SVP fordert: Kinder später einschulen

Dario Muffler | 
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Sollen Kinder im Kanton Schaffhausen künftig später eingeschult werden? Die Politik wird nächstes Jahr über dieses Anliegen debattieren. Bild: Melanie Duchene

Heute kommen Kinder mit vier Jahren in den Kindergarten. Das sei zu jung und überfordere alle Beteiligten nur, findet SVP-Kantonsrat Mariano Fioretti. Er will das Gesetz ändern und ist damit nicht alleine.

Der erste Schultag ist ein Meilenstein im Leben eines Kindes. Kinder sind nervös und manch ein Erziehungsberechtigter sorgt sich darum, ob der Zögling denn wirklich bereit sei für den Kindergarten. Die Frage treibt nicht nur Eltern um, sondern auch die Schaffhauser Politik.

SVP-Kantonsrat und langjähriges Mitglied des Stadtschulrats Mariano Fioretti hat einen Vorstoss zum Thema Einschulung verfasst. Er will, dass die Kinder im ersten Kindergartenjahr älter sind, als dies heute der Fall ist.

Fioretti: «Überforderung für alle»

Aktuell gilt gemäss kantonalem Schulgesetz, dass Kinder mit dem vollendeten vierten Altersjahr eingeschult werden. Als Stichtag ist der 31. Juli festgelegt. Das bedeutet: Alle Kinder, die bis dann ihren vierten Geburtstag gefeiert haben, müssen nach den Sommerferien den Kindergarten besuchen. Damit folgt der Kanton Schaffhausen dem sogenannten Harmos-Konkordat, das die Harmonisierung der obligatorischen Schulen in allen Kantonen anstrebt. 15 Kantone sind Teil des Konkordats. Schaffhausen war Ende November 2010 der letzte Kanton, der beigetreten ist.

Fioretti fordert in seiner Motion, dass der Stichtag auf den 31. Dezember zurückverschoben wird. Das würde bedeuten, dass Kinder, die bis Ende eines Jahres ihren vierten Geburtstag feiern erst im darauffolgenden Sommer eingeschult werden. Damit wäre beim Schuleintritt kein Kind nur vier Jahre und wenige Wochen alt, sondern alle mindestens viereinhalbjährig. Das Anliegen wird von der gesamten SVP-EDU-Fraktion sowie einem Teil der FDP-Fraktion – etwa auch dem städtischen Bildungsreferenten Raphaël Rohner – unterstützt.

Die Begründung Fiorettis ist einfach: Die Kinder seien mehrheitlich zu jung für den Kindergarteneintritt. «Dass dies für die betroffenen Kinder eine Überforderung darstellt, ist selbstsprechend», schreibt er. «Einige Kinder sind zum Beispiel noch nicht trocken, andere einfach noch nicht reif für den Kindergarten.»

So wird man später eingeschult

Im Kanton Schaffhausen ist es grundsätzlich schon heute möglich, Kinder ein Jahr später – also mit fünf – einschulen zu lassen. Dazu muss laut der kantonalen Kindergartenverordnung ein begründetes Gesuch an die Schulbehörde respektive Schulleitung gestellt werden.

Erziehungsrat hat schon reagiert

Dass die Einschulung in so einem frühen Alter Herausforderungen mit sich bringen kann, war auch dem Schaffhauser Erziehungsrat bekannt. Das höchste Organ für den Erlass von Bestimmungen im Schulbereich hat deshalb kürzlich beschlossen, dass Kindergartenkinder vom Schuljahr 2023/24 an im ersten «Chindsgi» nur noch am Morgen in den Unterricht müssen. Bisher gingen die Kinder einen Nachmittag pro Woche in den Kindergarten. Dafür gibt es im zweiten «Chindsgi»-Jahr künftig an zwei Nachmittagen Unterricht. Damit sollen Kinder und Lehrpersonen entlastet werden. Fioretti winkt ab: Diese Massnahme ändere nichts am Kern des Problems.

Andernorts ebenfalls ein Thema

Mit seinem Vorstoss ist Fioretti nicht alleine. In anderen Kantonen wurden bereits politische Diskussionen über das Einschulungsalter geführt. Die Regierung des Kantons Obwalden hat beispielsweise eben erst beschlossen, das massgebliche Alter für den Schuleintritt nach hinten zu verschieben. Im Kanton Obwalden sind Kinder somit mindestens fünfeinhalb Jahre alt, denn schon heute gehen Obwaldner Kinder erst nach dem vollendeten fünften Lebensjahr in den «Chindsgi». Auch in den Kantonen Luzern und Zug besuchen die Kinder erst mit dem vollendeten fünften Lebensjahr den Kindergarten. Im Kanton Nidwalden gilt zwar das vollendete vierte Lebensjahr, aber der Stichtag wurde nach hinten verschoben.

Alle drei Kantone sind nicht Teil des Harmos-Konkordats, der Kanton Zürich jedoch schon. Dort arbeitet die Regierung aufgrund eines überwiesenen Vorstosses des Kantonsrats aktuell daran, dass Kinder während des Jahres in den «Chindsgi» eintreten können. Unterstützt wird der flexible Eintritt beispielsweise von wissenschaftlicher Seite. Im kommenden Jahr wird die Debatte auch im Schaffhauser Kantonsrat geführt werden.

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Kommentare (1)

Beat Rüedi-Külling Do 29.12.2022 - 10:24

Der Bericht ist viel mehr als nur lesenswert, deckt er doch gleich mehrere Problemebenen auf. Erste Ebene: Einschulung. Dürften die Kinder wieder in den Chindsgi zur ihrer besten Kindergärtnerinnen aller - und nicht in die Vorschulstufe zu "Lehrpersonen Vorschulstufe", wären sie wie früher alles andere als überfordert. Zweite Ebene: Erziehungsrat? Dritte Ebene. Der Kanton Zürich diskutiere, Kinder auch unter dem Jahr in den Kindergarten aufnehmen zu lassen.
Meine 3 Enkel in Berlin besuchen seit Beginn ihres 2. Lebensjahres die Kita - jeden Tag von morgens bis abends (notabene gratis) und sind keineswegs überfordert. Nur werden sie nicht von "Lehrpersonen Vorschulstufe" unterrichtet, sondern einfach von ganz normal ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher in ihrer Entwicklung begleitet und gefördert.

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