«Es war ein riesiger Kraftakt»

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Nicht zuletzt starke Bilder sorgen dafür, dass das «Stars in Town» weit über die Region hinaus bekannt ist. Bild: Melanie Duchene

Der Relaunch des «Stars in Town» nach zwei Jahren Pandemie hat Veranstalter Adrian Brugger viel abverlangt. Im Interview sagt er, warum ein Ausbau auf acht Abende nicht zuoberst auf der Prioritätenliste steht und weshalb er sich vom «Burning Man»-Festival inspirieren lässt.

Interview Andreas Kurz

Herr Brugger, mittlerweile sind die letzten Abbauarbeiten abgeschlossen. Können Sie schon eine finanzielle Bilanz zum diesjährigen «Stars in Town» ziehen?

Adrian Brugger: Genaue Zahlen haben wir noch keine. Bis die letzten Rechnungen geschrieben sind, dauert es in der Regel zwei bis drei Monate. Wir gehen aber von schwarzen Zahlen aus.

Sie können also Reserven bilden?

Das wäre das Ziel. Ein Festival dieser Grösse braucht zwingend Reserven.

Wie haben Sie persönlich die diesjährige Austragung erlebt?

Nach zwei Jahren Pandemie war es ein riesiger Kraftakt. Beim «Stars in Town», wie auch bei anderen nationalen Festivals, trifft eine Profi-Organisation auf Hunderte Freiwillige. Das ist eine grosse Herausforderung. Während der Pandemie sind ausserdem Strukturen weggebrochen. Wir haben Mitarbeiter verloren, die in andere Branchen wechselten. Den Rhythmus wiederzufinden, war schwierig. Am Ende reichte es am Eröffnungsabend dann nicht ganz, zur Türöffnung fertig zu werden.

Ansonsten scheint aber alles geklappt zu haben.

Da gehörte auch viel Glück dazu. Eines der grossen Risiken dieses Jahr war die Unsicherheit wegen Covid. Metallica und die Rolling Stones haben diesen Sommer deswegen Konzerte abgesagt. Das hätte bei uns ebenfalls passieren können. Auch sonst war vieles auf der Kippe. Die Stimme des «Hecht»-Frontsängers konnte erst in letzter Minute gerettet werden. Die Absage war da eigentlich schon beschlossen. Dasselbe bei Rag’n’Bone Man: Er lag den ganzen Tag kränkelnd im Tourbus. Dann hat die Stimme aber doch bis fast zum Schluss gehalten. Das Gesamtresultat hängt von so vielem ab.

Das klingt nach viel Stress.

So ist es. Ein anderes Beispiel war die heranziehende Gewitterzelle beim Konzert von Jan Delay. Da stellte sich uns die Frage: Müssen wir abbrechen und die Leute heimschicken? Denn wenn es auf dem Platz zu einem Blitzeinschlag kommt, gibt es nur Verlierer. Die Verantwortung für diese Risiken zu tragen, geht brutal an die Substanz.

Worauf haben Sie diesmal besonders geachtet?

Der Relaunch sollte ein Gesamterlebnis werden. Wir wollen, dass die Leute nicht nur wegen der Musik kommen. Schöne Bars, ein attraktives Streetfood-Angebot, Projektionen, Walking-Acts gehören da dazu. Sehr positive Rückmeldungen erhielten wir zur zweiten Bühne mit Gratiskonzerten auf dem Fronwagplatz. Wir wissen, dass es viele Leute gibt, die sich die Tickets nicht leisten können, und wir wollen ein Festival für alle sein. Gleichzeitig ist so ein Auftritt für die Nachwuchsbands, die dort spielen, eine wahnsinnig gute Plattform.

Sie haben für 2023 eine Bewilligung für acht Abende. Werden Sie dies ausschöpfen?

Diese Bewilligung hatten wir schon für das Jahr 2020. Wir sind derzeit aber an einem Punkt, wo wir an Grenzen stossen. Die Mitarbeiter und Helfer laufen teilweise am Anschlag. Dass wir die Option auf acht Abende nutzen, ist daher unwahrscheinlich. Ein siebter Abend wäre allenfalls denkbar, dafür benötigen wir aber entsprechende Künstler. Was sich aber bewährt hat, ist die Aufteilung auf zwei Wochen.

In welche Richtung soll sich das «Stars in Town» entwickeln?

Ich bin ein grosser Fan des «Burning Man»-Festivals in der Wüste Nevadas. Dort geht um sehr viel Kultur: Musik, Kunst, Inszenierungen und vieles mehr. Davon lassen wir uns inspirieren. Fürs nächste Jahr haben wir auch schon ein paar Ideen und sind gespannt, was am Ende herauskommt.

Das Programm kam offenbar an: Vier Abende waren ausverkauft, die beiden anderen gut besucht. Wie schwierig ist es aktuell, attraktive Künstler zu finden?

Wir befinden uns in einem globalen Markt. Es gibt Festivals in den Hotspots wie London oder Paris, die sich um dieselben Künstler bewerben. Die Preistreiberei ist enorm. Auf der einen Seite gibt es einen begrenzten Markt an Künstlern. Auf der anderen Seite hat es immer mehr Exponenten im Markt; Agenturen, Vermarkter und so weiter. Die wollen alle Profit machen. Das macht das Booking sehr komplex und teuer.

Wie muss man sich das vorstellen?

Es ist wie Casinospielen. Man setzt sein Geld auf bestimmte Künstler und muss dann hoffen, dass es klappt. Enttäuschungen sind aber viel häufiger als Erfolge. Es gibt eigentlich zu wenige zugkräftige Acts für die vielen Festivals weltweit.

Sie sprechen den Konkurrenzkampf an. Mit welcher Strategie kann sich das «Stars in Town» behaupten?

Wir haben ein starkes Marketing und dank der Zusammenarbeit mit nationalen und überregionalen Radiosendern eine starke Reichweite. Die Bekanntheit ist national ausgerichtet und reicht bis in den süddeutschen Raum. Zudem gelingen uns auch starke Bilder. Bei den Projektionen an den Hauswänden beispielsweise zog fast jeder das Handy und machte ein Bild. Das sorgt für viele Klicks auf den sozialen Medien und ergibt einen Multiplikationseffekt. Wenn immer möglich versuchen wir auch Künstler einzubinden. Wenn ein Künstler einen unserer Beiträge teilt, gibt das globale Reichweite.

Gibt es Dinge, die Sie ändern wollen?

Wir hören aus dem Publikum viele Stimmen, die sagen, der Platz werde immer enger. Tatsächlich sind der Herrenacker und das Crowd Management eine grosse Herausforderung. Oft staute es sich hinten bei den Cateringständen, weiter vorne hatte es aber noch Platz. Wir versuchen, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und Infrastrukturen zu optimieren. Mit dem Ziel, dass der normale Besucher mehr Raum erhält. Den Musikfans wollen wir gerecht werden.

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