Neuhausen und der Islamunterricht
Nach den Sommerferien beginnt an den Neuhauser Schulen der islamische Religionsunterricht für muslimische Kinder der 4. Klasse. Das Modell könne bereichernd sein, loben die einen, von einem «heissen Eisen» sprechen andere. Das Fedpol unterstützt das Projekt finanziell.
Nach den Sommerferien wird an den Neuhauser Schulen das Pilotprojekt «Islamischer Unterricht» im Bereich Heimatliche Sprache und Kultur für muslimische Kinder lanciert. Gestartet wird mit «zwei kleinen Gruppen von Kindern im 4. Schuljahr», heisst es nach Auskunft vom Interreligiösen Dialog Schaffhausen.
Die Finanzierung sei grössenteils gesichert. Laut dem Konzept unterstützt auch jene Behörde das Pilotprojekt, welche unter anderem die Aktivitäten radikaler Islamisten in der Schweiz überwacht: Das Bundesamt für Polizei Fedpol leistet im Rahmen eines Impulsprogrammes des Sicherheitsverbundes Schweiz, der sich für die Prävention von Extremismus und Radikalisierung einsetzt, Hilfe. «Fedpol trägt maximal die Hälfte der anrechenbaren Kosten, in diesem Fall 14 040 Franken», bestätigt Mediensprecher Patrick Jean auf Anfrage.
Hinzu kommen laut den Verantwortlichen des Konzepts Spenden. Die Pädagogische Hochschule Schaffhausen sei für eine Evaluation angefragt worden. Im Weiteren solle in der Pilotphase mit den Moschee-Vereinen abgeklärt werden, ob eine Trägerschaft eine eventuelle Weiterführung des Unterrichts ermöglichen könne.
Geführt wird der Unterricht von Nimetulla Veseli, Imam in der albanischen Moschee in Schaffhausen. Was Veseli allerdings noch fehlt, sei die pädagogische Ausbildung. «Darum wird er seit dem Frühling 2022 von einer Lehrperson der Primarschule Neuhausen methodisch und didaktisch auf den Unterricht vorbereitet und begleitet», heisst es im Konzept weiter. Das primäre Ziel des Unterrichts sei eine gute Bildung und ein Grundwissen auch auf dem Gebiet der Religion, so wolle man Halbwissen und Vorurteilen vorbeugen. Es gehe darum, wie der Islam in der Schweiz gelebt werden kann, auch im Verhältnis zu anderen Religionen.
Toleranz gegenüber Religionen
«Im Sommer 2019 haben sich Angehörige der drei Schaffhauser Moschee-Vereine getroffen, um sich über das sogenannte Kreuzlinger Modell des Islam-Unterrichts informieren zu lassen», sagt Markus Sieber vom Interreligiösen Dialog Schaffhausen. «Dort gibt es seit zwölf Jahren einen freiwilligen Unterricht für die muslimischen Kinder in der Mittelstufe, der inzwischen gut akzeptiert ist.» Hintergrund des Antrages sei das Anliegen, muslimischen Kindern ein Grundwissen über ihre Religion mitzugeben und gleichzeitig das friedliche Zusammenleben in der Schweiz zu thematisieren. Damit wolle man einen Präventionsbeitrag leisten und für die Integration der jungen Generation von Muslimen sorgen.
Einwohnerrat Luka Vojinovic von der Mitte sagt, als Partei habe man sich noch keine Meinung zu dem Pilotprojekt gebildet. Er persönlich stehe dem Projekt aber positiv gegenüber, ein gut gestalteter Religionsunterricht mache Sinn.
SP-Einwohnerrätin Sabina Tektas-Sorg schliesst sich Vojinovic an. Sie findet das Projekt eine gute Sache und wichtig für das Zusammenleben innerhalb der Gemeinde. Damit zeige man auch eine gewisse Toleranz gegenüber anderen Religionen. «Integration ist ein Vorteil, immer.» Natürlich müsse man ein Auge darauf haben, wer den Unterricht führt. Funktioniere es aber gut, könne so ein Modell für Neuhausen sehr bereichernd sein.
Zu viele offene Fragen
Auch der Stadt Schaffhausen lag der Antrag des Interreligiösen Dialogs Schaffhausen vor, dieser wurde aber abgelehnt. Stadtschulratspräsident Christian Ulmer (SP) sagt, als das Konzept eingetroffen ist, habe man es seriös geprüft und sich gefragt, was man dabei als Schule für eine Rolle übernehme. «Wir müssen das Projekt ideell mittragen können», so Ulmer. Und eben dies konnte man als Schulrat nicht. Auch ging alles etwas zu schnell, um nach den Sommerferien starten zu können. «Wir können nicht zu 100 Prozent hinter einem Projekt stehen, ohne die involvierten Personen und den unterrichteten Inhalt zu kennen. Das ist ein heisses Eisen.» Man könne als Schule nicht einfach einen Raum zur Verfügung stellen und sagen: Hier habt ihr den Raum und jetzt macht mal. Das ganze Konzept müsse hinterfragt werden, diese Funktion aber müsse der Kanton übernehmen.
GLP-Einwohnerrat Randy Ruh sieht das anders: Wenn man Räumlichkeiten vermiete, sei es Sache des Veranstalters, was darin passiere – sofern dies im rechtlichen Rahmen geschehe. Es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, eine Prüffunktion wahrzunehmen, sondern des Veranstalters, sprich, des Interreligiösen Dialogs Schaffhausen. Das Projekt müsse noch wachsen und diese Möglichkeit solle man ihm geben. Ruh betont: «Es geht auch darum, der radikalen Seite entgegenzuwirken. Der präventive Aspekt steht für mich im Vordergrund.» Die GLP Neuhausen befürworte das Projekt.
«Mit einer Moschee, die eine radikale islamische Gesinnung vertritt, stehen wir in Neuhausen natürlich stark unter Beobachtung.»
Urs Hinnen, Grüne
Einwohnerratspräsident Urs Hinnen (Grüne) kann die Bedenken gut nachvollziehen. Er selbst hat gegenüber dem Projekt eine «kritisch-positive» Einstellung: «Mit einer Moschee, die eine radikale islamische Gesinnung vertritt, stehen wir in Neuhausen natürlich stark unter Beobachtung. Ich denke aber, dass der albanische Imam für einen moderaten Islam steht und es ist zu begrüssen, dass Kinder auf diesem Weg über ihre Religion informiert werden.» Er halte es für sinnvoll, das Projekt zeitlich zu begrenzen und eine Zwischenbilanz zu ziehen. «Wir sollten das Pilotprojekt auch als Chance betrachten, Informationen daraus zu gewinnen.»
«Es ist inakzeptabel, wenn ein verurteilter IS-Helfer Kinder unterrichtet», sagt EDU-Einwohnerrat Bernhard Koller zu Medienberichten über den Koranunterricht des Osamah M. in der Neuhauser Moschee des Islamschen Kulturvereins Schaffhausen. Hier könne das Projekt «Islamischer Unterricht» einen Kontrapunkt setzen. Es sei für Neuhausen wichtig, muslimische Kinder zu integrieren. Allerdings plädiere die EDU: Gleiches Recht für alle. «Die Schule soll neutral bleiben und keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen», findet Koller. «Vielmehr sollte der Religionsunterricht in anderen Räumlichkeiten stattfinden.» Dies auch, weil nicht überprüft werden könne, was der Imam predigt und erzählt.
Auch SVP-Einwohnerrätin Isabella Zellweger macht darauf aufmerksam, dass der Unterricht überprüft werden müsse. Wenn man sich keine klare Vorstellung von dem Unterricht machen könne, sei es schwierig, Ja oder Nein zu sagen. Man solle die Möglichkeit haben, den Unterricht zu besuchen. Für Zellweger ist jedoch klar: «Sollte der Unterricht eine negative Entwicklung nehmen, wird die SVP intervenieren.»
Peter Fischli, Parteipräsident der Neuhauser FDP, sagt, er habe Vertrauen in die Schulbehörden der Gemeinde; in diesem Sinne befürworte er das Projekt.