse: Jetzt brauchen sie Wasser, damit sie überleben.

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