Mit Schaffhauser App mehr als 100 Städte entdecken

Kay Fehr | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare
Ob München, Vancouver oder Paris – Olivier Alther (links) und Levin Germann sind mit ihrer Schnitzeljagd-App bereits rund um den Globus präsent. 110 Städte sind es aktuell, und viele weitere sollen dazukommen. Bild: Melanie Duchene

Von null auf hundert in unter drei Jahren: Das Start-up von Olivier Alther und Levin Germann wächst rasant. In mittlerweile 110 Städten auf der ganzen Welt wird die Schaffhauser Schnitzeljagd-App Explorial benutzt. Mit an Bord ist ein bekanntes Schweizer Unternehmen.

Eine Schnitzeljagd ist nicht mehr zeitgemäss? Da würden Olivier Alther und Levin Germann vehement widersprechen – man muss sie nur etwas aufpeppen. Genau das haben die beiden Informatiker gemacht. Heraus kam die App Explorial, die einen auf eine Städtetour der etwas anderen Art schickt. Angefangen haben die beiden jungen Männer mit einem Prototypen in der Stadt Schaffhausen, das war Ende 2020. Mittlerweile kann eine Explorial-Schnitzeljagd in über 110 Städten auf der ganzen Welt gespielt werden. Aber wie schafft es das junge Unternehmen, in kurzer Zeit bereits weltweit aktiv zu sein? Alther und Germann werden ja wohl nicht in weniger als drei Jahren alle Trails selbst implementiert haben? Doch von vorn.

Schon früh besass Alther seinen eigenen Computer, damals noch mit dem Betriebssystem Windows 98. «Es war schon immer eine Passion von mir, ich war viel im Internet unterwegs», erzählt er. Mit 14 erstellte er erste professionelle Homepages für KMU. Bereits dann war ihm klar, dass er auch beruflich in diese Richtung gehen möchte. Nach der obligatorischen Schulzeit besuchte er die Informatikmittelschule in Winterthur und lernte dort seinen jetzigen Geschäftspartner Germann kennen. «Unser offizieller Start war im Jahr 2021, und zuerst haben wir uns auf kleinere Schweizer Städte konzentriert», sagt dieser. Dabei erhielten sie Hilfe aus Althers Familie: Seine Mutter ist von Beruf Stadtführerin. «Wir fuhren mit dem Zug durch die Schweiz und erstellten die ersten Trails», so Alther. Schon bald wurde ein bestehender grosser Player auf das Start-up aufmerksam.

Spielspass in Mérida oder Taipei

Die Rede ist vom Schweizer Vorreiter der modernen Schnitzeljagd, Foxtrail. Alther und Germann haben ihr eigenes Produkt auf Google nämlich geschickt platziert. «In Schaffhausen gibt es ja keinen Foxtrail», erklärt Alther. Sucht also jemand nach «Foxtrail Schaffhausen», so taucht Explorial weit oben bei den Ergebnissen auf: ein nicht zu unterschätzender Vorteil. «Wir haben uns dann mit Vertretern von Foxtrail getroffen und einen Deal abgeschlossen», sagt Germann. Die Zusammenarbeit ist der Startschuss für die Expansion, denn seit Ende 2021 investiert Foxtrail in das Schaffhauser Start-up. Dieses hat so mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung, und es kann Infrastruktur von Foxtrail mitbenutzen; zum Beispiel im Kundenservice. Übrigens: Der Unterschied von Foxtrail und Explorial besteht darin, dass die App aus Schaffhausen zu 100 Prozent digital funktioniert, ohne Installationen am Wegesrand. Und dass neben Spass und Rätseln bei Explorial auch das Wissen in Form von Quizfragen im Fokus steht.

Wachsende Fangemeinde

15 000 Spieler haben im laufenden Jahr bereits eine Route von Explorial absolviert. Besonders beliebt sind Schaffhausen, Basel, Zürich, Bern und Luzern, aber auch Lille, Tarragona, Saragossa, Freiburg im Breisgau und Nürnberg.

Nach der beschlossenen Kooperation wagte Alther ein kleines Experiment. Für einige Monate weilte er in Kanada. Um zu sehen, ob das Konzept der Schnitzeljagd am Handy auch in anderen Ländern Anklang findet, erstellte er Trails in Montreal, Quebec City, Vancouver und Victoria. «In der Schweizer Kultur ist es ja fest verankert, in seiner Freizeit mit Freunden unterwegs zu sein – sei das eine Wanderung oder eine Städtereise», sagt Alther. Besonders im deutschsprachigen Raum seien Spiele beliebt, in denen mit Wissen gepunktet werden kann. Das zeige auch der Erfolg von TV-Sendungen wie «Wer wird Millionär?». Schnell war klar, dass die App Anklang findet. Nach dem Erfolg in Kanada folgten Städte in Deutschland, Spanien, Frankreich und Portugal. Mittlerweile gibt es sogar Trails in Taipei (Taiwan), Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam), Mérida (Mexiko) und Mumbai (Indien). «Explorial soll global funktionieren», so der Co-Gründer. Im laufenden Jahr haben bereits 15 000 Spieler eine Route absolviert, die Mehrheit von ihnen in der Schweiz. Hierzulande gibt es 27 Trails, darunter Schaffhausen, Neuhausen und Stein am Rhein.

Mittlerweile haben die beiden Jungunternehmer zwei Angestellte. Diese reisen aber nicht mit dem Flieger um den Globus, um neue Städte zu erschliessen. «Wir arbeiten mit lokalen Tourguides zusammen, die als Freelancer eine Route erstellen», sagt Germann. Dazu haben sie strenge Regeln und eine Guideline formuliert. «Es ist unser Anspruch, dass wir überall eine gleich hohe Qualität bieten können», so der Co-Gründer. Ein Prinzip, das auch bei Fast-Food-Ketten wie McDonald’s funktioniert. Von Vorteil ist es auch, wenn die gleichen Freelancer für neue Trails gewonnen werden können – so entstehen ganze Cluster an Routen. Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es mit Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln zum Beispiel vier Explorial-Trails, die recht nahe beieinander liegen.

Die Routen sind hauptsächlich für Touristen gedacht, die eine Stadt entdecken möchten. Wie genau neue Städte ausgesucht werden, dafür hat das Unternehmen noch kein ausformuliertes Rezept. «Wir stützen uns auf Touristendaten, brauchen aber immer einen Content Creator vor Ort. Auch die Konkurrenzsituation spielt eine Rolle», so Alther. Beispielsweise werde der Trail in Tarragona, Spanien, sehr gut frequentiert, während das rund 80 Kilometer entfernte Barcelona weniger Buchungen generiere aufgrund konkurrierender Angebote. Hier könnte in Zukunft künstliche Intelligenz Abhilfe schaffen. «Aufgrund aktueller Daten den perfekten Ort für einen neuen Trail zu finden, das wäre genial», sagt Germann. Erste Versuche diesbezüglich laufen bereits.

«Was tun in Basel?»

Ein Trail kostet, je nach Land, zwischen 6 und 14 Franken pro Person. Man sollte mindestens zu zweit unterwegs sein, damit sich eine kompetitive Dynamik entwickeln kann. Werbung schalten Alther und Germann direkt auf Google. Wer also zum Beispiel nach «Schnitzeljagd» oder «Was tun in Basel» googelt, der stösst so womöglich auf die App. Empfehlungen von bestehenden Kunden nützen dem Unternehmen ebenfalls. Im Ausland setzen sie auf Reisewebseiten wie Tripadvisor. Weil das Geschäftsmodell der Jungunternehmer saisonal ist – im Herbst haben sie die meisten Kunden, im Winter die wenigsten –, wollen sie die schwankende Nachfrage mit Städten auf der Südhalbkugel ausgleichen. Den Anfang macht das australische Melbourne.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren