Wohnen statt essen und trinken
Mit der «Krone» schliesst in Bargen auch noch das letzte Restaurant. Aus der Gaststube soll eine Wohnung werden.
Das nördlichste Restaurant der Schweiz wird dieses Jahr für immer seine Tore schliessen: die Bargemer «Krone». Der Eigentümer der Liegenschaft, der Winterthurer Anwalt Georg Weber, ersucht derzeit um ein Baugesuch für den Umbau der Gaststube in eine Wohnung sowie für eine Fassadensanierung an der Liegenschaft. Diese befinden sich in der Dorfkernzone, wie der neue Bargemer Gemeindepräsident und Baureferent Michael Mägerle im jüngsten kantonalen Amtsblatt schreibt.
«Vorläufig bleibt das Restaurant noch offen», sagt Georg Weber. Aber der Betrieb des letzten Restaurants in Bargen laufe einfach nicht so wie gewünscht. «Klar ist dies schade für das Dorf», so Weber. «Aber es kommen einfach zu wenig Leute.» Vielleicht sei das Lokal auch zu abgelegen. Offenbar sei aber schlicht zu wenig Umsatz der Hauptgrund, wieso das Wirtepaar Suermann nun aufhören wolle.
Einmal pro Woche ins Restaurant
Damit das Restaurant rentieren würde, müssten es laut dem Liegenschaftsbesitzer wohl alle Bargemer einmal pro Woche besuchen. Doch das sei nicht der Fall. «Jeder findet es heimelig, ein Restaurant im Dorf zu haben, aber so oft geht man dann doch nicht dorthin», so Weber. Da müsste man einen Wirt haben, der die Leute mit sehr Ungewöhnlichem anziehen würde.
Geplant ist nun, die Gaststube in eine grössere Wohnung umzubauen. «Wohnungen laufen gut in Bargen», ist sich Weber sicher. Einen Zeithorizont hat er allerdings noch nicht. Da das Haus unter Denkmalschutz steht, wird man vor dem Umbau sowieso noch das Gespräch mit den zuständigen Stellen beim Kanton suchen müssen.
Winfried Suermann, der als Koch das Restaurant mit seiner gutbürgerlichen Küche zusammen mit seiner Frau Sibylle seit viereinhalb Jahren betreibt, weist vor allem auf die lange Tradition des Hauses hin. «Es stammt aus dem 18. Jahrhundert», sagt er. Nun höre er im Laufe dieses Jahres auf, spätestens Ende Juli. Er sei auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Über die Gründe für seinen Rückzug will Suermann nicht sprechen. «Nun verschwindet das letzte Restaurant in Bargen», sagt er nur. «Es gibt nur noch die Tankstelle mit dem Café.» Aber die Bargemer hätten es ja so gewollt. Viele seien lieber in der Tankstelle als bei ihm gewesen – «auch der Gemeinderat».
Aussergewöhnliches bieten
«Sicher ist die Schliessung der ‹Krone› schade», sagt Gemeindepräsident Mägerle. Das Restaurant Löwen sei ja ebenfalls schon seit etwa vier Jahren zu. Immerhin habe man noch die beiden Tankstellen im Dorf, die de facto einen Café-Betrieb anböten. Aus der Bevölkerung hat er noch keine Rückmeldung zum Aus für die «Krone» gehört.
«Es ist eben schwierig, in so einer kleinen Landgemeinde ein Restaurant zu betreiben», so Mägerle weiter. Ob der mangelnde Erfolg mit dem Wirt zu tun habe, könne er nicht sagen. Dessen Vorgänger seien jedenfalls Pensionierte gewesen, die nicht darauf angewiesen gewesen seien, vom Restaurant zu leben. Und in einer 300-Seelen-Gemeinde müsste man schon etwas ganz Aussergewöhnliches bieten, wenn man auch Gäste von ausserhalb anlocken möchte.
Nicht alle Bargemer hätten die «Krone» besucht, räumt Mägerle ein. Aber für diejenigen, die dies getan hätten, sei das Lokal sicher ein Treffpunkt gewesen. Unternehmen könne man jetzt nicht mehr viel. Letztlich sei der Entschluss zum Umbau eine Entscheidung des Liegenschaftsbesitzers.
Schon früher auf der Kippe
Auch Mägerles Gemeinderatskollege Leander Zumofen ist etwas konsterniert. «Unser Dorf, das bereits keine Läden mehr hat, verliert einen weiteren Treffpunkt für die Einwohner», sagt er. Die «Krone» sei im Übrigen bereits einmal ein knappes Jahr geschlossen gewesen, bevor die Suermanns sie übernommen hätten, so Zumofen weiter. «Schon damals diskutierte man darüber, aus dem Lokal eine Wohnung zu machen», erinnert er sich. Danach habe man mit den Suermanns allerdings nochmals Wirte gefunden.
Dass man diese meide, weil sie Deutsche seien – wie am Stammtisch zuweilen behauptet werde –, glaubt er allerdings nicht. «Die grenznahen Bargemer sind ein offenes Völkchen», sagt er. Nur schon aufgrund der abgelegenen Lage sei es eben schwierig hier für ein Restaurant. Und mit ein paar Bierchen und Kaffee alleine könne man nicht überleben. Eventuell hätten sich die Betreiber ein anderes Konzept überlegen oder nur abends öffnen sollen. Im Nachhinein sei es allerdings immer einfach zu sagen, was man hätte besser machen können.
«Krone» Bargen: Einst sogar im Schweizer Fernsehen
Ihre mediale Sternstunde erlebte die Bargemer «Krone» im Januar 2015. Damals war sie eine von fünf Gastronomiebetrieben im Kanton Schaffhausen, die für die Sendung «Mini Beiz – dini Beiz» des Schweizer Fernsehens SRF porträtiert wurden. In diesem Rahmen spielte sie in einer Liga mit dem Schaffhauser «Sittich» und der «Beckenburg».
Zuvor aber hatte es bereits einmal nach der Roten Karte ausgesehen. Auf Ende 2011 war in Bargen nämlich neben dem «Löwen» auch die «Krone» schon einmal geschlossen. Der damalige Präsident von Gastro Schaffhausen, Max Reiner, sah die Ursachen für das Beizensterben einst in der tieferen Promillegrenze, dem Rauchverbot und den neuen Mindestlöhnen im Gastgewerbe. Auch die wachsende Zahl von Take-away-Anbietern habe den traditionellen Wirten zu schaffen gemacht. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.