Burgunwiese: Abstimmung im Herbst 2022

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Rund 600 Neuhauserinnen und Neuhauser unterzeichneten die Burgunpark-Initiative. Bild: Melanie Duchene

Der Einwohnerrat diskutierte an seiner letzten Sitzung des Jahres fast zwei Stunden emotional über die Burgunpark-Initiative und den Gegenvorschlag des Gemeinderats. Auch wurde ein neuer Einwohnerratspräsident gewählt – der seinen Rücktritt aus der GPK bekannt gab.

Damiana Mariani und Saskia Baumgartner

«Ich bitte die Presse, in ihrer Berichterstattung nachsichtig mit dem Neuhauser Einwohnerrat zu sein», sagte Parlamentarier Arnold Isliker (SVP) am Donnerstagabend. Vorausgegangen war eine recht chaotische Einwohnerratssitzung. Chaotisch womöglich auch deshalb, weil zwei aussergewöhnliche Geschäfte behandelt worden waren: Beim einen ging es um ein Uralt-Postulat, beim anderen um die Burgunpark-Initiative – die erste Volksinitiative in Neuhausen seit über 30 Jahren.

Hinnen bald höchster Neuhauser

Doch die Unruhe war schon von Anfang an da. Als Urs Hinnen (Grüne) zum neuen Präsidenten des Einwohnerrats 2022 gewählt wurde, herrschte für einen Moment Verwirrung bei der Auswertung der Stimmzettel. Werden leere Stimmzettel mitgezählt oder nicht? So oder so wurde Hinnen mit 14 von 17 gültigen Stimmen gewählt. Neuer Vizepräsident wird Urs Schüpbach (parteilos). Überraschend war, dass Peter Gloor (SP) per Ende Jahr seinen Rücktritt aus dem Einwohnerrat bekannt gab. Gloor war bereits seit 1985 im Einwohnerrat vertreten. Nun mit 75 Jahren möchte er noch das Leben geniessen, sagte er. «Wenn man immer der Älteste ist, ist es an der Zeit aufzuhören.» Auch Hinnen gab einen Rücktritt bekannt – und zwar aus der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Dort war er seit Januar 2015 aktiv. Nach sechs Jahren habe sich bei ihm jedoch eine Amtsmüdigkeit eingestellt. «Ich bin nicht der Finanzmensch. Mit Budgetfragen tu ich mich schwer», so Hinnen.

Uralt-Postulat wird abgeschrieben

Nach den Wahlen wurde ein 2012 eingereichtes Postulat des damaligen Einwohnerrats und heutigen Gemeindepräsidenten Felix Tenger (FDP) behandelt. Tenger hatte eine Verbesserung der Verkehrssituation für Velofahrer an der Kreuzstrasse gefordert. Der Gemeinderat hatte um eine vierte Fristerstreckung gebeten. Ein Kreisel solle die Problemstelle in den nächsten Jahren verbessern. Mehrere Einwohnerräte wollten von einer weiteren Fristerstreckung aber nichts mehr wissen, sie wurde mit 10 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Im Anschluss wurde das Postulat mit 15 zu 5 Stimmen abgeschrieben. Dies infolge einer kontroversen Diskussion über die Notwendigkeit der Abschreibung, auch anwesende Gäste gaben Ratschläge.

«Ich diskutiere nicht über einen Plan B.»

Felix Tenger, Gemeindepräsident (FDP)

Viel Gesprächsbedarf gab es beim Thema Burgunpark-Initiative. Der Einwohnerrat behandelte den Bericht und Antrag des Gemeinderats zur Volksinitiative. Rund 600 Personen hatten im Juli die Initiative unterzeichnet. Diese verlangt einen mindestens 12 000 Quadratmeter grossen Park auf der Burgunwiese. Die öffentlich-rechtliche Anstalt «Alterszentrum und Spitex Neuhausen am Rheinfall» hat auf der Burgunwiese ebenfalls Pläne: Sie möchte hier das neue Pflegeheim plus einen kleinen Park erstellen. Die Initianten sprechen sich für den Heimneubau aus, aber gegen den Standort Burgunwiese. Als mögliche andere Standorte standen einst das Kirchacker-Areal und das Schindlergut-Areal zur Diskussion.

Der Gemeinderat schlug in seinem Bericht nun vor, das Pflegeheimprojekt der Volksinitiative als Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Die Bevölkerung soll im September 2022 darüber abstimmen.

Vorwurf der einseitigen Information

Gemeindepräsident Tenger betonte an der Einwohnerratssitzung, dass auch der Gemeinderat mehr Grünraum für Neuhausen anstrebe. Spreche sich die Bevölkerung für ein Heim plus kleinem Park auf der Burgunwiese aus, erhalte sie gar noch mehr Grünflächen als bei einem Entscheid für den ganzflächigen Burgunpark der Initianten. Denn dann könnte das frei werdende Schindlergut-Areal, der heutige Heimstandort, zusätzlich als öffentlicher Park genutzt werden. Die Initiative hingegen würde die Frei- und Grünraumstrategie des Gemeinderats verhindern.

Einwohnerrat Thomas Leuzinger (AL), Mitinitiant der Burgunpark-Initiative, zeigte sich enttäuscht über den Bericht des Gemeinderats. Dieser sei sehr einseitig. Nur vier Sätze seien zu den Vorzügen der Initiative geschrieben worden, die Forderungen wurden kaum gewürdigt. Leuzinger griff Tengers Votum zum Grünraum auf und sagte, dass der Gemeinderat die Bevölkerung bereits jetzt unter Druck zu setzen versuche. Die Exekutive drohe, dass weniger Grünraum entstünde, wenn dem Heim nicht zugestimmt werde.

Ernst Schläpfer (parteilos) warnte den Gemeinderat, dass er eine Stimmrechtsbeschwerde einreichen werde, sollte dieser bis zur Abstimmung weiterhin so einseitig informieren. Zum Thema Grünraum warf Schläpfer ein, dass der Park beim Schindlergut-Areal bereits heute bestünde. Tenger entgegnete, dass das Areal nicht öffentlich sei. Schläpfer fragte Tenger weiter, was der Plan B des Gemeinderats sei, falls die Bevölkerung sich für den Burgunpark ausspreche. Dieser sagte: «Ich diskutiere nicht über einen Plan B.» Der Gemeinderat sei davon überzeugt, dass das Heimprojekt bei der Abstimmung eine Mehrheit finden werde.

Mehrere Einwohnerräte wie Urs Hinnen kritisierten, dass die vom Gemeinderat vorgesehene Abstimmung Äpfel mit Birnen vergleiche. Statt zweier Varianten solle eine Vision (ganzflächiger Park) einem fertig geplanten Projekt (Pflegeheim) gegenübergestellt werden, so Hinnen. Jakob Walter (parteilos) befürwortete indes, über ein konkretes Projekt abstimmen zu können.

Die bürgerliche Seite des Einwohnerrats stellte sich grossmehrheitlich auf die Seite des Gemeinderats. Sowohl Marco Torsello (FDP) als auch Sara Jucker (SVP) erinnerten daran, dass das Parlament dem Gemeinderat im Sommer 2020 einen Auftrag gegeben habe: Er solle eine Machbarkeitsstudie für einen Park auf einer Teilfläche ausarbeiten, sodass auf der anderen Teilfläche ein Heim entstehen könne. Der politische Prozess sei korrekt und der Gegenvorschlag des Gemeinderats sinnvoll, so Torsello.

Für Verwirrung sorgten zwei Gegenanträge. Fabian Bollis (GLP) Antrag beinhaltete unter anderem einen früheren Abstimmungstermin im Mai 2022. Zudem solle im Falle einer Bebauung der Burgunwiese die bebaute Fläche eineinhalbfach anderswo kompensiert werden. Bolli zog seinen Antrag nach einigem Hin und Her zurück, woraufhin Leuzinger diesen im selben Wortlaut stellte. Sowohl Leuzingers Antrag sowie ein weiterer Gegenantrag von René Sauzet (FDP), der mehrmals umformuliert wurde, waren chancenlos.

Am Ende wurde der Gemeinderatsantrag, die Initiative bei einer Abstimmung dem fertigen Heimprojekt gegenüberzustellen, mit 14 zu 6 Stimmen angenommen. Nun muss der Gemeinderat bis Ende Mai 2022 eine Vorlage ausarbeiten.

Am Donnerstag im Rat

Vorsitz: Herbert Hirsiger (SVP)

›› Urs Hinnen wird zum Präsident des Einwohnerrats 2022 gewählt.

›› Urs Schüpbach (parteilos) wird zum Vizepräsident des Einwohnerats 2022 gewählt.

›› Bernhard Koller (EDU) und Luka Vojinovic werden zu neuen Stimmenzählern 2022 gewählt.

›› René Sauzet (FDP) wird Ersatzstimmenzähler 2022.

›› Der Einwohnerrat lehnt die vierte Fristerstreckung des Postulats von Felix Tenger (FDP) betreffend der Verbesserung der Verkehrssituation an der Kreuzstrasse für Velofahrer mit 10 zu 9 Stimmen ab.

›› Der Einwohnerrat erklärt die Burgunpark-Initiative einstimmig für gültig und beschliesst mit 14 zu 6 Stimmen, dass dieser ein Gegenvorschlag gegenübergestellt werden soll. Der Gemeinderat wird mit der Ausarbeitung beauftragt.

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