Viele Hüte und noch kein neuer Träger

Jeannette Vogel | 
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Jürgen Sigg wechselt im Januar zu Sigvaris, dem Hersteller von Stützstrümpfen, nach St. Gallen. Bild: Jeannette Vogel

Vom Teamleiter bis zum Mitglied der Geschäftsleitung: Jürgen Sigg, der zusammen mit CEO Claus Martini die Geschäfte der Neuhauser IVF Hartmann führt, verlässt nach 15 Jahren das Unternehmen.

15 Jahre, 8 verschiedene Büros. Jürgen Sigg, heutiger Direktor Verkauf und Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung und IT, arbeitet seit 2003 beim Medizinalbedarfshersteller IVF Hartmann. Ende Jahr verlässt er das Neuhauser Unternehmen. Er bleibt aber in der Branche.

Neues entwickeln zu können, ist Antrieb und Freude für Jürgen Sigg: «Los ging’s mit einem Schmerzpflaster», sagt der Ingenieur. Er fing 2003 als Teamleiter Forschung und Entwicklung bei IVF Hartmann an und wurde mit der Neuentwicklung und -registration des pflanzlichen Arzneimittels Isola Capsicum betraut. «An einem Klebstoff mit Wirkstoffen darauf zu forschen, das machte Spass», so Sigg. «Vor allem, wenn sich das Produkt, wie in diesem Fall, erfolgreich entwickelt.»

«Los ging es mit einem Schmerzpflaster.»

Jürgen Sigg, Direktor Verkauf & Marketing

Zum Wachstum der IVF Hartmann trug ab 2010 die Firma Bode aus Münchenstein bei. Die IVF Hartmann Gruppe hatte den Hersteller – bekannt durch das Handdesinfektionsmittel Sterillium – per Oktober 2009 übernommen. Sigg war für die Inte­gration dieser Firma und der fünfzehnköpfigen Belegschaft zuständig. «Ich bin dreimal pro Woche Richtung Basel gefahren.» Nach der Integration kam eine neue Herausforderung auf ihn zu: Er wurde zum Leiter Vertrieb und Marketing befördert. «Ich freute mich sehr über diese Chance. Produkte für Spitäler und Pflegeheime machten damals 50 Prozent unseres Umsatzes aus.»

«Fusselproblem» in Bern

Mit der Anzahl Betriebsjahre wuchs auch die Zahl der Hüte. Das Mitglied der Geschäftsleitung nahm an einem Freitagabend gegen acht Uhr einen Anruf entgegen, es ging um ein «Fusselproblem» in einem Berner Spital. «Die Fachbereichsleiterin Gebiet Bern rief mich an: Ein Krankenhaus brauche dringend Einwegkleider.» Sigg erwischte noch am Abend einen Logistikmitarbeiter zu Hause. Zusammen mit dem Familienvater packte Sigg am Samstagmorgen den Kofferraum mit den gewünschten fusselfreien Produkten. Um sieben Uhr fuhr das Auto bereits Richtung Bern. «So ticken wir. Unsere Rädchen greifen ineinander», sagt Sigg. «Teamarbeit ist unser Erfolgsfaktor.» Seit 2015 ist er Mitglied der Geschäftsleitung.

Der grösste Wandel in den 15 Jahren sei der vom reinen Hersteller für medizinische Verbrauchsgüter hin zum Dienstleister gewesen. Die Digitalisierung biete viele Möglichkeiten, rascher und effizienter zu werden, sagt Sigg: «Durch die Benutzung unserer neuen Bestellplattform kann rund die Hälfte der Prozesskosten im Einkauf und in der Logistik von Alters- und Pflegeheimen eingespart werden.» Die Plattform wurde 2017 eingeführt: «Es hat mir viel Spass gemacht, Auftraggeber eines solchen Unterfangens zu sein. Es hat mich aber auch extrem viel Energie gekostet.» Neues zu entwickeln, sei immer wieder eine Herausforderung, so Sigg. «Eine hundertprozentige Aussicht auf Erfolg gibt es selten. Erst nach der Markteinführung kann man abschätzen, ob das Produkt ein Erfolg wird.»

Ein Projekt, dessen Abschluss Sigg im Unternehmen nicht mehr mitverfolgen kann, ist die Umsetzung der neuen EU-Medizinprodukte-Richtlinie. Sie ist seit 2017 in Kraft und wurde von der Schweiz übernommen: Die Hersteller haben bis Mai 2020 Zeit, die neuen EU-Regulierungen für Medizinprodukte umzusetzen. Dazu muss ein gewaltiger administrativer Aufwand betrieben werden, der den Neuhauser Medizinalhersteller eine siebenstellige Summe kosten wird. Die Gesetzesverschärfung berge zwar auf der einen Seite die Gefahr von Versorgungsengpässen, biete aber auch Chancen: «Durch eine gute Vorbereitung können wir in eine entstehende Lücke springen und damit weiter wachsen. Wir sind gut vorbereitet.»

Jürgen Sigg bleibt in der Branche. Er wechselt im Januar zu Sigvaris, dem Hersteller von medizinischen Kompressionsstrümpfen, um in St. Gallen die Geschäfte des Traditionshauses zu führen. Wer sich im nächsten Jahr seine vielen Hüte aufsetzen wird, ist noch offen: Die Geschäftsleitung der IVF Hartmann wird zu einem späteren Zeitpunkt informieren. Siggs Resümee nach 15 Jahren beim Neuhauser Medizinalhersteller: «Wer sich bei der IVF Hartmann ins Zeug legt, hat gute Chancen, hier Karriere zu machen. Ich bin ein gutes Beispiel dafür.»

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