«Das ist ganz einfach illegale Waldrodung!»

In Beringen wurden auf Parzellen von privaten Waldbesitzern zahlreiche Bäume gefällt – ohne dass diese das in Auftrag gegeben haben.
Hinter Harry Schällibaum türmt sich ein grosser Haufen abgesägter Baumstämme. Darunter befinden sich gefällte Bäume aus seinem Privatwald, die gar nicht hätten gefällt werden sollen. «38 Bäume wurden in meinem rund 75 Aren grossen Waldstück gefällt. Mich hat der Schlag getroffen, als ich das Desaster gesehen habe. Das Waldstück ist nun stark gefährdet für Sturmschäden. Und ich weiss nun nicht, ob ich in meinem Wald überhaupt noch Bäume für Brennholz fällen kann», ärgert sich der 68-Jährige, der früher in Beringen ein Elektrogeschäft geführt hat. Passiert ist die «illegale Waldrodung bei uns Privatwaldbesitzern», wie Schällibaum die Sachlage beschreibt, entlang des Eggewegs, oberhalb der Schul- anlage Zimmerberg.
Hier steht links und rechts der Strasse in Richtung Randengebiet Wald, der in Besitz von rund 25 Privaten ist. Im Sommer 2017 forderte die Gemeinde die Waldbesitzer auf, bis zum 30. November 2017 einen Sicherheitsschnitt vorzunehmen, so wie es das Strassengesetz vorsieht. Das heisst: Die Bäume sind hier entlang der Strasse bis zur Grenze und auf einer Höhe von 4,5 Metern zurückzuschneiden, sodass keine Äste die Sicht versperren und in den Weg ragen.
Keinen Auftrag erteilt von Privaten
«Da nicht jeder Waldbesitzer das richtige Inventar und die Gerätschaften für diese Arbeiten besitzt, könnte die Gemeinde eine sogenannte Sicherheitsholzerei im Herbst/Winter 2017/2018 entlang des Eggewegs auf ihrem Grundstück durchführen», schreibt die Bauverwaltung Beringen in einem Brief an die Waldbesitzer im Sommer 2017. Dabei würde man nicht nur auf das nötige Mass zurückschneiden, sondern auch kranke, überalterte oder andere Bäume, deren Äste zu einem Problem für den Verkehrsweg werden könnten, entfernt. Die Kosten würden den Waldbesitzern verrechnet. Um die Leistung der Gemeinde in Anspruch zu nehmen, mussten sich die Waldbesitzer dafür anmelden.
«Von mir und vielen anderen Waldbesitzern erhielt die Gemeinde niemals einen unterschriebenen Auftrag», wetter Harry Schällibaum. «Ich als Besitzer der Waldparzelle links vom Steinbruch Eggeweg habe diese Arbeiten selbst erledigt. Und zwar umfangreicher als die Gemeindeverwaltung es verlangte.» Sein Waldstück sei durch den verantwortlichen Forstverwalter persönlich kontrolliert worden, und der Sicherheitsschnitt sei als sehr gut erklärt worden.» Damit war die Sache für mich erledigt», so Schällibaum. Doch weit gefehlt: Eine Holzfällerfirma holzte im Auftrag der Bauverwaltung auf dem für fast zwei Wochen gesperrten Eggeweg bis tief in die Privatwälder. Die Arbeiten dauerten bis in die Ostertage 2018 hinein. Auch auf der Talseite vom Dorfausgang bis Höhe Randengebiet wurden Bäume gefällt, die weit von der Strasse standen, wie eine Ortsbesichtigung zeigt. Das sei alles ohne Wissen und Bewilligung der Privatwaldbesitzer geschehen, so Harry Schällibaum.
Keine kranken Bäume
«In meinem Wald wurden Jungbäume mit einem Durchmesser von rund 25 Zentimetern und auch sehr kräftige, starke Buchen und Eichen mit einem Durchmesser von über 50 Zentimetern geholzt. Die Bäume waren weder krank noch abgestorben», berichtet der Waldbesitzer. Und Schällibaum weiter: «Zwei grosse Eichen- und drei grosse Buchenbaumstämme sind nicht mehr zu sehen. Sie liegen nicht mehr auf den an der Strasse aufgestapelten Haufen. Wurden diese eventuell direkt abtransportiert und als Möbelholz verkauft?» Schällibaums Analyse: «Was hier passiert ist, ist Beraubung, Amtsmissbrauch, Arbeitserteilung an eine fremde Firma ohne Auftrag der privaten Waldbesitzer», zeigt sich Harry Schällibaum enttäuscht. Er habe mehrmals mit der Gemeinde gesprochen, aber keine befriedigende Antwort erhalten. «Ich überlege mir ernsthaft, die Gemeinde zu verklagen», erklärt er gegenüber den SN beim Besuch des Waldes.
Gemeinde macht nun Abklärungen
«Aktuell können wir nichts dazu sagen. Der Fall wird nun sorgfältig abgeklärt», sagte die zuständige Gemeinderätin Astrid Schlatter am Montag auf Anfrage. Aktuell schaut sich ein externer Fachmann die Waldrodung an – die Waldbesitzer durften gemäss Schällibaum dem Termin aber nicht beiwohnen.
Ob das in den Parzellen der privaten Waldbesitzer geschlagene Holz, das aktuell immer noch an der Strasse aufgehäuft ist, von der Gemeinde schon verkauft wurde, konnte Gemeinderätin Astrid Schlatter nicht beantworten.
«Offenbar Missverständnisse»
In einem Brief an Harry Schällibaum vom 27. April, der der SN vorliegt, gibt Astrid Schlatter gewisse Fehler zu. «Obschon die Arbeiten vorab in Zusammenarbeit mit dem Werkhofleiter und der ausführenden Firma ausführlich besprochen wurden, kam es bei der Ausführung offenbar zu Missverständnissen betreffend Ausmass des Sicherheitsschnitts», schreibt Schlatter. Diese führten zu Unmut der betroffenen Grundeigentümer, diverse Reklamationen und Forderungen seien bei der Bauverwaltung eingegangen und dort in Bearbeitung. Zusammen mit den Beteiligten des Sicherheitsschnitts sei man daran, die Angelegenheit abzuklären und den vermuteten Schaden durch eine unabhängige Fachperson schätzen zu lassen.
Und weiter schreibt Astrid Schlatter den Waldbesitzern: «Für die forsche Vorgehensweise in dieser Angelegenheit möchten wir uns vorab bei allen Waldbesitzern entschuldigen.»