Kreatives aus Leipzig in Schaffhausen spiegeln

Die Schaffhauser Firma Eclipse Studios verkauft in ihrem Laden in Leipzig Schweizer Pässe. Und sie hat Feuer gefangen, im Frühling erscheint nicht nur ihr erstes Kundenmagazin.
Aus einem Flämmchen wurde eine Flamme, und bald wird daraus ein Füür. Noch liegt das «Füür» als Entwurf bei Faro und Michael Burtscher. Das erste eigene Magazin der Eclipse Studios, Atelier für Kommunikation, erscheint im April. 1995 legten die Brüder den Grundstein für ihre Firma und teilten sich in ihren Anfangsjahren ein 150 Quadratmeter grosses Atelier in der ehemaligen Stahlgiesserei mit anderen Kreativen: «Heute würde man Coworking Space dazu sagen», sagt Geschäftsführer Michael Burtscher. Die Kunden würden jedoch mehrheitlich von einer Agentur, nicht von einem Atelier sprechen und sich zudem fragen, was die beiden Brüder und der dritte «Bruder», Geschäftsmitinhaber Reto Coaz, eigentlich machten und wo sie gerade steckten. Das Kundenmagazin – Eclipse rechnet mit 500 Exemplaren – soll zum einen informieren, zum anderen inspirieren: «Wir wollen damit Feuer entfachen – und manchmal auch eines löschen», sagt Faro Burtscher. Das Kundenmagazin «Füür» soll zweimal im Jahr erscheinen.
Im grossen, hellen Atelier an der Schaffhauser Ebnatstrasse 65 arbeiten zehn Personen in den Bereichen Grafik, Film und Illustration sowie in der Unternehmenspositionierung. In Leipzig arbeiten Partner im Laden Schwizer in Leipzig, und das Wohnatelier steht den Schaffhauser Mitarbeitern als zusätzlicher Arbeitsort zur Verfügung. Das Projekt «Schwizer in Leipzig» wurde 2016 ins Leben gerufen, der Name verpflichtet, wie Michael Burtscher sagt: «Ein halbes Jahr hat es gedauert, um die 160 Quadratmeter mit Möbeln von Schweizer Designern, Manufakturen und Firmen einzurichten.» In der Wohnung gibt es auch immer wieder Ausstellungen, so waren 2018 Fotografien der Schaffhauserin Nora Dal Cero zu sehen.
Auch im Ladenlokal sind Schaffhauser und Schweizer Produkte anzutreffen, vom «Schwarzen Falken» der Brauerei Falken über Regale von Willy Guhl bis hin zu Linck-Keramik aus Bern. «Wir haben in Leipzig auch schon Schweizer Pässe verkauft», sagt Michael Burtscher. Abgelaufene Pässe oder solche aus Schweizer Schokolade? «Weder noch», antwortet Faro Burtscher. «Wir haben den Laden in ein Passbüro verwandelt und sprichwörtlich illustrierte Pässe verkauft, mit dem Gotthard-, dem Kisten- und dem Ofenpass.»
Schaffhauser Wohnatelier für Besucher
Im kommenden April soll nicht nur das neue Magazin «Füür» erscheinen, sondern auch ein Wohnatelier in Schaffhausen für Besucher bereitstehen: «Wir wollen das Kreative, das in Leipzig entsteht, spiegeln.» Den Machern von Eclipse gehe es bei allem, was sie tun würden, um die Work-Life-Balance: «Allerdings nicht im herkömmlichen Sinne», erklärt Burtscher. Work-Life-Balance gehört mittlerweile zum Standardrepertoire bei jedem Arbeitgeber und beschreibt ein Ideal, bei dem Arbeit und Privatleben in Einklang miteinander stehen. «Doch dieser Begriff funktioniert aus meiner Sicht nicht», sagt Michael Burtscher. Dies liege am Bild, welches der Begriff Work-Life-Balance suggeriere. Demnach wird das eigentliche Leben der Arbeit gegenübergestellt, so, als wäre «Life» der angenehme und «Work» der mühsame Teil des Lebens: «Wir arbeiten einfach gern, auch wenn das banal klingt», sagt der Geschäftsführer. Faro Burtscher doppelt nach: «Im Gegensatz zur strikten Trennung von ‹Work› und ‹Life› geht es bei uns immer um die Schnittmenge.» Überlagere sich beispielsweise rotes und grünes Licht, entstehe gelbes Licht, also etwas anderes, Neues, erklärt Michael Burtscher. «Wir fragen uns immer wieder, wie wir etwas Gutes und gleichzeitig etwas Erfolgreiches auf die Beine stellen können.» So wie die im vergangenen Jahr lancierte Plakatserie von Faro Burtscher – es wurden bereits über 600 Stück davon verkauft. Sie zeigt inzwischen 18 Sujets, etwa die Rhybadi, einen Eisvogel oder einen Weidling. Orientiert hat er sich an historischen Tourismusplakaten. Das erste Plakat hat er aber für die Schaffhauser Kantonalbank entworfen, es zeigt das KB-Schiff. «So entfacht eine Idee für einen Kunden eine ganze Serie», sagt Faro Burtscher. Inzwischen gibt es auch ein Postkartenset mit den minimalistischen Schaffhauser Motiven.
Zugeklebte Schaufenster
Die Schnittmenge sei eine Lebenseinstellung, die sowohl Spass und Freude bei der Arbeit als auch Kompromisse umfasse, sagt das Brüderpaar. Manchmal brauche es aber einfach nur eine andere Perspektive. So etwa beim Umgang mit leer stehenden Läden: «In Schaffhausen werden die Schaufenster einfach zugeklebt», sagt Michael Burtscher. «In Leipzig werden sie hingegen auf charmante Weise belebt, damit die Läden für Passanten und zukünftige Mieter attraktiv sind.»
Zurück zum Magazin. «Inhaltlich geht es um die Arbeit und das Umfeld, in dem wir uns mit Eclipse Studios und dem Projekt ‹Schwizer in Leipzig› bewegen», sagt Michael Burtscher. «Um die Schnittmenge, wenn Leipzig auf Schaffhausen trifft, Bild auf Text oder Kundenaufträge auf Eigenproduktionen.»