Minna von Radegg zeigt essbare Blumen

Auf dem Klettgauerhof in Wilchingen gedeihen über 90 Sorten essbarer Blüten und Kräuter. Regula Gysel führte als Minna von Radegg durch den Garten.
von Rolf Hauser
Am Dienstagabend konnte Regula Gysel vom Klettgauerhof in Wilchingen in der Rolle der «Minna vo Radegg» zur Führung im Kräutergarten «für Frauen und gwundrigi Mannsbilder», wie es in der Einladung geheissen hatte, zwölf Damen und zwei Herren begrüssen, um ihnen ihr Paradies zu zeigen.
Mit dem Besen wischte sie die Einfahrt zum Hofplatz und wies die Besucher ein, unter dem Liebesbaum, der Linde, zu parkieren. Als Begrüssungstrunk servierte Regula Gysel den Besuchern einen selbst angesetzten Blütentrunk sowie einen Kräuterkuchen. Sie heisse eigentlich Wilhelmine und habe auf der Burg Radegg, der Heimat des legendären Kätterli, hoch über dem Wangental gelebt als Kräuterfrau.
Die Sage vom «Kätterli vo Radegg»
Nach der Stärkung führte die historisch gewandete Regula Gysel die Gruppe in ihren Kräuter- und Blumengarten. Mit Liebesblumen in der Kopfbedeckung und rollenden Augen erzählte sie allerlei Wissenswertes und Lustiges über die Kräutlein und Blümchen, die in ihrem gepflegten Garten prächtig gedeihen.
Eingepackt in die Führung war auch ein Teil der Geschichte von dem «Kätterli vo Radegg», dem Burgfräulein, das in mondheiteren Nächten noch immer oben auf der Ruine zu sehen ist, wie der Mundartdichter Otto Uehlinger erzählt.
Jede Blume und jedes Kraut in ihrem Kräutergarten sei essbar, sagte sie und gab Tipps und Rezeptvorschläge, wie die Gerichte mit Kräutern verfeinert oder die Teller mit schönen essbaren Blumen dekoriert werden.
Die Düfte, die Farben und Aromen vereinigen sich vielsagend. Immer wieder bückt sich die Kräuterfrau, reisst ein Blättchen oder eine Blüte ab und gibt sie den staunenden Besuchern zum Probieren oder zum Riechen. Voller Stolz erwähnt sie die mehr als zehn Sorten Oregano, die 14 verschiedenen Sorten Minze oder die Vielfalt beim Thymian. Wenn man Estragon in die Schuhe tue, sagte Regula Gysel, gebe das Stärke für den ganzen Tag.
Die Kräuter und Blumen, die Regula Gysel erklärte, stammen alle vom Hang von der Burg Radegg. Sie habe sie gepflückt und in ihrem Garten neu gesetzt oder gesät.
Blumen für Restaurantküchen
Die Kräutervielfalt bei der Burg erklärte sie so: «Ein italienischer Ritter, der auf der Burg Radegg festgehalten wurde, hat sich in das Kätterli verliebt. Als er endlich freikam, schickte er ihr jedes Jahr als Zeichen seiner Liebe Blumen und seltene Kräuter.» Und diese habe das Kätterli dann am Hang unterhalb der Burg eingepflanzt.
Die Blumen und Kräuter in Regula Gysels Garten locken auch seltene Insekten an. Ausserdem zeigte die Kräuterfrau etliche Raupen und erzählte von der Holzbiene, die grösser als eine Hummel sei und sich nur an einer bestimmten Salbeisorte aufhalte. Um Schädlinge fernzuhalten, pflanzt die Bäuerin Heiligenkraut.
Regula Gysel versteht es als «Minna vo Radegg», die Besucher in ihren Bann zu ziehen. Überall blühen und erstrahlen essbare Blumen, und es riecht köstlich nach frischen Kräutern. Der Klettgauerhof beliefert ausserdem einige Köche in der Region mit essbaren Blumen und mit einer Vielfalt an Kräutern.
Am Schluss des informativen Rundgangs erhielten jede Besucherin und die beiden Besucher ein kleines Kräutersträusschen geschenkt.