Die schönsten Orte der Schweiz werden beim ESC präsentiert – und Schaffhausen ist nicht dabei

Wer den ESC am vergangenen Wochenende verfolgte, bemerkte sicher, dass jeder Act mit einer Postkarte vorgestellt wurde. Was wohl aber nur Personen aus der Region merkten: Schaffhausen kam nicht vor. Aber warum eigentlich?
Der Eurovision Song Contest (ESC) in Basel ist Geschichte. Der ganze Wettbewerb ist dabei aber schon lange mehr als nur eine Musikshow. Es ist eine Chance für das Land und auch den Austragungsort, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und teils auch viel Geld zu verdienen. Beim ESC in Liverpool im Jahr 2023 konnte sich etwa die Liverpool City Region über Einnahmen in Höhe von 54,8 Millionen Pfund (circa 60 Millionen Franken) freuen.
Wie präsentiert man sich aber als Land? Die Redaktion des ESC hat sich für die Schweiz etwas ganz Eigenes ausgedacht: Jeder Akt wurde mit einem kurzen Video vorgestellt, welches sie an speziellen Orten in der Schweiz zeigte. Die Französin Louane spazierte etwa unter Palmen am Lago Maggiore in Ascona entlang, für die Luxemburgerin Laura Thron ging es per Seilbahn auf die Rugisbalm hoch und der Schweizer Act Zoë Më durfte in ihrer Heimatstadt auf dem Rhein mit einem Containerschiff entlangschippern.
Was aber wohl fast jedem ESC-Fan in der Region auffiel: Unter den 37 Acts besuchte kein einziger den Kanton Schaffhausen.
Was hat ein Zürcher Schrebergarten, was der Kanton nicht hat?
Noch mal: 37 Acts gab es, theoretisch hätte man in jeden Kanton der Schweiz einen schicken können und trotzdem noch achtmal den Austragungsort Basel in den Einspielern erwähnen können – wir haben nachgezählt.
Da stellt sich doch dann aber auch die Frage: Ist Schaffhausen etwa weniger attraktiv als etwa das Tramdepot (!) der Basler-Verkehrsbetriebe, welche der italienische Act Lucio Corsi besuchte?! Was macht die Trams schöner als etwa die Busse der VBSH?
Der Munot, Stein am Rhein, die Rebberge im Klettgau – Schaffhausen hätte viele atemberaubend schöne Aufnahmen geboten. Aber nein – als Festung hält in den Postkarten das Schloss Greyerz her, statt etwa der Steiner-Altstadt geht es für die Band Mamagama aus Azerbaijan in eine Schrebergartensiedlung in Zürich und Wein wird im Gebiet Lavaux im Kanton Waadt geschlürft.
Leichte Enttäuschung bei Schaffhauserland Tourismus
«Die finale Auswahl der Postcards – also sowohl der Orte als auch der Inhalte – wurde vom Redaktionsteam getroffen», erklärt Adrian Erni, Mediensprecher vom ESC. «Dabei spielte eine ausgewogene Mischung eine wichtige Rolle: Es sollte ein möglichst vielfältiges Bild der Schweiz entstehen, das sowohl bekannte als auch überraschende Facetten zeigt.»
Also hat die zuständige SRG-Redaktion Schaffhausen für nicht vielfältig und überraschend genug gehalten? Bedeutet das etwa, dass der Rheinfall zu «Mainstream» ist?
Die genauen Gründe wird man wohl nie erfahren, warum Schaffhausen auf keiner der Postkarten beim ESC vorkam. Eine kleine Enttäuschung hört man aber raus, wenn man mit den Verantwortlichen bei Schaffhauserland Tourismus über die Tatsache spricht. «Wir fragen uns auch, warum wir nicht berücksichtigt wurden», sagt Geschäftsführerin Denise Ulrich. Denn: Kontakt mit dem Organisationskomitee des ESC gab es, wie sie erklärt.
So habe man Tipps für die Website geschickt und auch abgeklärt, wie man eventuell Hotelgäste unterbringen kann. Die Website mit den Tipps ist allerdings mittlerweile nicht mehr aufrufbar, sodass man nicht kontrollieren kann, inwiefern diese berücksichtigt wurden.
Beim nächsten Mal soll Schaffhausen dabei sein
Sollte es wieder einen ESC in der Schweiz geben, wolle man definitiv offensiver versuchen, auch auf eine Postkarte zu kommen bzw. auch beim ESC vertreten zu sein, sagt Ulrich.
Motive gäbe es ja genug. So hätte etwa Zoë Më doch auch genauso gut an Bord eines URh-Schiffes Kapitänin sein können – den Kanton und auch die Schifffahrtsgesellschaft hätte die Werbung sicher gefreut – und vielleicht hätte die Künstlerin auch mehr Freude gehabt, hätte sie einen anderen Teil der Schweiz als ihre Geburtsstadt Basel gesehen.
Trotzdem bleibt Ulrich versöhnlich: «Alles in allem wirft der ESC viel Aufmerksamkeit auf das Reiseland Schweiz, was aus meiner Sicht das Wichtigste ist bei einem Anlass in dieser Grösse.»