Besucher in der Herrgotts-Perspektive

Saskia Baumgartner | 
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Die Schweizer Miniaturwelt Smilestones soll im Herbst 2018 am Rheinfall eröffnen. Das 10-Millionen-Franken-Projekt wird vom Kanton unterstützt. Der frühere Museumsdirektor Peter Jezler ist für die Dramaturgie zuständig.

Alles begann vor ein paar Jahren mit einem Fernsehbeitrag über das Miniatur Wunderland Hamburg. Zu Hause beim Zappen blieb der im Aargau lebende gelernte Goldschmied Raphael Meyer an der Fernsehsendung hängen, war gebannt von der Modelleisenbahnlandschaft, die er auf dem Bildschirm sah. «So etwas braucht die Schweiz auch», dachte er sich.

Meyer spann die Idee weiter. Nach einem Termin bei der Schaffhauser Wirtschaftsförderung und einem Treffen mit der SIG (heute Reasco) waren Partner und Lokalität gefunden. Nun wird Meyers Traum wahr: 2018 soll die Miniaturwelt Smilestones auf dem Neuhauser SIG-Areal im Bau Laufengasse eröffnen, also unmittelbar beim Rheinfall (siehe SN vom 15. November).

Bei einem Medienanlass im künftigen Smilestones-Gebäude wurden ­gestern Details bekannt gegeben. Im Herbst 2018 soll der erste Abschnitt der Anlage mit Massstab 1:87 und einer Fläche von rund 135 Quadratmetern ­eröffnet werden. Bis 2019 ist die Fertigstellung von 300 Quadratmetern geplant – und somit die erste von zwei Etappen. Nach rund fünf Jahren soll die Miniaturwelt 600 Quadratmeter messen und damit grösser als alle anderen überdachten Modelleisenbahnanlagen der Schweiz sein.

Zwar geben die Macher der Anlage Kaeserberg bei Fribourg eine Grösse von 610 Quadratmeter an. Kreativdirektor Raphael Meyer sagt, dass diese Zahl jedoch die Etagenfläche – und nicht die Anlagenfläche umfasse. Letztlich gehe es aber auch nicht allein um die Grösse. Die Initianten haben den Anspruch, den Zuschauern ein Erlebnis zu bieten. «Es soll mehr sein als nur Modelleisenbahnen», sagt Meyer. Schweizer Werte und Meilensteine sollen abgebildet sein, aber auch spannende und lustige Szenen. Seit einigen Monaten bereits laufen die Vorbereitungen und Arbeiten für den ersten Anlagenteil, der das Schweizer Mittelland zeigen soll – mit Höhepunkten wie Rheinfall, Schaffhausen und Stein am Rhein. Danach folgt der Bau einer bis zu sechs Meter hohen Bergwelt.

Für die Dramaturgie zuständig ist der ehemalige Direktor des Museums zu Allerheiligen, Peter Jezler. Dieser berichtete gestern, dass die Faszination an Miniaturwelten sehr alt sei. «Sie versetzen Betrachter in eine Herrgotts-Perspektive.» Ein Beispiel dafür sei das Gemälde «Turmbau zu Babel» aus dem Jahr 1563 von Pieter Bruegel. Bei genauem Hinschauen seien stets neue Details und Geschichten zu erkennen. Dasselbe Prinzip wolle man bei Smilestones anwenden.

Modellbauexperten im Team

Jezler ist nicht der einzige Experte im Team. Auch beim Modellbau hat man sich Schweizer Profis geholt: Reto Kaufmann hat über 30 Jahre Erfahrung im Modellbau, und Martin Meyer bietet Kurse zum Thema Modelleisenbahn an. Sie unterstützen die neue Firma und haben die Anlage mitentwickelt.

Erste Etappe zu 75 Prozent finanziert

René Rüedi, Mitinhaber der Reasco, ist Geschäftsführer der Smilestones AG, die am Montag gegründet wurde. Rüedi sagt, dass das gesamte Projekt 10 Millionen Franken kosten werde. Die Kosten für die erste der insgesamt zwei Etappen beliefen sich auf 5,5 Millionen Franken, wobei rund 75 Prozent der Finanzierung bereits gesichert seien.

Gemäss Rüedi stammen 1,5 Millionen Franken aus dem Eigenkapital und von Darlehen der Initianten – Raphael Meyer, Reasco und Hannes Arbenz. Letzterer leitet in Frauenfeld eine Treuhandfirma und hat seine Lehre bei der SIG in Neuhausen gemacht. Zudem gebe es vom Kanton Zusagen über 1,3 Millionen Franken. Smilestones ist ein RSE-Projekt (RSE = Regional- und Standortentwicklung). 800 000 Franken erhalte die Firma als langfristiges Darlehen, 500 000 Franken als A-fonds-perdu-Beitrag, so Rüedi. Weitere rund 1,3 Millionen Franken stammten aus anderen Darlehen und Partnerschaften. In den kommenden Jahren will man weitere Investoren und Sponsoren gewinnen. Derzeit sei man bereits mit verschiedenen Unternehmen im Gespräch.

Gemäss Geschäftsführer Rüedi soll sich das Projekt ab dem dritten Jahr rechnen. Im ersten Jahr gehe man von 60 000 Besuchern aus, nach der Fertigstellung von 300 000. Bei den Schätzungen orientiert man sich auch an anderen Miniaturanlagen. Im Eröffnungsjahr zahlen die Gäste einen reduzierten Eintrittspreis. Bis nächstes Jahr werden 15 Mitarbeiter für das Projekt angestellt sein, ab der Eröffnung im 2018 sollen es rund 25 sein. Smilestones arbeitet derzeit auch mit der Altra und mitschaffe.ch, der Personalverleihfirma für Menschen mit Handicap, zusammen.

Der Neuhauser Gemeindepräsident Stephan Rawyler sagt zu Smilestones: «Ich halte es für eine sehr gute Idee und freue mich auf die Realisierung.» Nicht zuletzt würden durch die Miniaturwelt auch Arbeitsplätze geschaffen. Beat Hedinger von Schaffhauserland Tourismus sagt, dass die Rheinfallbesucher durch das baldige Angebot noch länger verweilen würden. «Ich bin sehr begeistert.»

«Eine willkommene Beratertätigkeit»

Wir haben mit Dr. Peter Jezler über seine neue Stelle in der Firma Smilestones AG gesprochen.

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